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Serdar Somuncu: Sexismus-Kritik an "Schroeder & Somuncu"-Podcast – das sagt der RBB

HAMBURG, GERMANY - APRIL 27: Comedian Serdar Somuncu speaks on stage at the Nannen Award 2017 on April 27, 2017 in Hamburg, Germany. (Photo by Alexander Koerner/Getty Images for Gruner + Jahr)
Kabarettist Serdar Somuncu war bereits häufig in der Kritik für seine provokanten Aussagen.Bild: Getty Images Europe / Alexander Koerner
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Shitstorm über "Schroeder & Somuncu"-Podcast: Das sagt der RBB

16.09.2020, 10:56
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Man muss Serdar Somuncu nicht mögen. Er ist vulgär, provokant und gefällt sich in der Rolle des "Enfant terrible" der deutschen Kabarett-Szene. Nun hat er mit seinem jüngsten Podcast, den er zusammen mit Kabarettist Florian Schroeder macht, einen Shitstorm ausgelöst.

Der Fairness halber sei gesagt: Somuncu hat sich mit seiner Arbeit gegen Rechtsextremismus, insbesondere in den 1990er Jahren, einige Lorbeeren verdient. Zu einer Zeit, in der Flüchtlingsheime angezündet wurden, tourte er durch das Land und las aus "Mein Kampf" vor, um über die inneren Widersprüche und die Absurdität von Hitlers Ideologie aufzuklären – teilweise mit kugelsicherer Weste und unter starkem Protest von Neonazis.

Auch heute noch ist Serdar Somuncu am politischen Diskurs beteiligt, moderierte jahrelang eine Polit-Talkshow auf n-tv und spricht in seiner sonntags ausgestrahlten Radiosendung "Die Blaue Stunde" im RBB über politische Themen. Trotzdem stand er zuletzt immer häufiger wegen seiner als provokant wahrgenommenen Äußerungen in der Kritik. So auch bei seinem Podcast, "Schroeder & Somuncu".

Provokante Äußerungen

Das Podcast-Gespräch, vom RBB als Analyse der politisch-gesellschaftlichen Großwetterlage angepriesen, bewegt sich in der letzten von insgesamt drei Stunden auf eine Analyse von Debatten über Meinungs- und Kunstfreiheit zu. Schroeder möchte dabei mit Somuncu über vermeintliche "Cancel Culture" sprechen. Der hat da hörbar wenig Interesse daran, warnt, dass ihn die Debatte zu einer "verletzenden Ehrlichkeit" herausfordere und antwortet auf die von Schroeder angestoßene Frage, ob in der Debatte "ein richtiger Impuls liegt, der mit den falschen Begriffen besetzt ist":

"Das ist mir scheißegal."

Es gehe ihm "am Arsch vorbei, ob das Zigeunerschitzel heißt oder Mohrenwirt". Dann zieht er über – namentlich nicht genannte – Protagonisten der im Sommer in den Medien geführten Debatte her:

"Die Leute sollen sich ins eigene Knie f****n und Stunden und Tage darüber diskutieren, ob das berechtigt ist oder nicht. Solange es nicht unter Strafe steht, sage ich N****."

Er, Somuncu, meine es nicht, wie er es sage, "und es ist viel wichtiger, wie ich es meine", fährt er nach einer kurzen Pause fort. Die Leute, die "das jetzt im Internet und ihren verf***** sozialen Netzwerken ausleben, das sind alles Pisser", befindet der Satiriker und erklärt, diese seien "meistens Frauen".

Diese Frauen, die Somuncu da am Werke sieht, bezeichnet er im Weiteren als "schlecht gebumst" und "hässliche Schabracken", die meinten, "Kolumnen schreiben zu können". Schroeder beklatscht die Aussagen dazwischen immer mal wieder und lacht stellenweise schallend.

Kurz darauf löst Somuncu die am Dienstagvormittag bei Twitter als extrem verletzend wahrgenommenen Aussagen auf: "Es ist unser Job, so weit zu gehen, wie wir können. Unser Job ist, über alle Grenzen zu gehen, alle zu beleidigen, uns ein bisschen eine Oliver-Pocher-Mentalität anzueignen." Kurz darauf releativiert er seine Aussagen noch als "pseudo-ernst". Alles nicht also nicht so gemeint?

Shitstorm auf Twitter

Bei Twitter ist davon – gelinde gesagt – nicht jeder überzeugt. Dort verbreitet sich Kritik, zu der auch der RBB-Radiosender Radioeins Stellung bezieht. Journalist Malcom Ohanwe etwa tweetete Ausschnitte aus dem Gespräch zwischen Somuncu und Schroeder und kritisierte Somuncus Äußerungen als sexistisch und rassistisch.

Auch andere Twitter-Nutzer empören sich. Zeitweise trendet der Hashtag #Somuncu auf Platz eins, gefolgt von #Satire.

Die feministische Aktivistin Jutta Ditfurth ärgert sich über Somuncu und hat keine netten Worte für ihn übrig:

Auch Podcast-Partner Florian Schroeder, der noch vor kurzem mit seiner Rede vor Corona-Leugnern für Furore gesorgt hat, wird kritisiert:

Comedy-Autor und Moderator Micky Beisenherz macht keinen Hehl daraus, dass er von Serdar Somuncu als Künstler generell wenig hält. Beisenherz' Freund und Podcast-Partner, Comedian Oliver Polak, hatte Somuncu vor einiger Zeit bereits Antisemitismus vorgeworfen.

RBB stellt sich vor seine Satiriker

Der RBB stellte sich am Dienstag vor Schroeder und Somuncu. In einem Statement von Radioeins gegenüber watson heißt es:

"Der Radioeins Podcast 'Schröder und Somuncu' ist als Comedy / Satire vorgesehen und dementsprechend auch gekennzeichnet. Die beiden Protagonisten Florian Schroeder und Serdar Somuncu sind Satiriker, die sich grundsätzlich des Stilmittels der Satire bedienen und zeigen in ihren parodistisch angelegten Rollen unter Umständen auch extreme Positionen. Das ist ausdrücklich Konzept des Podcasts."

Die veröffentlichten Zitate seien "aus dem Zusammenhang gerissen" und könnten ohne den Kontext nicht verstanden werden. Der veröffentlichte Ausschnitt sei ebenfalls "als satirische Überspitzung zu sehen" und eine "gezielte Provokation, die im besten Fall beim Publikum einen Denkprozess in Gang setzt", so Skuppin zu watson.

"In diesem Fall war die Idee, zu zeigen, wie in einer verkürzten Medienöffentlichkeit wenige Äußerungen ausreichen, um Menschen zu provozieren, was im Podcast zuvor auch thematisiert wurde."

Die auf Twitter vorgebrachten Vorwürfen räumte der RBB watson gegenüber zum Teil ein:

"Leider hat sich bei vielen Zuhörer*innen des Podcasts offenbar der Eindruck verfestigt, der Radioeins-Podcast wolle rassistische und sexistische Klischees zementieren. Nach der Live-Ausstrahlung bei Instagram hätte Radioeins den Podcast redaktionell bearbeiten müssen, die missverständlichen Passagen einordnen beziehungsweise herausnehmen müssen. Es tut uns leid, dass es zu Missverständnissen gekommen ist."

Radioeins übernehme die Verantwortung und entschuldige sich auch im Namen der Protagonisten "bei allen Menschen, die sich deshalb beleidigt oder herabgewürdigt fühlen". Der Sender habe niemals die Absicht gehabt, "rassistische oder sexistische Stereotypen zu befördern".

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