Nach der Trauerfeier wird der Sarg zum Wagen geschoben. Viele Menschen säumen die Straßenränder.Bild: XinHua/dpa / Ben Hovland
USA
05.06.2020, 07:4405.06.2020, 09:01
George Floyd war ein Familienvater, ein Bruder, ein Freund.
Inzwischen wird der Afroamerikaner wegen seines brutalen Tods bei
einem Polizeieinsatz von vielen als Held verehrt. Tausende Amerikaner
gingen erneut gegen Polizeigewalt und Rassismus auf die Straße.
Familie, Freunde und Vertreter der Politik haben
mit einer emotionalen Trauerfeier im US-Bundesstaat Minnesota
Abschied von George Floyd genommen. Vor Floyds aufgebahrtem Sarg
mischten sich am Donnerstag (Ortszeit) persönliche Worte mit
Appellen, nach dessen Tod bei einem brutalen Polizeieinsatz den Kampf
gegen die Benachteiligung von Afroamerikanern zu intensivieren. Im
ganzen Land gingen erneut Tausende Menschen auf die Straßen, um für
ein Ende von Polizeigewalt, Rassismus und anhaltender Ungleichheit zu
demonstrieren.
Floyds Bruder Philonise teilte Anekdoten aus der gemeinsam verbrachten Jugend. "Wir spielten draußen, warfen uns einen Ball zu und ich dachte mir immer 'Floyd, du kannst nicht werfen. Überhaupt nicht.'" Viele Jahre danach habe ihm sein Bruder gesagt, er könne werfen. "Aber ich wollte, dass du den Ball holst."
Später erklärte Philonise Floyd, es sei bewegend, wie viele Menschen
George inzwischen berührt habe.
"Alle wollen Gerechtigkeit für George, wir wollen Gerechtigkeit für George, er wird sie bekommen."
"Ich habe meinen Bruder geliebt", sagte er. Zum Abschluss der
Trauerfeier in Minneapolis stand die Gemeinde für fast neun Minuten
schweigend. Solange, wie ein Polizist sein Knie brutal in Floyds
Nacken gedrückt hatte.
Floyd ist nach Ansicht des Anwalts seiner Familie an der
"Pandemie des Rassismus" in den USA gestorben. Er sei nicht an der neuen Gefahr
des Coronavirus gestorben, sondern infolge der systematischen
Diskriminierung Schwarzer, "mit der wir in Amerika allzu vertraut
sind", sagte Anwalt Benjamin Crump. Er forderte die Menschen in den
USA auf, weiter friedlich zu demonstrieren, um Gerechtigkeit für
Floyd zu erreichen und Veränderungen einzufordern. Amerika werde
dadurch ein besseres Land, ein Ort der Hoffnung werden, sagte er.
Bürgerrechtler und Prediger Al Sharpton. Bild: AP / Julio Cortez
Der Bürgerrechtler und Prediger Al Sharpton sagte, es sei endlich
Zeit für Amerika, die Diskriminierung Schwarzer zu beenden, vor allem
in den Bereichen Polizei und Justiz.
"Es ist Zeit für uns, in Georges Namen aufzustehen und zu sagen: nehmt Euer Knie aus meinem Nacken."
US-Amerikaner müssten weiter friedlich demonstrieren, um
wirkliche Veränderungen zu erzielen, forderte er. "Was George Floyd
passiert ist, passiert jeden Tag in diesem Land", sagte Sharpton.
Am Samstag soll es in Raeford im Bundesstaat North Carolina noch eine
weitere Trauerfeier für Floyd geben, am Dienstag soll er dann im
texanischen Houston beigesetzt werden. Houstons Bürgermeister
Sylvester Turner sagte dem Sender CNN, Floyds Leichnam werde dort
eine offizielle Polizeieskorte bekommen. Es werde in der Stadt auch
erneut mit großen friedlichen Protesten gerechnet.
"Papa hat die Welt verändert"
Floyd war am Montag vergangener Woche bei einer Festnahme in
Minneapolis gestorben. Der Polizeibeamte Derek C. hatte sein Knie
fast neun Minuten lang in den Nacken des am Boden liegenden Floyds
gedrückt – trotz aller Bitten des 46-Jährigen, ihn atmen zu lassen.
Der Beamte und drei weitere beteiligten Polizisten wurden nach
Bekanntwerden des Vorfalls entlassen. Sie wurden inzwischen
festgenommen und angeklagt. Die drei an der Festnahme beteiligten
früheren Beamten könnten bald gegen eine Kaution von bis zu einer
Million US-Dollar (900.000 Euro) bis zum Prozess freikommen.
In sozialen Medien verbreitete sich unterdessen ein Video, das Floyds
sechsjährige Tochter Gianna auf den Schultern des früheren
NBA-Basketballspielers Stephen Jackson zeigte.
"Papa hat die Welt
verändert", sagt das Mädchen darin, offenbar in Anspielung auf die
massiven Proteste nach Floyds Tod. Jackson, der mit Floyd befreundet
gewesen war, verlinkte in seinem verifizierten Instagram-Profil auf
eine Spendenkampagne für Gianna. Auf der Crowdfunding-Seite GoFundMe
waren dort bis Donnerstagabend (Ortszeit) bereits mehr als 1,5
Millionen US-Dollar (1,34 Millionen Euro) zusammengekommen.
Trump verschanzt sich
In mehreren Großstädten kam es unterdessen am Donnerstag erneut zu
friedlichen Demonstrationen. In New York, Washington, Minneapolis,
Atlanta und Los Angeles gingen am Donnerstag (Ortszeit) jeweils
Hunderte Menschen auf die Straßen. In New York waren es
Medienberichten zufolge Tausende Demonstranten, viele trugen dabei
Plakate mit dem Slogan "Black Lives Matter". Vielerorts hielten die
Proteste nun schon seit gut einer Woche an.
Vor dem Weißen Haus in der Hauptstadt Washington wurden die
Sicherheitsmaßnahmen angesichts der anhaltenden Proteste nochmals
verstärkt. Dort waren Hunderte Nationalgardisten und andere
Sicherheitskräfte des Bundes in schwerer Ausrüstung zugegen. Die
Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi,
forderte von Präsident Donald Trump daher in einem Schreiben
Aufklärung über die "zunehmende Militarisierung" der Einsätze bei den
friedlichen Protesten in der Hauptstadt.
(pcl/dpa)
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