Seit 2012 führt Hans-Georg Maaßen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Innenminister Horst Seehofer, CSU, schätzt den konservativen Juristen. Angela Merkel schätzt ihn weniger. Maaßen stellte sich vor drei Jahren öffentlich gegen die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin, als er erklärte:
Jetzt legt sich Maaßen wieder mit der Kanzlerin an. Er zweifelte an der Authentizität von Videoaufnahmen, die Übergriffe auf Flüchtlinge in Chemnitz zeigen. Widerspruch kommt nicht allein von Politikern aus SPD, Grünen und Linken, sondern auch aus der CDU. Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster forderte von Maaßen Beweise für seine Aussagen. Er nannte Maaßens Auftritt am Samstag im Deutschlandfunk "missglückt" und sagte:
Widerspruch zu Maaßens Lagebeurteilung kam auch aus der Justiz. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden sagte "Zeit Online":
Die Video-Affäre ist nicht Maaßens erster Fauxpas – hier sind die 3 größten Fails von Deutschlands oberstem Verfassungsschützer.
Maaßen sagte der Bild-Zeitung zu den Übergriffen in Chemnitz nach dem gewaltsamen Tod eines Deutsch-Kubaners:
Sein Versehen: die Bundesregierung hatte er vorab nicht über seine Einschätzung informiert. Kanzlerin Angela Merkel und ihr Regierungssprecher Steffen Seibert hatten zuvor ebenfalls von Hetzjagd gesprochen.
Ungewöhnlich auch: Das Bundesamt für Verfassungsschutz teilte am Freitagabend mit:
Die Verfassungsschützer überprüfen also die Aussagen ihres eigenen Chefs. Merkwürdig. Und die ermittelnde Justiz in Sachsen widersprach schon öffentlich.
Erst im Sommer war Maaßen wegen seines Umgangs mit der rechtspopulistischen AfD in Kritik geraten. Eine ehemalige Mitarbeiterin der früheren AfD-Vorsitzenden Frauke Petry hatte über geheime Treffen Maaßens mit der Politikerin in ihrem Enthüllungsbuch "Inside AfD" berichtet.
Unter anderem sei es darum gegangen, wie die AfD mit dem thüringischen Landesverbandschef Björn Höcke umgehen müsse, der wegen antisemitischer und geschichtsrelativierender Aussagen in die Kritik geraten war. So hatte Höcke das Mahnmal für die Holocaust-Opfer als "Denkmal der Schande" bezeichnet.
Später wurden auch Treffen Maaßens mit Petrys Nachfolger Alexander Gauland bekannt. Maaßen erklärte, er treffe regelmäßig Politiker aller Parteien. Das Bundesinnenministerium sprach von einem "Gedankenaustausch".
Maaßens Umgang mit der AfD ist heikel, weil nach der offenen Verbrüderung zwischen Höcke und rechtsextremen Kreisen bei den Kundgebungen in Chemnitz über eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz diskutiert wird.
Die Zeitung "Berliner Morgenpost" hatte zuletzt enthüllt, dass der Verfassungschutz im Umfeld einer Berliner Moschee einen V-Mann in Anis Amris Nähe platziert hatte. Amri hatte im Dezember 2016 bei einem Attentat auf dem Berliner Breitscheidplatz insgesamt 12 Menschen getötet.
Maaßen ließ Berichte zu dem V-Mann in Amris Umfeld unterdrücken, um wie seine Behörde erklärte, das Vertrauen in Presse und Sicherheitsbehörden nicht zu untergraben.
Derzeit sind es eher Maaßens Amtsführung und seine Verschleirungstaktiken, die das Vertrauen in den Staat und seine Behörden untergraben. Auch bei einer Anhörung im Bundestag legte Maaßen den V-Mann nicht offen.
Der Grünen-Politiker Sven Kindler twittert dazu im aktuellen Fall:
Am Montag soll sich Maaßen vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium für Geheimdienste im Bundestag erklären.
(dpa, afp, rtr)