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Am Wochenende mussten Trumps wirtschaftliche Berater Sonderschichten schieben. Larry Kudlow und Peter Navarro, die beiden Spitzenkräfte des präsidialen Wirtschaftsteams, waren auf allen TV-Kanälen vertreten. Beide hatten die gleiche Botschaft zu verkünden: Keine Angst, die amerikanische Wirtschaft steuert nicht auf eine Rezession zu.
Beide wirkten wenig überzeugend. Das liegt einerseits an ihrem schlechten Ruf. Kudlow gilt als TV-Schwätzer, der einst ein gröberes Kokain-Problem hatte und den Immobiliencrash 2007 völlig unterschätzte.
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Dazu kommt, dass sich die Indizien für eine Abkühlung der Wirtschaft bedrohlich vermehren: Die Aktienmärkte sind sehr nervös, die Zinsstrukturen invers (langfristige Zinsen sind tiefer als die kurzfristigen), die Rohstoffpreise sind im Keller, die Investitionen lahmen und der Einkaufsindex der Manager und das Stimmungsbarometer der Konsumenten sind abgestürzt.
Das heißt nicht, dass eine Rezession im nächsten Jahr zwangsläufig kommen wird. Nach wie vor konsumieren die Amerikaner wie verrückt, und der Konsum ist für rund 70 Prozent des US-Bruttoinlandprodukts verantwortlich. Doch die Wahrscheinlichkeit eines Abschwungs hat sich nach Ansicht der meisten Ökonomen deutlich erhöht.
Als wichtigster Grund für eine allfällige Rezession wird der Handelsstreit mit China genannt. Der erratische Zickzack-Kurs des Präsidenten verunsichert Investoren und Manager gleichermaßen. Niemand glaubt mehr daran, dass die beiden Streithähne Trump und Xi in absehbarer Zeit einen vernünftigen Deal abschließen und den Handelsstreit beilegen werden.
"Trump wird doch nicht so blöd sein, sich selbst ins Knie zu schießen und mit einer Rezession seine Wiederwahl aufs Spiel zu setzen", sagen alle, die die Rezessionsängste für weit übertrieben halten. Mag sein. Doch dummerweise fehlen Trump genau die Eigenschaften, die derzeit gefragt sind: Um langfristig planen zu können, sehnen sich Wirtschaftsvertreter und Investoren derzeit nach Stabilität und Verlässlichkeit.
Trump verkörpert das Gegenteil. Er entscheidet spontan aus dem Bauch, ist unberechenbar und lebt von Unsicherheit und Zwist. So passt es ins Bild, dass Trump seit längerem den Fed-Präsidenten Jerome Powell heftig und öffentlich attackiert. Die Unabhängigkeit der Notenbank ist ein Tabu, das selbst Trump nicht ungestraft verletzen kann. Selbst konservative Trump-Freunde zeigen sich darüber zunehmend irritiert.
Zum Handelsstreit mit China und dem Zoff mit dem eigenen Notenbankpräsidenten gesellen sich der drohende No-Deal-Brexit und eine deutsche Rezession. Beides hat dazu geführt, dass sich die Investoren in den Dollar flüchten. Eine starke US-Währung schadet der amerikanischen Exportwirtschaft und gefährdet Arbeitsplätze.
Eine Rezession ist eine Verknüpfung von mehreren Umständen. Trumps willkürliche und unberechenbare Aktionen könnten eine solche Kettenreaktion auslösen: Der Handelskrieg verunsichert die Finanzmärkte und die Wirtschaft gleichermaßen. Die Aktienbörsen crashen, Unternehmen und Konsumenten werden vorsichtiger und bleiben auf ihrem Geld sitzen. Billiges Geld hat zudem dazu verleitet, dass sich sowohl Unternehmen wie Privathaushalte massiv verschuldet haben.
Die Zentralbanken schließlich haben ihr Pulver weitgehend verschossen. Der Harvard-Ökonom James Stock erklärt in der "Financial Times":
Die USA sind für eine Rezession schlecht gerüstet. Das ökonomische Personal der Trump-Regierung ist unfähig. Überparteiliche Maßnahmen – beispielsweise massive Investitionen in die Infrastruktur – sind im derzeitigen politischen Klima eine Illusion.
Nach wie vor sind die USA die Lokomotive der Weltwirtschaft. Eine amerikanische Rezessions-Kettenreaktion hätte daher verheerende Folgen für den Rest der Welt.