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Augenzeugin schildert Waldbrände in Griechenland – "Es fällt uns schwer zu atmen"

Die Waldbrände hinterlassen ganze Häuserzüge zerstört: Von diesem Reitverein in Athens Vorort Varimpomp ist kaum noch was übrig.
Die Waldbrände hinterlassen ganze Häuserzüge zerstört: Von diesem Reitverein in Athens Vorort Varimpomp ist kaum noch was übrig.Bild: www.imago-images.de / Nicolas Koutsokostas
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"Es fällt uns schwer, zu atmen": Augenzeugin berichtet über die Brände in Griechenland

05.08.2021, 13:4905.08.2021, 15:13
Julia dombrowsky, franziska schmid
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Die Menschen an der Mittelmeerküste sind weiterhin von starken Waldbränden bedroht. In der Türkei und Italien müssen Betroffene mit ansehen, wie sich meterhohe Flammen durch Wälder und Büsche fressen und schwarze Rauchschwaden den Himmel verdunkeln. Auch Griechenland bleibt von den verheerenden Bränden nicht verschont. Zuletzt drang das Feuer bis zur Hauptstadt Athen durch, in den nördlichen Vororten geriet die Situation außer Kontrolle. Am Dienstagabend mussten vier große Ortschaften evakuiert werden, Tausende suchten Zuflucht in anderen Teilen der griechischen Hauptstadt.

Berichte einer Augenzeugin

Die Griechin Demi B. lebt in Berlin, ist aber aktuell zu Besuch bei ihrer Familie in Athen. Im Gespräch mit watson schildert die 30-Jährige die Situation vor Ort und warum die Katastrophe ihrer Meinung nach abzusehen war.

Athen Augenzeugin Feuer Hitze
Dieses Foto vom Rauch über Athen nahm Demi (30) mit einer Drohne auf.Bild: privat

"Ich bin eigentlich nur nach Griechenland gereist, um meine Familie und Freunde mal wieder zu besuchen. Meine Eltern leben in Metamorfosi, einer Gemeinde im Norden Athens, nur etwa zehn Kilometer vom Feuer entfernt", erzählt die Augenzeugin.

"Schon am Dienstag erhielten wir die ersten Not-Warnungen der Behörde. Wir wurden angewiesen, alle Fenster geschlossen zu halten. Andere Bezirke wurden zu dem Zeitpunkt bereits evakuiert. Die Menschen haben sich daran gehalten und ihre Häuser zügig verlassen. Ich glaube auch, weil es schon vor drei Jahren ein verheerendes Feuer in der Gegend um Mati, an der Küste gab, das 102 Menschen innerhalb von nur zwei Stunden das Leben kostete. Das Risiko wollte niemand mehr eingehen." Nach dem Unglück damals rief der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras eine dreitägige Staatstrauer aus und nach dem Apell des Basketballspielers Ioannis Gagaloudisviele versammelten sich vor dem Athener Parlament viele Griechen zu einer friedlichen Demonstration in Erinnerung an die Opfer.

"Die Regierung sollte vorbereitet sein auf solche Katastrophen, verschwendet ihr Geld aber für
Medien-Kampagnen"
Griechin Demi im watson-Interview

"Ich selbst bin hier einigermaßen sicher, aber nur etwa acht Kilometer weiter sind ganze Häuser abgebrannt und sehr viele Tiere umgekommen – ganz abgesehen natürlich von den verheerenden Schäden an der Natur rund um Athen", sagt Demi. "Nachts waren überall in der Stadt die Sirenen zu hören. Am Donnerstagmorgen konnte man in unserer Gegend nur noch mit Maske vor die Tür, weil überall Rauch und Asche herumflog. Es war wie ein dichter Nebel und den ganzen Tag lang regnete es weiter Asche vom Himmel. Es fällt uns schwer, zu atmen und daher halten wir uns jetzt alle zu Hause auf, hinter verschlossenen Türen und Fenstern. Noch dazu kam es eine Stunde lang zu einem Stromausfall, was in Anbetracht der derzeit sengenden Hitze wirklich schrecklich war."

Viele Tiere sind den Flammen hilflos ausgeliefert

Nicht nur die Menschen wurden von den Bränden überrascht. "Ich mache mir um mich selbst keine Sorgen, aber ich habe Angst um alle, die noch in den betroffenen Gebieten sind: Die Feuerwehrmänner und die Tiere. Es gibt viele Reitschulen bei uns und einige Besitzer haben es nicht mehr geschafft, ihre Pferde mitzunehmen. Außerdem waren viele Athener während der Evakuierung auf der Arbeit und finden ihre Haustiere jetzt nicht mehr wieder", sagt Demi.

"Es fällt uns schwer, zu atmen und daher halten wir uns jetzt alle zu Hause, hinter verschlossenen Türen und Fenstern auf."

Trotz der dramatischen Situation sieht sie das Positive: "Gestern war es absolut windstill, trotzdem entwickelte sich das Feuer zu einem Desaster. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie das ausgegangen wäre, wäre noch Wind dazugekommen – wie es beim Feuer in Mati vor drei Jahren der Fall war."

Katastrophe war absehbar

Zur Angst mischen sich auch Gefühle von Ärger und Unverständnis. "Ich bin momentan eher wütend als ängstlich. Wütend, weil die Regierung doch inzwischen wissen müsste, dass es zu Bränden kommen kann, wenn eine Hitzewelle in Athen herrscht. Die Regierung sollte vorbereitet sein auf solche Katastrophen, verschwendet ihr Geld aber auf Medien-Kampagnen," macht Demi ihrem Ärger Luft. "Erst im Februar hatten wir nach nur wenigen Stunden Schneefall einen tagelangen Stromausfall, der einige Vorstädte drei bis vier Tage lang in Eiseskälte zurückließ. Und jetzt im Sommer brennt die Hauptstadt in Folge einer Hitzewelle – das ist doch alles nur noch ein schlechter Witz."

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