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Linken-Parteitag: Kipping und Riexinger wiedergewählt

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Kipping und Riexinger wiedergewählt – sonst gab es beim Linken-Parteitag vor allem Streit

09.06.2018, 13:5709.06.2018, 19:49
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Die Linken haben ihre Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger für weitere zwei Jahre an die Parteispitze gewählt. Auf dem Parteitag in Leipzig erhielt Kipping am Samstag 64,46 Prozent der Stimmen, für Riexinger votierten 73,8 Prozent der Delegierten.

Sonst ging es wie so oft in der Geschichte der Partei vor allem um Richtungs-, Personal- und letztlich um Machtfragen. 

4 Fakten zur Disharmonie bei den Linken. 

Die Ausgangslage

Die Parteiführung um die Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger stellte sich in Leipzig zur Wiederwahl.

Gegenkandidaten gab es nicht, daher wurde, wie so oft auf Parteitagen, auf die Prozentzahlen geschielt. 

Kipping hatte vor zwei Jahren 74 Prozent der Stimmen erhalten, Riexinger 78,5 Prozent. Bei einer Generaldebatte sparten Delegierte nicht mit Kritik am Führungspersonal. Das zeigte sich schließlich auch in einem etwas schlechteren Ergebnis für die beiden Parteivorsitzenden bei ihrer Wiederwahl.

Zur Last gelegt wird der Parteispitze:

  • das Wahlergebnis bei der Bundestagswahl 2017 und die Tatsache, dass traditionelle Linken-Wähler (vor allem im Osten) zur rechtspopulistischen AfD abgewandert sind.
  • Das äußere Erscheinungsbild der Partei.

Vor allem die Auseinandersetzung zwischen Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht und der Parteispitze prägte zuletzt das Bild der Partei. Die Debatte entzündete sich am Streit um die Flüchtlingspolitik, wo Wagenknecht einen strikteren Kurs wünscht. Und an der von Wagenknecht und ihrem Mann Oskar Lafontaine angestrengten neuen linken Sammlungsbewegung.

Katja Kipping rief ihre Partei zu neuer Geschlossenheit auf. Der Streit werde oft als Konflikt zwischen ihr und Fraktionschefin Sahra Wagenknecht dargestellt, sagte Kipping am Samstag, betonte aber: "Hier muss sich niemand für oder gegen eine Seite entscheiden. Denn wir sind alle Teil der Linken – und das ist gut so."

Den ehemaligen Linken-Chef Lafontaine ermahnte sie, nach dem Parteitag müsse Schluss damit sein, dass die Beschlusslage der Partei zur Flüchtlingspolitik ständig öffentlich in Frage gestellt werde.

Der Streit um die Flüchtlingspolitik

Die Linke hatte bei der Bundestagswahl kräftig an die rechtspopulistische AfD verloren. Lafontaine (der schon 2005 im Wahlkampf über „Fremdarbeiter“ sinnierte und dafür heftige Kritik einstecken musste), und seine Frau Sahra Wagenknecht forderten deshalb eine Umkehr in der Flüchtlingspolitik.

Der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte Wagenknecht:

"Wir müssen anerkennen, dass die Probleme, mit denen gerade die Ärmeren täglich zu tun haben – Konkurrenz um schlecht bezahlte Jobs und bezahlbare Wohnungen, mangelnde öffentliche Sicherheit, Entstehung von Parallelwelten, in denen sich ein radikalisierter Islam ausbreitet –, zwar durchaus nicht mit der Flüchtlingskrise 2015/16 entstanden sind, aber sich dadurch oft verschärft haben[...]
Wir haben bei der letzten Wahl bei denen, denen es nicht gutgeht, verloren – bei Leuten in prekärer Beschäftigung, bei Arbeitslosen[...]
Wir müssen diesen Menschen wieder das Gefühl geben, dass wir uns für ihre Interessen einsetzen. Dass wir sie ernst nehmen. Die Linke darf nicht eine neugrüne Lifestyle-Partei werden, die die Traditionen und die Identität der ,kleinen Leute' verachtet."
Sahra Wagenknecht, Linken-Fraktionschefin 

Die Linken-Parteispitze um Katja Kipping und Bernd Riexinger lehnt den strikten Kurs in der Flüchtlingspolitik ab. Sie warfen Lafontaine und Wagenknecht vor, sich von linken Forderungen zu verabschieden und rechten Positionen anzunähern. Eine solche Anschuldigung stieß wiederum innerhalb der Partei auf Kritik. Kipping sagte nun, es gebe in der Partei weder Rassisten noch Neoliberale.

