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Sea-Watch 3: Neapels Bürgermeister schreibt dem Kapitän einen Brief

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Neapels Bürgermeister bietet Flüchtlingen sicheren Hafen an – trotz Einwanderungsverbot

04.01.2019, 12:21
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Die italienische Regierung aus der rechtsradikalen Lega-Partei und der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung vertritt seit ihrem Amtsantritt im Sommer eine harte Haltung in der Flüchtlings- und Einwanderungspolitik. Schiffen mit geretteten Flüchtlingen an Bord verweigerte Innenminister Matteo Salvini das Einlaufen in italienische Häfen. Seither kommen kaum noch Flüchtlinge legal ins Land.

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Luigi de Magistris, Bürgermeister von Neapel, hat dem Kapitän der "Sea-Watch 3" einen rührenden Brief geschrieben. Bild: imago stock&people

In Italiens Großstädten formiert sich inzwischen Widerstand gegen die verschärften Einwanderungsgesetze von Salvini. Ein Brief von Luigi de Magistris, Bürgermeister der Stadt Neapel, an den Kapitän des Seenotrettungsschiffs "Sea-Watch 3", macht beispielsweise deutlich, dass längst nicht jeder hinter Salvinis Politik steht.

Sehr geehrter Kapitän,

ich heiße Luigi de Magistris und bin der Bürgermeister der Stadt Neapel.

Ich und meine Mitbürger sind sehr besorgt um den Zustand der Menschen, die Sie im Meer gerettet haben; ich möchte mich bei Ihnen und ihrer Crew von Herzen für die außergewöhnliche Arbeit, die Sie durchführen, und den Beweis der Menschlichkeit und Liebe, den Ihr uns zeigt, bedanken.

Die Sorge um den Zustand der Menschen, die Sie aus dem Meer gezogen haben, drängt mich dazu, Sie im Namen der Stadt Neapel offiziell zu bitten, Ihren Bug in Richtung unserer Stadt zu richten, mit der Sicherheit, dass Sie in unserem Hafen willkommen geheißen werden.

Sollte die Anmaßung des Ministers (Salvini, Anm.d.Red.) dazu führen, dass Ihnen der Zugang zum Hafen verwehrt werden sollte, möchte ich Ihnen mitteilen, dass bereits 20 Schiffe bereitstehen, die Sea-Watch 3 in Sicherheit zu erreichen und die Menschen, die Sie aufgenommen haben, an Land zu bringen.

Auch andere italienische Bürgermeister widersetzen sich dem neuen Einwanderungsgesetz

Vorbild für den Widerstand gegen Salvini ist der Bürgermeister der sizilianischen Hauptstadt Palermo, Leoluca Orlando. Er kündigte am Donnerstag an, die Anti-Einwanderungsgesetze auf kommunaler Ebene nicht umzusetzen. Sie seien "unmenschlich" und kriminalisierten Menschen, die sich rechtmäßig in Italien aufhielten, indem sie sie zu Illegalen machten.

Der Mitte-Links-Politiker Orlando wehrt sich insbesondere gegen verschärfte Vorgaben für Inhaber einer Aufenthaltsgenehmigung. Die Gemeindeämter sollen ihnen keine Personalausweise mehr ausstellen oder sie für das staatliche Gesundheitssystem anmelden dürfen, was die Voraussetzung für Leistungen wie hausärztliche Behandlung ist.

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Innenminister Matteo Salvini von der fremdenfeindlichen Lega-Partei will von der Kritik nichts wissen.Bild: imago stock&people

Auch andere italienische Großstädte schlossen sich dem Widerstand gegen Salvini bereits an, darunter der linke Bürgermeister von Florenz, aber auch der Bürgermeister von Parma, ein Abtrünniger der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung. Der Präsident des italienischen Städtetages, Antonio Decaro, selbst Bürgermeister von Bari im Süden des Landes, erklärte am Donnerstag, das Einwanderungsgesetz müsse korrigiert werden, da es in der jetzigen Form "die Menschenrechte nicht garantiert".

Salvinis Dekret im November mit großer Mehrheit beschlossen

Das italienische Parlament hatte Salvinis umstrittenes Einwanderungsdekret im November mit großer Mehrheit beschlossen. Durch das Gesetz wird die Vergabe von humanitären Aufenthaltsgenehmigungen massiv eingeschränkt und die Ausweisung von Migranten erleichtert. Auch die Verteilung und Unterbringung von Asylbewerbern wurde neu geregelt: Die meisten sollen künftig in großen Auffangzentren untergebracht werden.

Kritiker der neuen Gesetzgebung fürchten, dass damit mehr Einwanderer in die Illegalität getrieben werden und letztlich die Kriminalität steigt.

Palermos Bürgermeister Orlando kündigte am Donnerstag auch ein juristisches Vorgehen gegen das Einwanderungsgesetz an. Ein Gericht solle die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen prüfen. "Man kann den Bürgern nicht einfach Rechte entziehen, um etwas als Sicherheitsmaßnahme auszugeben, was in Wirklichkeit nach Rassen-Gesetz stinkt", schrieb er auf Twitter.

(as/afp)

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