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Ex-Fußballprofi erklärt, warum er jetzt als Grundschullehrer arbeitet

Osnabrueck, Deutschland 06. September 2018: Testspiel - 18/19 - VfL Osnabrueck vs. Bor. Dortmund Felix Schiller (Osnabrueck), Aktion / Einzelbild
Im Januar 2019 beendete Felix Schiller seine Karriere beim VfL Osnabrück.Bild: Fotostand / Fotostand / Paetzel
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Rolex und Sportwagen? Ex-Fußballprofi Felix Schiller über seinen Job als Grundschullehrer

24.01.2021, 19:13
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Felix Schiller sah sich früh mit den typischen Vorurteilen eines Fußballers konfrontiert. "Zeigen Sie doch mal Ihre Uhr. Fußballer haben doch eine Rolex. Was fahren Sie für ein Auto und haben Sie Millionen auf dem Konto?“, waren die ersten Fragen, die er seinen Grundschülern beantworten musste. Denn der 31-Jährige wählte den ungewöhnlichen Weg vom Profi-Fußballer zum Grundschullehrer.

Statt vor 30 000 Fans im ausverkauften Magdeburger Stadion steht Schiller nun vor 30 Kindern in einer Grundschule in Berlin-Neukölln. Die Aufregung vor der ersten Stunde war weitaus größer als die Anspannung vor einem Liga-Spiel. "Im Stadion wusste ich, was ich kann. Das musste ich einfach nur abrufen. Jetzt ist es für mich eine völlig neue Aufgabe", erzählt er gegenüber watson.

Und dass Schiller diese Aufgabe bewältigen kann, ist auch ein großer Verdienst seiner Eltern. Bereits mit 15 Jahren wechselt der Defensivspezialist aus Berlin ins Nachwuchsleistungszentrum von Werder Bremen, mit denen er später Deutscher Meister in der U 19 wurde. "Gerade meine Mutter war sehr streng, was die Schule anging. Sie hatte sich für diesen Schritt auch gefreut, aber auch gesagt: 'Wenn die Schule nicht läuft, komme ich persönlich nach Bremen und hole dich nach Berlin zurück'." Heute ist er dankbar für diese klare Ansage. Außerdem konnte er sich auf seine gute Selbsteinschätzung verlassen. "Ich habe früh erkannt, dass eine Menge Glück dabei sein muss, dass ich Bundesliga spiele und nicht mehr arbeiten muss."

(170826) MAGDEBURG, DEUTSCHLAND -- FUSSBALL, 3. Bundesliga, Saison 2017/18, 6. Spieltag: 1. FC Magdeburg vs SV Werder Bremen II (U23) am 26.08.2017 in der MDCC-Arena in Magdeburg (Sachsen-Anhalt), Deu ...
Die Karriere des Verteidigers war von Verletzungen geprägt.Bild: CITYPRESS 24 / Michael Taeger / Citypress24

In Bremen kam er im Herrenbereich nicht über Einsätze bei der Reservemannschaft hinaus. Er wechselte 2011 in die 3. Liga zu Rot-Weiß Oberhausen, stieg mit ihnen jedoch am Ende der Saison ab. Ein Jahr später folgte der Schritt zum FC Magdeburg in Liga vier, doch Schiller feierte seine sportlich erfolgreichste Zeit. Mit den Magdeburgern stieg er innerhalb weniger Jahre bis in die 2. Bundesliga auf, absolvierte über 100 Spiele und bekam den Spitznamen "Maschine". Doch so richtig glücklich machte ihn das Profi-Dasein auch nicht: "Mir fiel es schon immer schwer, meine Zeit mit Kaffee trinken, Shopping und Playstation spielen zu vertreiben. Das war mir einfach zu wenig vom Leben."

Felix Schiller wird bei seinem Abschied lautstark von 30 000 Fans gefeiert. Video: YouTube/1. FC Magdeburg Johannes

Bevor der Wechsel nach Magdeburg klappte, war er drei Monate ohne Verein und machte sich klare Gedanken über seine Zukunft. Während seiner Zeit beim FCM machte er dann seinen Bachelor in Sport und Psychologie, anschließend den Master in Sportwissenschaften. Denn die Zeit in Sachsen-Anhalt war nicht nur von sportlichen Erfolgen geprägt, sondern auch von zahlreichen Verletzungen, dessen Auswirkungen er heute noch spürt. Achillessehnenanriss, Außenbandriss, Rückenprobleme, Beckenverletzung, Adduktorenverletzung und Knie-Ops sind nur ein kleiner Auszug aus Schillers Krankenakte.

"Meine Freunde sagen immer: 'Junge, du stöhnst ständig, wenn du von der Couch oder vom Stuhl aufsteht. Was ist denn los mit dir?'" Noch heute bereitet ihm sein Knie Probleme. Wenn er zwei Stunden mit seinem Hund spazieren geht, schwillt es an. Mit seinem Körper ist er während seiner Profi-Laufbahn nicht immer sorgsam umgegangen. "Selbst wenn Ärzte und Physios dich bremsen wollten, war es völlig normal, dass man noch eine Spritze und eine Tablette nimmt. Es gibt immer die Angst: Wenn ich nicht spiele, verliere ich meinen Job."

"Für mich stand fest, dass ich erstmal aus dem Leistungssport raus möchte und eine komplett andere Welt sehen will."

Doch mit 30 Jahren war es ihm zu viel. Er entschied sich nach einem halben Jahr beim VfL Osnabrück im Januar 2019 für das Karriereende und absolviert nun eine Ausbildung als Quereinsteiger für die Fächer Sport, Mathematik und Deutsch in der Grundschule. Im Sommer wird Schiller sein Referendariat beginnen. "Für mich stand fest, dass ich erstmal aus dem Leistungssport raus möchte und eine komplett andere Welt sehen will."

Homeschooling macht auch dem Lehrer zu schaffen

Und sein neuer Job ist für ihn auch viel aufrichtiger. Das Motto einer jeden Fußball-Mannschaft "11 Freunde müsst ihr sein", sei illusorisch. "Ich bin mit meinen Kollegen jetzt auch nicht befreundet, aber wir machen uns das auch nicht vor. Das ist im Fußball eine ganz andere Sache."

Aufrichtig ist auch das Feedback seiner Schüler. Dabei musste der 31-Jährige lernen, sich nicht so schnell aus der Fassung bringen zu lassen und in jede Diskussion mit einem Schüler oder einer Schülerin einzusteigen. Aktuell mache auch ihm die Lage mit dem Homeschooling etwas zu schaffen. "Die Schüler haben nicht alle die passenden Endgeräte zu Hause. Permanent klingelt mein Handy, um Fragen zu beantworten und Hilfestellungen zu geben und dann gibt es noch zahlreiche Konferenzen, weil es um die Zeugnisse geht."

Doch so ganz ohne Fußball geht es für Felix Schiller auch nicht, er probierte sich gar an einem Comeback beim Berliner Amateurclub TSV Rudow. Nach zwei Spielen im Sommer 2019 stieg er aber wieder aus. "Das ist es mir auch einfach nicht wert und ich habe keine Zeit, von Arzt zu Arzt zu rennen." Denn nun muss Felix Schiller Unterrichtsstunden vorbereiten – ohne Rolex, dicken Sportwagen und Millionen auf dem Konto.

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