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Corona – Berliner Krankenschwester: "Euren Applaus könnt ihr euch sonst wohin stecken"

Portrait of a nurse wearing protective mask and body combination look on at Tenon hospital on March 28, 2020 in Paris as the country is under lockdown to stop the spread of the Covid-19 pandemic cause ...
In einem Facebook-Post klagt eine Krankenschwester die Zustände in den Kliniken an (Symbolbild). Bild: picture alliance / abaca / Lafargue Raphael/ABACA
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Berliner Krankenschwester: "Euren Applaus könnt ihr euch sonst wohin stecken"

30.03.2020, 15:34
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Die Pflegekräfte in den Krankenhäusern stehen an vorderster Front im Kampf gegen das Coronavirus. Menschen im ganzen Land danken es ihnen mit Applaus-Aktionen auf den Balkonen – doch einer Berliner Krankenschwester reicht das nicht. Ihr emotionaler Appell auf Facebook ging viral.

"Euer Klatschen könnt ihr euch sonst wohin stecken, ehrlich gesagt", schrieb die 28-jährige Krankenpflegerin Nina Magdalena Böhmer am Montag. "Tut mir leid, es so zu sagen, aber wenn ihr helfen wollt oder zeigen wollt, wie viel wir Wert sind, dann helft uns, für bessere Bedingungen zu kämpfen!"

In einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" erklärte die 28-Jährige am Samstag, sie wisse, dass die Geste auf dem Balkon nett gemeint sei. "Aber glaubt mir: Es verändert absolut nichts."

Seit sie 16 Jahre alt sei, arbeite sie in der Pflege, seit zwei Jahren auf einer peripheren Station in einer Berliner Klinik.

Krankenschwester: "Ich fühle mich verarscht und ich kann es nicht fassen"

In ihrem Facebook-Post kritisiert sie die schlechte Ausstattung in den Krankenhäusern, die miese Bezahlungen und auch das Robert-Koch-Institut.

Hier der ganze Facebook-Post:

Fassen wir mal zusammen.

Erst sollen wir einen Mundschutz und Schutzkittel für mehrere Patienten benutzen.

Wir sollen weiter arbeiten, wenn wir Kontakt zu einem Corona/Covid-19 Patienten hatten.

Dann werden Personaluntergrenzen ausgesetzt, für die lange gekämpft wurde. Das heißt, scheißegal, es könnte eine Pflegekraft 50 Patienten betreuen.

Dann sagt Herr Spahn, es geht gar nicht um die Bezahlung in dem Beruf, es ist nur wichtig, den Job attraktiver zu machen.

Und jetzt müssen wir nicht mehr in Quarantäne nach Kontakt, wir können schon früher zur Arbeit gerufen werden, sagt das RKI! Diejenigen, die hier empfehlen, dass am besten alle zu Hause bleiben sollen wegen dem gefährlichen Virus! Schämt euch, diejenigen, die das RKI hoch in den Himmel heben!

In einem Beruf, der jahrelang unterbezahlt ist... wo alle am Limit arbeiten... wir sollen jetzt die Helden sein und werden so behandelt?

Eigentlich sollten genau jetzt alle Pflegekräfte ihren Job kündigen!

Ich bin richtig doll traurig und enttäuscht, ich fühle mich verarscht und ich kann es nicht fassen. Ich bin ernsthaft sprachlos.

Vielleicht kann man jetzt meine Posts verstehen... ich bin sauer. Und euer Klatschen könnt ihr euch sonst wohin stecken, ehrlich gesagt... Tut mir leid, es so zu sagen, aber wenn ihr helfen wollt oder zeigen wollt, wie viel wir Wert sind, dann helft uns, für bessere Bedingungen zu kämpfen."

Nachts kann sie meist nicht schlafen

Im "Tagesspiegel" erklärt sie weiter: "Ich habe eigentlich so einen schönen Beruf. Oft gehe ich glücklich nach Hause, weil ich daran mitwirken konnte, dass es Menschen besser geht." Oft habe sie aber auch ein schlechtes Gewissen, weil sie dem nachfolgenden Dienst Arbeit übrig lassen musste.

Und weiter: "Rückenschmerzen habe ich fast immer und schlaflose Nächte oft genug. Manchmal mache ich mir Sorgen um einzelne Patienten, manchmal ist es nur der Schichtdienst, der mich wachliegen lässt."

Auch ihren Beitrag im "Tagesspiegel" schließt sie mit einem Appell: "Wenn ihr uns helfen wollt, dann klatscht nicht, singt nicht, unterschreibt lieber eine Online-Petition und wählt Parteien, die sich für uns einsetzen. Ich verrate nur so viel: Jens Spahn ist es nicht."

(ll)

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