Im Leitantrag des Vorstands, dem die Delegierten am Samstag zustimmten, werden nun nur "offene Grenzen" gefordert. Wagenknecht sagte, dass dies für sie kein Problem darstelle. Sie warf der Parteiführung vor, so zu tun, als wäre die Zustimmung der Delegierten zu dieser Formulierung für sie eine Niederlage.  

Sammeln, bitte! Die neue Bewegung

Angesichts der anhaltenden Schwäche der ehemaligen Volkspartei SPD und der Distanz, die viele Wählerinnen und Wähler immer noch gegen die SED-Nachfolgepartei Die Linke haben, wollen Wagenknecht und Lafontaine im September eine neue linke Sammlungsbewegung starten. Arbeitstitel #fairLand.  

Gemeinsam mit dem Dramaturgen Bernd Stegemann veröffentlichte Wagenknecht jetzt im Wochenblatt "Die Zeit" einen Aufruf.  

Die Wahlanalyse der beiden:

"Was im vorigen Bundestag zumindest rechnerisch noch möglich war, ist in weite Ferne gerückt: eine Mehrheit für linke Politik in Deutschland[…] Dass inzwischen mehr Arbeiter und Arbeitslose AfD wählen als SPD (oder Linkspartei), sollte jedem progressiven Geist schlaflose Nächte bereiten – macht es doch deutlich, wohin das politische business as usual eines Tages führen kann: zu einem deutschen Donald Trump im Kanzleramt."
Wagenknecht/Stegemann

Die gesellschaftliche Lage (in Abgrenzung zu den moralisierenden Grünen):

"Streitfragen werden inzwischen immer öfter dadurch entschieden, dass die jeweilige andere Partei moralische Noten vergibt. Werden die sozialen Verhältnisse als sehr ungleich beschrieben, erfolgt unmittelbar das Attest, dass es sich hier wohl um eine pessimistische und wenig zukunftsfrohe Meinung handeln müsse."

Das Fazit der beiden lautet: 

"Wo sollen politische Mehrheiten herkommen, die gegen die unbegrenzten Kapitalfreiheiten kämpfen, wenn diejenigen, die unter ihnen am schlimmsten leiden, immer weniger Gründe erkennen können, Parteien zu wählen, die sich im weitesten Sinne als links verstehen? Ein neuer Anlauf, der auf diese Fragen eine überzeugende Antwort sucht, lohnt sich allemal."

Das Problem ist: noch fehlt es an Unterstützern. Aus der SPD hat sich lediglich der ehemalige Sozialexperte Rudolf Dreßler zu dem Projekt bekannt. 

Ein Rücktrittsdementi und eine Kampfabstimmung

Kipping und Riexinger wittern in Wagenknechts und Lafontaines Sammlungs-Manöver eine schleichende Entmachtung.  Der Kampf um die Parteiführung wird mit allen Mitteln geführt. Am Freitagabend musste Wagenknecht gar dementieren, sie ziehe sich vom Amt der Fraktionschefin zurück.

Der Streit kulminierte auf dem Parteitag in Leipzig in der Abstimmung um das Amt des Bundesgeschäftsführers.

Die Parteiführung hatte den Vize-Parteichef in Sachsen-Anhalt, Jörg Schindler, vorgeschlagen.

Gegen ihn tratder frühere Bundestagsabgeordnete Frank Tempel an, der als Vertrauter von Wagenknecht Ko-Fraktionschef Bernhard Bartsch gilt.

Schindler setzte sich schließlich knapp gegen Tempel durch. Im ersten Wahlgang verfehlten beide Bewerber die erforderliche absolute Mehrheit. Im zweiten Wahlgang, in dem die relative Mehrheit reichte, erhielt Schindler mit 265 Stimmen nur drei mehr als der frühere Bundestagsabgeordnete Tempel.

Die Linke hat in Leipzig viel geredet und viel gestritten. Nur entschieden im Richtungsstreit hat sie nichts. 

(per/dpa)

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