Sandro Wagner ist aus der Nationalelf zurückgetreten. Obwohl ihn Bundestrainer Joachim Löw gar nicht für die Fußball-WM in Russland nominiert hat. Höhepunkte und Tiefschläge einer Karriere in 4 Schritten.
Der Spieler Sandro Wagner stammt aus München. Dort spielte er in der Jugend des FC Bayern München. Ein großer Verein mit großen Namen. Ein Sebastian Schweinsteiger wurde hier groß. Und ein Philipp Lahm. Und ein Mats Hummels. Allesamt Weltmeister 2014 in Brasilien.
Und Wagner?
Er spielte mit Hummels in der Jugend beim FC Bayern. Der Teamkollege gewann in Brasilien den WM-Titel. Sandro Wagner spielte zu dieser Zeit bei Hertha BSC, damals eine Pendelmannschaft zwischen erster und zweiter Liga.
Doch es kommt noch schlimmer. Pal Dardai sortiert ihn wegen Lustlosigkeit aus ins Amateurteam.
Sandro Wagner, einstiger Juniorennationalspieler, einstiges Stürmertalent, war ganz unten angelangt.
Ein Einzelfall? Keineswegs. Der Übergang aus der Jugend des ruhmreichen FC Bayern ins Profi-Geschäft ist für viele mühsam:
Wagner kickte in Kaiserslautern und in Duisburg in der zweiten Liga. Er vergab beste Chancen. Und erntete den Hohn der Fans. Sieht halt komisch aus, wie so ein großer, kantiger Stürmer vor dem Tor herumstolperte.
Er rasierte sich die Haare kurz und wirkte fortan aggressiver. Manchmal, gestand er dem der Zeit im Interview, fühle er sich "wie ein Gladiator".
Nützte nur wenig. In der zweiten Liga war er die Projektionsfläche für den Spott der Fans.
Der Spieler Sandro Wagner – und das ist das Gute – hat ein unbändiges Selbstvertrauen. Das half ihm immer. Auch bei Darmstadt 98. Dort gelang ihm 2015 überraschend der Aufstieg von der zweiten in die Bundesliga. Und Wagner war wieder, was er nach seinem Selbstverständnis immer war: erstklassig. Wenn auch mit einem kleinen Klub.
Es folgt der Wechsel zur TSG nach Hoffenheim. Der bullige Wagner und der feingeistige Trainer Julian Nagelsmann – konnte das gutgehen? Brauchte die Fußballwelt überhaupt noch Stürmer wie ihn, in Zeiten die fußballerisch neu rechneten? Mit falscher 9 und kippender 8?
Brauchte sie!
Wagner war der Vollstrecker im feingliedrigen Hoffenheimer Team. Auf dem Platz und auch daneben.
Selbstzweifel? Nie!
2017 schließlich schien Sandro Wagner am Ziel:
Sandro Wanger, Fußballgott!
Am Dienstag dann die große Enttäuschung. Auswahltrainer Löw strich Sandro Wagner aus dem WM-Aufgebot. Er nominierte stattdessen den filigranen Stürmer Nils Petersen. Tags darauf zeigte die "Bild" Wagner in Tränen beim Training.
Konsequente Löwsche-Linie, lieber die spielerische Lösung suchen, statt zurück zum brachialen Teutonen-Kick, lautete die einhellige Meinung der Spielfeld-Analysten.
Klingt gut, stimmt aber nur halb. Nils Petersen lässt sich auch leichter integrieren, als der stets selbstbewusste, leicht aggressiv wirkende Wagner.
Mit seinem Rücktritts-Statement scheint Wagner Löw nun zu bestätigen.
Wagner ist nicht allein in der Liste der Verschmähten, die anderen machen aber weniger Wirbel darum.
Sandro Wagner reagierte also wagnerlike. Und vielleicht etwas vorschnell.
Bleibt die Frage: Kann man aus einem Team zurücktreten, dem man gar nicht angehört?
Sandro Wagner, der Stürmer mit dem Ego, kann.