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Elterntaxi: Drei Mütter wehren sich gegen Helikoptereltern in Hamburg

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"Finde das furchtbar!" Hamburg kämpft gegen Helikoptereltern – diese 3 Mütter machen mit

04.04.2019, 10:0004.04.2019, 15:58
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Sie meinen es ja eigentlich nur gut. Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen. Doch die sogenannten "Taxi-Eltern" polarisieren. In Hamburg hat die Stadt jetzt sogar eine Aktionswoche gegen "Eltern-Taxis" ausgerufen, um auf die Nachteile des Fahrservices bis vors Schultor hinzuweisen.

So machen gerade die Autofahrer-Eltern den Schulweg gefährlich, vor dem sie ihre eigenen Kinder schützen wollen. Insbesondere Erstklässler, die sich noch nicht im Straßenverkehr auskennen, sind durch die Elterntaxis gefährdet.

Das sagt auch eine Studie, die der ADAC in Auftrag gegeben hat. "Verkehrsverstöße unmittelbar vor den Grundschulen waren eher die Regel als die Ausnahme", heißt es darin. Außerdem habe die tägliche Bewältigung des Schulwegs zu Fuß eine Reihe von positiven Effekten auf die kindliche Entwicklung.

watson hat mit drei Müttern einer Grundschule in Hamburg-Eidelstedt gesprochen. Auch an dieser Schule sind die sogenannten Elterntaxis ein Problem. Vor der Schule hält ein Bus, außerdem parken die zahlreichen Autos der Eltern morgens oft in zweiter Reihe – kleine Fußgänger sind zwischen, vor und hinter den vielen Fahrzeugen kaum zu sehen.

Lucie (34), Mutter von Linus (in einer Woche 7)

Bild
privat

"Ich finde das furchtbar. Diese Eltern, die am liebsten noch aufs Schulgelände rauffahren und jeden Stellplatz blockieren, verstehe ich nicht.

Den Kindern wird unglaublich viel Eigenständigkeit genommen, wenn sie jeden Tag mit dem Auto rumkutschiert werden.

Ich denke, das ist nicht gut und es hat auch zugenommen. Vielleicht auch dadurch, dass es mehr kommuniziert wird als früher, wenn Fremde die Kinder auf der Straße ansprechen. Das wird immer gleich per Flyer an die Eltern mitgeteilt, wenn an irgendeiner Schule in der Nachbarschaft ein vermeintlicher "Mitschnacker" beobachtet wurde. Das kenne ich so aus meiner Schulzeit nicht. Ich hab' das Gefühl, da wird Angst verbreitet. Selbst hier, wo eher Mittel- bis Geringverdiener wohnen, finde ich es extrem, wie viele Kinder zur Schule gekarrt werden. Ist doch okay, wenn es eine Zone gibt, wo Autos nichts zu suchen haben."

Yvonne (38), Mutter von Pascal (6)

"Wir gehen immer zusammen zu Fuß zur Schule. Es würde sich auch gar nicht mit dem Auto lohnen, Grundschulen sind ja meist nah am Wohnort, deshalb sucht man sie ja aus. Ich vermute, dass viele der 'Taxi-Eltern' auf dem Weg zur Arbeit im Stress sind oder auch einfach keine Lust haben zu laufen. Jedes zweite bis dritte Kind wird bis vor die Tür gefahren, würde ich schätzen. Die stellen sich ganz dreist mitten auf den Zebrastreifen, um ihre Kinder rauszuschmeißen. Alle anderen Schüler müssen dann ausweichen. Manche Autofahrer fahren ja nur an der Schule vorbei und überholen dann die Elterntaxis auch noch schnell – dann wird es echt gefährlich. Klar, macht man sich dann auch Gedanken über das eigene Kind, denn von den Kleinen kann man ja nicht immer umsichtiges Verhalten erwarten, die sind schnell abgelenkt.

Und das Chaos, was die Eltern da vorleben, ist auch keine gute Lehre. Ich wünsche mir, dass die Schule da durchgreift.

Zum Schulanfang kriegt man noch Flyer, dass man möglichst zu Fuß zur Schule gehen soll, dann passiert aber nichts mehr. Eltern sollten ihren Kindern den Schulweg zu Fuß ermöglichen. Und wer wirklich zu weit weg wohnt, könnte doch zumindest nicht direkt vor der Schule parken, sondern 30-40 Meter früher die Kinder rauslassen. So eine Strecke schafft jeder Erstklässler und stolz macht es die Kleinen auch."

Bianca (34), Mutter von Niklas (7)

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Bild: privat

"Wir bringen Niklas noch in Begleitung zur Schule, weil er immer trödelt, aber zurück läuft er alleine. Darüber ist er stolz wie Bolle. Momentan ist er sogar sauer, wenn ich ihn mal abhole, weil er eben ein Großer sein will. Was die Mütter in den Autos meinen gut zu machen, ist genau verkehrt. Sie haben Angst, dass ihre Kinder auf dem Weg angequatscht werden, aber sehen nicht, dass ihre Autos auch Gefahrenquellen sind.

Die verstopfen den Verkehr, die Kinder wissen nicht mehr, wo sie da über die Straße gehen sollen. Das ist für alle gefährlich.

Abgesehen davon halten sich viele auch nicht an das Tempo-30-Limit. Niklas steht schon mal länger an der Straße, bis er sich rüber traut und erzählt mir dann nachmittags: 'Mama, da war heute wieder einer sooo schnell…' Die Schule appelliert zwar jedes Quartal in einem Brief an die Eltern, dass sie doch bitte die Autos zuhause lassen, aber viele interessiert das nicht. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich Sammelstellen an den Hauptstraßen nahe der Schule einführen, wo die Kinder abgesetzt werden und dann die letzten Meter zu Fuß erledigen. Alternativ könnte man doch auch über Schülerlotsen nachdenken – vielleicht würde das auch einige Eltern in ihren Ängsten beruhigen, dass sich jemand ihre Kinder schnappt. Der Schulweg ist ein Stück Selbstständigkeit. Wer noch als Viertklässler kutschiert wird, dem wird diese Erfahrung genommen."

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