International
Interview

Roger Stone: Experte: "Trump hat Stone dafür belohnt, ihn nicht belastet zu haben"

WASHINGTON, DC - FEBRUARY 11: U.S. President Donald Trump President Trump speaks to reporters on the topic of Roger Stone, House Intelligence Committee Chairman Adam Schiff (D-CA), and 2020 presidenti ...
Wird nicht gerne auf Roger Stone angesprochen: US-Präsident Donald Trump.Bild: Getty Images North America / Mark Wilson
Interview

Experte: "Trump hat Stone dafür belohnt, ihn nicht belastet zu haben"

15.07.2020, 17:5316.07.2020, 06:19
Mehr «International»

Es ist schon kurios. Der Wahlkampfmanager eines Präsidentschaftskandidaten wird überführt, gehackte E-Mails der Gegenbewerberin um das Präsidentschaftsamt an eine Enthüllungsplattform weitergegeben zu haben. Er wird in allen Anklagepunkten für schuldig befunden und zu 40 Monaten Haft verurteilt. Da aber sein ehemaliger Chef – nicht zuletzt auch durch seine Mithilfe – inzwischen Präsident geworden ist, erlässt er ihm die Haftstrafe.

Was klingt wie aus einem schlechten Film über eine Despotie in irgendeinem entfernten Land, ist Realität in den USA. Donald Trump, der sonst selten seine Macht als Präsident nutzt, um Amnestien zu verordnen, setzt seinen ehemaligen Wahlkampfmanager Roger Stone auf freien Fuß. Umso kurioser, da seine eigene Verstrickung in der Affäre nie ganz geklärt wurde.

Ein guter Anlass, um den Prozess erneut aufzuarbeiten. Sonderermittler Robert Mueller, der die Aufklärung der ganzen Affäre damals ins Rollen gebracht hatte, hat zuletzt angekündigt, erneut vor dem Senat aussagen zu wollen. Unklar ist, ob das, was er sagt, Roger Stone weiter belasten könnte – oder US-Präsident Trump.

Josef Braml ist Experte für US-Politik bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Im Interview erklärt er, welche Auswirkungen der Fall auf die kommenden US-Wahlen haben könnte.

"Roger Stone hätte wohl bezeugen können, dass Trump in seinen schriftlichen Antworten den Sonderermittler belogen hat."

watson: Der Name schwirrt nun schon einige Zeit durch die Medien, aber nicht jeder kennt ihn. Wer genau ist Roger Stone?

Josef Braml:
Seit den 70er Jahren arbeitete Roger Stone in den Kampagnen verschiedener republikanischer Kandidaten von Richard Nixon über Ronald Reagan bis Donald Trump. Eine Reihe von Schmutzkampagnen und Verschwörungstheorien tragen seine Handschrift.

Welche Rolle spielte Roger Stone genau in Donald Trumps Russland-Affäre?

Laut seinen demokratischen Kritikern spielte Trumps Wahlkampfberater Stone auch eine wichtige Rolle im Skandal um die geleakten E-Mails der ehemaligen Außenministerin Hillary Clinton und die angebliche Einmischung Russlands im Wahlkampf 2016. Sonderermittler Robert Mueller fand zwar Indizien, aber keine belastbaren Belege für Geheimabsprachen zwischen Trumps Wahlkampfteam und Vertretern Russlands.

MIAMI, FL - FEBRUARY 05: File Photo Trump ally Roger Stone Born: August 27, 1952 age 66 years seen in good sprits eating dinner. Roger Jason Stone Jr. is an American political consultant, lobbyist and ...
Freut sich über seine wiedergewonnene Freiheit: Trumps ehemaliger Wahlkampfberater Roger Stone.Bild: www.imago-images.de / Hoo-Me

Wofür wurde Stone schließlich verurteilt und wie bewerten Sie die Verurteilung?

Roger Stone wurde im Februar wegen Falschaussage vor dem Kongress, Zeugenbeeinflussung und Behinderung von Ermittlungen zu einer Haftstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt. Wenn man bedenkt, dass die Ankläger dem Bundesgericht in Washington zunächst eine Haftstrafe von sieben bis neun Jahren Gefängnis empfohlen hatten, war Stone glimpflich davongekommen. Das wäre nicht passiert, wenn nicht damals schon der Präsident und sein Justizminister öffentlichen Druck gemacht und dafür gesorgt hätten, dass ein neuer Staatsanwalt eingesetzt wurde, der sich für ein milderes Strafmaß ausgesprochen hatte.

Wie ist nun seine Begnadigung durch Donald Trump einzuordnen?

Trump hat Stone nun dafür belohnt, dass er nicht mit Sonderermittler Mueller zusammengearbeitet und ihn nicht belastet hatte. Stone hätte wohl bezeugen können, dass Trump in seinen schriftlichen Antworten den Sonderermittler belogen hat.

"Die Demokraten wären schlecht beraten, ein zweites Amtsenthebungsverfahren ohne Erfolgsaussichten anzustrengen."

Wie häufig kommt es vor, dass ein US-Präsident jemanden begnadigt?

Laut US-Verfassung hat der Präsident weitreichende Rechte der Straferleichterung und Begnadigung. Trump macht jedoch davon Gebrauch, um sich selbst zu schützen. Es handelt sich in diesem Fall aber um eine Haftverschonung, die juristisch weder eine Begnadigung noch einen Straferlass bedeutet.

Sonderermittler Robert Mueller hatte die Haftverschonung kritisiert. Inwieweit könnte Robert Muellers Aussage Stone oder auch Donald Trump weiter belasten?

Zwar hat der ehemalige Sonderermittler Mueller Stones Haftverschonung in einem Gastbeitrag in der "Washington Post" scharf kritisiert. Nach Einschätzung Muellers bleibt Trumps Ex-Berater ein "verurteilter Verbrecher". Es ist aber fraglich, ob die von den Demokraten angekündigte Befragung Muellers dieses Mal mehr politische Dynamik entfachen würde.

USA-Experte Josef Braml
USA-Experte Josef BramlBild: DGAP

Haben die Demokraten Recht, die Trump Amtsmissbrauch vorwerfen, und würde es Sinn ergeben, ein zweites Impeachment-Verfahren anzukurbeln?

Die Demokraten wären schlecht beraten, inmitten eines Präsidentschaftswahlkampfes ein zweites Amtsenthebungsverfahren ohne Erfolgsaussichten anzustrengen.

Könnte sich die Affäre weiter auf Donald Trumps Wahlchancen diesen Herbst auswirken?

Diese Affäre ist in den Augen der meisten Amerikaner Schnee von gestern. Man sollte die Aufmerksamkeitsspanne von Wählern nicht überschätzen. Zudem haben die USA aktuell viel größere Probleme – denken Sie nur an Corona und die von der Pandemie ausgelöste Weltwirtschaftskrise.

Über den Experten
Josef Braml ist USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und Autor des neu aufgelegten Buches "Trumps Amerika – Auf Kosten der Freiheit". Aktuelle Analysen veröffentlicht er auch über seinen Blog usaexperte.com.
EU-Wahl: Einwanderung ist für die Europäer nicht das Hauptthema

An einem frühen Morgen lädt das European Council on Foreign Relations (ECFR) zum Frühstück unter den Linden in Berlin ein. Die wärmenden Sonnenstrahlen legen sich auf die grauen Hauswände der historischen Gebäude. Inmitten dieser Location sitzt das Büro der Denkfabrik ECFR.

Zur Story