International
Politik

Atomabkommen: Warum US-Präsident Donald Trump an dem Deal mit dem Iran zweifelt

epa04826609 A protest banner lies on the ground in front of the Palais Coburg where talks between the E3+3 (France, Germany, Britain, China, Russia, US) and Iran continue, in Vienna, Austria, 01 July  ...
Proteste gegen das Atomabkommen in WienBild: dpa
Politik

Was stört Trump an Europas Atomdeal mit Iran? Eine Analyse in 4 Punkten

08.05.2018, 14:3609.05.2018, 08:42
fabian reinbold, washington
Mehr «International»

"Ein Desaster", "schrecklich", "verrückt": US-Präsident Donald Trump wettert ständig gegen das Atomabkommen mit dem Iran. Jetzt könnte er es beerdigen. Aber weshalb eigentlich?

Donald Trump hat wieder einmal einen Termin angesetzt, auf den ein großer Teil der Welt notgedrungen hinfiebert. Am Dienstagabend mitteleuropäischer Zeit will er seine Entscheidung über Sanktionen gegen den Iran verkünden. Nicht nur in Teheran, sondern auch in Berlin, Paris, London und Brüssel wird man ganz genau hinschauen, wenn der US-Präsident um 14 Uhr Ortszeit (20 Uhr Mesz) im Weißen Haus seinen Auftritt hat.

Was stört Trump eigentlich? 

Trump – so die Erwartung der meisten Beobachter – dürfte erneut Sanktionen gegen den Iran verhängen und damit faktisch das 2015 unter Federführung der EU besiegelte Atomabkommen aufkündigen. Seit Jahren spricht Trump von dem "sehr schlechten Deal".

Nur weshalb will er das eigentlich? Trump hat mehrere Punkte, die ihm grundlegend missfallen. Ihn stört, dass das Abkommen

  •  zu kurzfristig angelegt ist. Der Iran hat sich verpflichtet, zentrale Teile seines Atomprogramms bis 2025 beziehungsweise 2030 ruhen zu lassen. Trump fürchtet die Aussicht, dass der Iran also in sieben Jahren bereits wieder an seinem Atomprogramm arbeiten könnte
  • das separate ballistische Raketenprogramm des Iran missachtet, von dem sich der enge Verbündete Israel bedroht sieht
  • Irans problematische Rolle im Nahen Osten wie etwa im Syrien-Krieg missachtet. Trump wirft Teheran vor, Terrorismus zu unterstützen, etwa in Syrien und dem Jemen.

Wie ist die Strategie der EU?

epa04116530 European Union High Representative for Foreign Affairs Catherine Ashton arrives for a joint press conference with Iranian Foreign Minister Mohammad Javad Zarif (Unseen) in Tehran, Iran, 09 ...
Die damalige EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hat 2015 den Atomdeal vermittelt.Bild: dpa

In all diesen Punkten hatte Trump den EU-Staaten am 12. Januar vier Monate Zeit gegeben, Verbesserungen mit den Iranern zu erzielen.

Der EU hängt an dem Abkommen: 

  • die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hat es 2015 federführend vermittelt
  • sie setzt auf Geschäfte mit dem Iran,
  • aber der Atomdeal ist auch Kern der EU-Außenpolitik: Multitlateralität, keine Alleingänge, Gegner über Verträge in eine rechtliche Ordnung einbinden

Trump setzt weniger auf Kooperation. Er sieht, dass Irans Weg zu Atomwaffen wohl kaum noch gestoppt werden kann. Auch trotz Abkommens. Und so wettert Trump gegen das Abkommen eben auch,

  • weil er und viele in seinem Umfeld dem Iran generell misstrauen,und weil es unter Barack Obama ausgehandelt wurde.
  • Trump selbst wendet im Allgemeinen große Energie auf, um sich von seinem Vorgänger zu distanzieren.
  • Und im Speziellen rückt er den Umstand, dass die Obama-Regierung im Januar 2016 zeitgleich mit der Entlassung amerikanischer Geiseln die Summe von 1,7 Milliarden Dollar Bargeld nach Teheran geschickt hatte, immer wieder in die Nähe von Landesverrat.

Dieses grundlegende Unbehagen bleibt. Und da trotz aller intensiven diplomatischen Gespräche allen Beteiligten klar ist, dass am Ende Trump entscheidet, gaben sich die EU-Staaten zuletzt skeptisch.

Was sieht der Macron-Plan vor?

Bild
Bild: AP

Zuletzt sprach am Montag der britische Außenminister Boris Johnson in Washington bei seinem Amtskollegen Mike Pompeo vor. Davor hatten es Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Kanzlerin Angela Merkel mit persönlichen Gesprächen im Weißen Haus versucht.

Macron schlug dabei vor, dass das Abkommen ergänzt werden sollte durch neue Maßnahmen gegen Irans Raketenprogramm und Aktivitäten in der Region. Es wäre ein Kompromiss, um den Deal am Leben zu erhalten und nicht auf einen Status ohne jegliche rechtlichen Beschränkungen zurückzufallen.

"Herr Trump sollte das Atomabkommen nicht zerschlagen. Immerhin ist es Europa, das in Reichweite iranischer Raketen liegt."
Jean Asselborn, Außenminister Luxemburgs

Die EU-Staaten sehen allerdings auch, dass Trump fest an der Seite Israels und Saudi-Arabiens steht, und dass denen der Deal mit dem Iran nicht gelegen kommt. Auch im Inneren hat sich Trump zuletzt mit Hardlinern umgeben. Sein neuer Außenminister Pompeo ist seit Jahren ein Iran-Falke, ebenso wie der neue Sicherheitsberater John Bolton, der bereits vor Jahren offen über die Vorzüge eines Umsturzes im Iran spekulierte.

Und wie geht's weiter?

Selbst Macron zeigte sich nach seinen Gesprächen mit Trump wenig zuversichtlich. Und auch in Washington rechnen die meisten Beobachter damit, dass Trump die Sanktionen wieder aufnimmt und damit dem Abkommen aufkündigt.

Es ist aber auch vorstellbar, dass Trump das ganze Verfahren noch einmal aufschiebt. Dass er etwa nur einen Teil der Sanktionen wieder einsetzt und damit den EU-Staaten doch noch mehr Zeit gibt, dem Iran weitere Zugeständnisse abzuringen, bevor er das ganze Programm an Strafmaßnahmen wieder hochfährt.D

as würde Trump ermöglichen, zum einen für jedermann sichtbar einen neuen, härteren Kurs gegenüber dem Iran einzuschlagen. Zum anderen könnte er noch ein bisschen auf Zeit spielen.

Aktuell scheint die Priorität des Präsidenten ohnehin auf seinem geplanten Gipfeltreffen mit Nordkoreas Diktator Kim Jong Un zu liegen.

Dieser Text ist zuerst erschienen im Nachrichtenportal t-online.de. 

Das könnte dich auch interessieren:

Alle Storys anzeigen
Transnistrien macht Ukraine schwere Vorwürfe: Moldau wittert False-Flag-Aktion

In der prorussischen Seperatisten-Region Transnistrien herrscht Sorge: Nach einem vermeintlichen Drohen-Angriff auf einen Militärhubschrauber sprechen Verantwortliche von einem ukrainischen Überfall. Bereits 2022 wurde nach einer Reihe von Explosionen die Ukraine als Übeltäter deklariert.

Zur Story