Ankerzentren: Darum geht's und darum erhebt "Save the Children" Kriik gegen Bayern

In this photo taken on Friday, July 27, 2018, migrants rest onboard Spain's Arcturus Maritime Rescue Service boat at the port of Tarifa, southern Spain, after being rescued by Spain's Mariti ...
Bild: AP

Ankommen, verteilen, abschieben – Bayern macht ernst mit den Ankerzentren

01.08.2018, 09:23

Bayern macht ernst. Am MIttwoch nimmt der Freistaat die ersten Ankerzentren für Flüchtlinge in Deutschland in Betrieb. "In allen sieben Einrichtungen werden sofort die allermeisten im Koalitionsvertrag vorgesehenen Funktionen garantiert", sagte zuletzt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Die anderen Bundesländer sind skeptisch. Und auch Hilfsorganisationen üben Kritik. Susanna Krüger, Geschäftsführerin der Hilfsorganisation Save the Children Deutschland, erklärte: 

"Ankerzentren sind kein Ort für Kinder und Familien. Solche großen Sammelunterkünfte bieten gerade für die Heranwachsenden keine geschützten und sicheren Räume."
Save the Children, Hilfsorganisation

3 Fakten zur Debatte (und der harten Linie der CSU im bayerischen Landtagswahlkampf).

Was sind Ankerzentren?

Anker ist die Abkürzung für Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückführung. Union und SPD haben sich auf diese Zentren im Koalitionsvertrag geeinigt. Das Ziel: Asylbewerber gar nicht erst in Städte und Gemeinde kommen lassen, wo sie Freunde finden können und sich Protest gegen eine mögliche Abschiebung regt. Der damalige CSU-Generalsekretär Andres Scheuer brachte es wie folgt auf den Punkt:

"Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese. Der ist drei Jahre hier – als Wirtschaftsflüchtling – den kriegen wir nie wieder los."
Andreas Scheuer, CSU-Politikermittelbayerische Zeitung

In Bayern werden Ankerzentren in Donauwörth, Zirndorf, Regensburg, Deggendorf, Schweinfurt, Bamberg und Manching entstehen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), die Bundesagentur für Arbeit, Jugendämter, Justiz- und Ausländerbehörden sollen dort vertreten sein. Kurze Wege sollen Verfahren beschleunigen. Rund 1000 bis maximal 1500 geflüchtete Menschen sollen dort zentral untergebracht werden. 

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster sagte: "Ich halte eine Richtgröße von 800 bis 1 200 Menschen pro Zentrum für sinnvoll." Kleinere Einrichtungen würden sich nicht lohnen, da vor Ort neben dem Bamf und den Verwaltungsrichtern auch die lokale Ausländerbehörde, Ärzte und die Polizei vertreten sein sollten. Für die Asylbewerber müsse auch ein Zugang zu Rechtsanwälten sichergestellt sein. 

Und was soll daran schlecht sein?

Den meisten Bundesländern sind die Vorgaben von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) für die sogenannten Ankerzentren noch zu unkonkret. Deshalb wird es diese Einrichtungen für Asyl- und Abschiebungen erst einmal nur in Bayern gebe.

  • Die SPD findet die von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bisher vorgelegten Pläne für die Ankerzentren noch nicht konkret genug. Ein Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums sagte, Innenminister Boris Pistorius (SPD) warte gespannt darauf, welche Vorstellungen und detaillierten Vorschläge der Bund dem Land dazu übermitteln werde. Grundsätzlich bleibe es bis dahin bei der Aussage von Pistorius, dass er zu den im Koalitionsvertrag vereinbarten Ankerzentren stehe. Dass diese aber nur Sinn machten, wenn sie einen Mehrwert gegenüber der derzeitigen Situation bringen und die Asylverfahren auch tatsächlich beschleunigt würden.
  • Die FDP hält die geplanten Zentren nur für sinnvoll, wenn daraus keine Massenlager voller Spannungen und Konflikte werden. Im württembergischen Ellwangen war es im Mai bei einer Abschiebung in einer Flüchtlingspolitik zu Ausschreitungen gekommen. Der FDP-Innenpolitiker Stephan Thomae sagte:
"Wenn das sehr große Einheiten wären, würden sie vermutlich mehr Probleme erzeugen als lösen."
Stephan Thomae, FDP, stellv. Fraktionschefdpa
  • Grüne und Linkspartei lehnen die Zentren grundsätzlich ab. Der Grünen-Nachwuchsstar Erik Marquardt twitterte:

Und warum ankert nur Bayern?

In Bayern wird im Oktober ein neuer Landtag gewählt. Die CSU, gewohnheitsmäßig Partei der absoluten Mehrheit, ist unter die Marke von 40 Prozent gesunken. Also setzt die Partei auf Härte. 

  • Erst lederte CSU-Chef Horst Seehofer gegen die Kanzlerin los und legte seinen Masterplan vor. Nun musste sein Ministerium kleinlaut einräumen. Die ursprünglich für Anfang August geplanten Abschiebeabkommen mit Griechenland, Italien und Österreich könnten sich verzögern. 
"Es kommen Umstände hinzu, die möglicherweise für die Verhandlungen nicht gerade vorteilhaft sind."
Pressestatement des Bundesinnenministeriums
  • Bayerns Regierungschef Markus Söder will nun wenigstens bei den Ankerzentren Durchsetzungsfähigkeit beweisen. Er sagte: 
"Wir sind ein Vorbild für ganz Deutschland. Wir zeigen, wie es funktioniert, dann können es die anderen auch machen."
Markus Söder, CSU, Ministerpräsident von Bayern

Die Hilfsorganisation "Save the Children" erhob schwere Kritik gegen Seehofer und Söder. 

"Große Sammelunterkünfte bieten gerade für die Heranwachsenden keine geschützten und sicheren Räume. Flüchtlingskinder haben die gleichen Rechte wie alle Kinder. Sie brauchen Zugang zu Bildung, sobald sie hier ankommen. Sie brauchen gleichwertigen Zugang zu Gesundheitsleistungen, und sie brauchen Schutz. .
Susanna Krüger, Save the Children Deutschland

(dpa, per.)