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Saskia Esken möchte Regierungsbeteiligung der SPD in Baden-Württemberg

BERLIN, GERMANY - JANUARY 18: Co-leader of the German Social Democrats (SPD) Saskia Esken speaks to the media remotely via a livestreamed press conference at SPD headquarters on January 18, 2021 in Be ...
Saskia Esken kommt aus Baden-Württemberg und ist seit 2019 Bundesvorsitzende der SPD.Bild: Getty Images Europe / Pool
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SPD-Chefin Saskia Esken möchte SPD-Beteiligung an Landesregierung: "Baden-Württemberg braucht eine progressive Regierung und die gibt es nur mit der SPD"

15.03.2021, 18:0116.03.2021, 07:25
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In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wurde am Sonntag das Superwahljahr 2021 eingeleitet. Für die Union bedeutete das eine historische Wahlschlappe in beiden Bundesländern. Die Grünen gingen als Sieger des Abends hervor und die SPD hat eine eher gemischte Bilanz vorzuweisen: In Rheinland-Pfalz konnte Ministerpräsidentin Malu Dreyer mit ihrer SPD das stärkste Ergebnis aller Parteien einfahren, in Baden-Württemberg blieb die SPD hingegen gewohnt schwach.

Doch auch in Baden-Württemberg könnte die SPD nun eine wichtige Rolle spielen: Allem Anschein nach reicht es auch dort für eine grün-rote Regierung. Zunächst war am Wahlabend am Sonntag rechnerisch nur eine Ampelkoalition möglich, bei späteren Hochrechnungen des ZDF kam Grün-Rot jedoch auf die erforderliche Anzahl von 72 Sitzen.

Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken kommt selbst aus Baden-Württemberg und war dort auch im Landesvorstand. Gegenüber watson erklärt sie, wie sie das Ergebnis einordnet und welche Konsequenzen daraus für den Bund gezogen werden sollten.

"Ein starker Ministerpräsident mit einer starken Wahrnehmung hat dort ein gutes Ergebnis bekommen."

Watson: Frau Esken, Sie kommen aus Baden-Württemberg und waren auch im Landesvorstand der SPD dort. Wie bewerten Sie das Ergebnis Ihrer Partei bei der Landtagswahl?

Saskia Esken:
Ein starker Ministerpräsident mit einer starken Wahrnehmung hat dort ein gutes Ergebnis bekommen. Wir gratulieren natürlich Winfried Kretschmann zu diesem Erfolg. Die CDU hat hingegen heute ein Desaster erlebt, sowohl in Baden-Württemberg als auch in Rheinland-Pfalz.

Aber auch die SPD hat Prozentpunkte in Baden-Württemberg eingebüßt.

Andreas Stoch hat einen großartigen und sehr engagierten Wahlkampf in diesen schwierigen Zeiten hingelegt. Ich war vor Ort und bin begeistert, mit welchem Engagement dort um Zustimmung und Mandate gekämpft wurde. Dass es nun ein paar Zehntel weniger geworden sind als bei der letzten Wahl ist bedauerlich, wenn es aber dennoch für eine progressive Regierung in Baden-Württemberg reicht, dann ist das ein Erfolg.

Rein rechnerisch ist nun auch je nach Hochrechnung Grün-Rot bzw. eine Ampelkoalition zwischen Grünen, FDP und SPD möglich. Wofür würden Sie sich aussprechen?

Baden-Württemberg braucht eine progressive Regierung und die gibt es nur mit der SPD.

In Rheinland-Pfalz sind Sie hingegen bereits in der Regierung und bleiben es. Vor allem auch wegen der Spitzenkandidatin Malu Dreyer. Was kann sich Ihre Partei bei Ihr abschauen?

Sie hat auf allen Ebenen – auch bei der Ministerpräsidentenkonferenz – eine starke Rolle gespielt. Ihr verantwortungsvolles Regieren findet eben auch eine Wahrnehmung in der Bevölkerung und das zeigt sich bei solchen Wahlergebnissen.

Wäre eine so beliebte Politikerin wie Malu Dreyer nicht auch eine gute Kanzlerkandidatin für die SPD?

Wir wollen den Rheinland-Pfälzern ihre Ministerpräsidentin nicht wegnehmen, die sie gerade erst wiedergewählt haben. Außerdem haben wir mit Olaf Scholz einen Kanzlerkandidaten gefunden, der viele Eigenschaften aufweist, die auch Malu Dreyer auszeichnen. Auch Olaf Scholz hat gezeigt, dass er in Krisensituationen gut regieren kann. Und wir haben den einzigen Bewerber um das Kanzleramt mit Regierungserfahrung.

"Dass Abgeordnete vermitteln, weil sie Hinweise bekommen, ist in Ordnung."

Auf der anderen Seite sind es vor allem die älteren Wähler, die Malu Dreyer eine weitere Amtszeit gesichert haben. Bei den jungen Wählern hat sie – nach ersten Hochrechnungen – sogar Stimmen verloren. Das ist nun kein Problem, dass es nur in Rheinland-Pfalz gibt. Die SPD erreicht die jungen Leute nicht mehr. Wie wollen Sie dem entgegenwirken?

Das ist insgesamt ein Problem. Wir müssen deutlich machen, dass wir der jungen Generation kein marodes Land hinterlassen wollen und auch keine Klimawüste. Das müssen wir besser kommunizieren, aber wir müssen auch in unserer personellen Aufstellung besser vermitteln. Deshalb freue ich mich besonders, dass wir viele Jusos, viele Frauen und viele Kandierende mit Migrationshintergrund zur nächsten Bundestagswahl aufstellen werden.

Ein Thema, das in Ihrer Partei in der jüngsten Vergangenheit hohe Wellen geschlagen hat, ist die Auseinandersetzung mit Wolfgang Thierse gewesen. Es ging darum, wie wichtig Identitätspolitik für die Partei ist oder eben nicht. Kann man mit dem Schutz von Minderheiten junge Menschen erreichen?

Ich glaube, dass es junge und alte Menschen interessiert, dass die Anerkennung von Vielfalt in diesem Land eine Rolle spielt – ebenso wie die Anerkennung von Arbeitsleistung.

Und wie steht es mit dem ländlichen Raum. Ist Ihre Politik dort noch vermittelbar?

Auch da geht es darum, dass wir ein Politikangebot machen, dass eben nicht nur auf die Städte zugeschnitten ist. Wir brauchen gleichwertige Verhältnisse in der Stadt und auf dem Land. Wir müssen dafür die Infrastruktur verbessern und passgenaue Konzepte entwickeln. Denn viele Menschen leben – wie ich – sehr gerne auf dem Land.

Der CDU wurde bei der aktuellen Wahl sehr wahrscheinlich auch die aktuelle Affäre um Provisionszahlungen bei Masken-Bestellungen zum Verhängnis. Können Sie ausschließen, dass sich auch SPD-Abgeordnete bei solchen Deals bereichert haben?

Dass Abgeordnete vermitteln, weil sie Hinweise bekommen, ist in Ordnung. Aber sowas muss geordnet und transparent stattfinden. Provisionen dafür zu verlangen ist korrupt. Damit müssen wir uns beschäftigen und das wird auch Thema im Bundestag sein. Ich bin mir sicher, dass sich bei meinen Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion niemand an der Krise bereichert hat.

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