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Epidemiologe: Warum es sinnvoll sein könnte, Junge zuerst gegen Corona zu impfen

Bis ein Corona-Impfstoff uns allen zugänglich ist, kann es noch bis Frühjahr 2021 dauern, schätzt Epidemiologe Timo Ulrichs.
Bis ein Corona-Impfstoff uns allen zugänglich ist, kann es noch bis Frühjahr 2021 dauern, schätzt Epidemiologe Timo Ulrichs. Bild: E+ / valentinrussanov
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Corona-Impfstoff: Epidemiologe erklärt, warum es sinnvoll sein könnte, Junge zuerst zu impfen

11.11.2020, 16:2111.11.2020, 17:19
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Der erste Impfstoff gegen das Coronavirus ist auf dem Weg: Die Pharmaunternehmen Biontech aus Deutschland und Pfizer aus den USA haben mit der EU-Kommission bereits über die Zulassung verhandelt. "Der Vertrag ist in trockenen Tüchern", bestätigten Kommissionskreise am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel.

Studienteilnehmer, denen der Corona-Impfstoff verabreicht wurde, zeigten ein 90 Prozent geringeres Risiko, an Covid-19 zu erkranken, als ohne Impfung. Die Wirksamkeit wird somit als sehr hoch eingeschätzt.

Mit der Hoffnung kommen die Zweifel: Was kann der neue Corona-Impfstoff?

Normalerweise dauert es viele Jahre, bis ein Impfstoff gegen eine Erkrankung entwickelt werden kann. Biontech und Pfizer hingegen haben nur wenige Monate gebraucht. Weltweit gibt es mittlerweile viele weitere Pharmaunternehmen, die mit ihrer Impfstoffentwicklung ebenfalls weit fortgeschritten sind. Es gibt also durchaus Hoffnung, dass innerhalb der kommenden Monate Millionen von Menschen bereits gegen Corona geimpft werden können.

Mit der Hoffnung kommen allerdings auch Zweifel: Wer sollte als erstes geimpft werden, wie lange wird es dauern, bis alle durchgeimpft sind, und was tun, wenn wir nicht bald die erforderliche Herdenimmunität erlangen? Darüber hat watson mit dem Epidemiologen Timo Ulrichs von der Akkon-Hochschule in Berlin gesprochen.

"Bei 90-prozentigem Schutz könnte auch überlegt werden, zuerst die Jüngeren zu impfen, weil dadurch potenzielle Superspreader aus dem Verkehr gezogen würden."

watson: Es sollen zunächst Risikogruppen, Menschen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko sowie Menschen in systemrelevanten Berufen geimpft werden, sobald der Impfstoff verfügbar ist. Ist das Vorgehen sinnvoll?

Timo Ulrichs: Grundsätzlich ja, weil man dann auf der sicheren Seite ist. Aber bei 90-prozentigem Schutz könnte auch überlegt werden, zuerst die Jüngeren zu impfen, weil dadurch potenzielle Superspreader aus dem Verkehr gezogen würden – mit einem indirekten Schutz für die Älteren. Wichtig ist natürlich grundsätzlich die Immunisierung des medizinischen Personals sowie derjenigen in systemrelevanten Berufen.

Wie lange wird es Ihrer Einschätzung nach dauern, bis der Impfstoff für die breite Masse verfügbar ist?

Damit wird wohl im Frühjahr zu rechnen sein. Es hängt neben der Verfügbarkeit von ausreichend Impfdosen auch davon ab, wie stringent sich die Bundesländer darauf vorbereiten, schnell viele Menschen impfen zu können. Eine Handvoll Impfzentren in Berlin zum Beispiel reichen nicht aus, um zügig 3,2 Millionen Menschen durchzuimpfen.

"Es darf nicht sein, dass noch auf den letzten Metern bis zur Überwindung der Pandemie unnötig Menschen sterben beziehungsweise mit Langzeitfolgen nach Covid-19 zu kämpfen haben."

Um Herdenimmunität zu erreichen, müssten 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung geimpft werden. Wann, glauben Sie, wird diese Menge erreicht sein? Müssen wir bis dahin sämtliche Maßnahmen gegen das Coronavirus aufrechterhalten?

Es müssen schnell viele Impfzentren aufgebaut werden, die Logistik muss stimmen und die Kommunikation auch… Und ja, bis wir mit den Impfungen auf der sicheren Seite sein werden, müssen die bewährten Maßnahmen (Abstand halten, Maske tragen, lüften) unbedingt weiter eingehalten werden. Es darf nicht sein, dass noch auf den letzten Metern bis zur Überwindung der Pandemie unnötig Menschen sterben beziehungsweise mit Langzeitfolgen durch Covid-19 zu kämpfen haben.

Einige Menschen zweifeln an der Corona-Impfung. Was passiert, wenn sich nicht 60 bis 70 Prozent impfen lassen?

Impfgegner und Coronaleugner stellen in der Tat eine Gefahr für den Erfolg der Impfaktion dar. Hier ist eine gute Kommunikation erforderlich, damit sie ihren Einfluss nicht noch ausdehnen können.

"Das Coronavirus hat zurzeit keinen Grund zu mutieren."

Wird die Impfung wirkungslos, sollte das Coronavirus noch einmal mutieren?

Das Coronavirus hat zurzeit keinen Grund zu mutieren. Im menschlichen Wirt läuft es aus Virussicht hervorragend: Der Mensch eröffnet mit seinem Verhalten sehr gute Verbreitungsmöglichkeiten. Coronaviren mit mutierter Oberfläche müssten sich erstmal weltweit durchsetzen – bis das der Fall ist, könnten die bewährten Impfstoffe angepasst werden, ähnlich den jeweils aktuellen Impfstoffen gegen die saisonale Influenza.

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