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Wie die "New York Times" Merkel in der Regierungskrise sieht

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Bild: dpa / watson.de
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Den Überblick verloren? Hier die US-Perspektive auf die Regierungskrise

03.07.2018, 18:5103.07.2018, 19:07

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Die Regierungskrise hält uns momentan auf Trab. Horst hat jenes gesagt, Angela wiederum das geantwortet, die SPD enttäuscht mal wieder alle. Vieles wirkt kleinteilig, da verliert man schnell mal den Überblick.

Da hilft manchmal der Blick von außen. 

Die Journalistinnen Katrin Bennhold und Melissa Eddy haben jetzt eine Analyse in der "New York Times" veröffentlicht, die Merkel in einem politischen Überlebenskampf sieht.

Hier sind die 5 wichtigsten Zitate aus der Analyse

Sie sehen Merkel aktuell politisch geschwächt...

Der Titel der Analyse lautet: "Um zu überleben, hat Merkel Transitzentren zugestimmt". Diese Entscheidung werten Bennhold und Eddy als Kompromiss, der offen lege, wie geschwächt die Bundeskanzlerin derzeit ist.

"Merkel wird als Kanzlerin weiterhumpeln. Sie hat die Konservativen besänftigt, das hat aber gezeigt, dass sie immer schwächer wird. Wie lange sie noch weiterhumpelt, ist unklar. Der Nationalismus und die negative Stimmung gegenüber Migranten, die den Multilateralismus europaweit herausgefordert haben, schlagen auch in den der deutschen Mainstream-Politik schnell Wurzeln."
"Merkel, to Survive, Agrees to Border Camps for Migrants"new york times

...obwohl sie sich jahrelang europaweit für ihre Position eingesetzt hat...

Merkels berühmter Satz "Wir schaffen das" war jahrelang Leitmotiv ihrer Politik, obwohl ihr viel Gegenwind entgegenschlug.

"Unter Merkel war Deutschland ein Bollwerk gegen den Aufstieg der Rechtspopulisten in Europa und der immer größer werdenden Abneigung gegenüber Migranten. Sogar als die Nachbarländer diejenigen ablehnten, die vor Krieg und Konflikt flohen, hieß sie seit 2015 mehr als eine Million Geflüchtete willkommen und setzte sich für eine kollektive, europäische Lösung ein."
"Merkel, to Survive, Agrees to Border Camps for Migrants"new york times
Horst Seehofer und Angela Merkel
Horst Seehofer und Angela MerkelBild: dpa

...und das trotz einer erstarkenden Rechten

Der politische Boden, auf dem Merkel agiert, hat sich aber seit ihrem Amtsantritt 2005 komplett gewandelt. Spätestens mit dem Einzug der AfD in den Bundestag hat die Kanzlerin an verschiedenen Fronten zu kämpfen:

"Seither ist die Zahl von neu ankommenden Geflüchteten auf einen Bruchteil geschrumpft, verglichen mit der Zahl vor drei Jahren. Aber der gute Wille wurde kleiner, da Deutschland Probleme hatte, diejenigen aufzufangen, die bereits im Land waren. Eine aufsteigende Rechte befeuerte zudem pausenlos das Narrativ, dass die Geflüchtetenkrise andauert und die Kriminalität ansteigt."
"Merkel, to Survive, Agrees to Border Camps for Migrants" new york times

Merkels Entschlossenheit machte sie populär...

Die Journalistinnen sehen Merkel dennoch als entschlossen für ihre Werte kämpfend, auch wenn sie Zugeständnisse machen musste.

"Sogar jetzt, geschwächt und kämpfend gegen politische Rebellionen, macht Frau Merkel am Montag klar, dass sie entschlossen ist, für genau diese Werte zu kämpfen, die sie viele Jahre zu einer der populärsten Politikerinnen im Inland und Ausland machte. Aber sie hat auch versucht, ihr Zugeständnis mit dem bestmöglichen Gesicht zu präsentieren"
"Merkel, to Survive, Agrees to Border Camps for Migrants"new york times

...Doch es gibt möglicherweise noch einen viel größeren Konflikt

Thomas Kleine-Brockhoff, Außenpolitik-Experte und Büroleiter der unabhängigen Stiftung "German-Marshall Fund", sieht noch einen anderen Grund hinter dem Konflikt. 

Er sagt im Artikel:

"Was wie ein Machtkampf um Merkel herum aussieht, ist in Wahrheit ein Konflikt zur Integrität des europäischen Projektes, Die vier Freiheiten der EU können nicht länger durchgesetzt werden. Wir können uns nicht auf die Bewegungsfreiheit von Geflüchteten und Einwanderern einigen; das gesamte System funktioniert nicht mehr."
Thomas Kleine-Brockhof in "Merkel, to Survive, Agrees to Border Camps for Migrants"new york times
"Markus Lanz": ZDF-Moderator lässt Grünen-Chef Nouripour auflaufen

Der Plan der Regierung, bis 2030 mindestens 15 Millionen E-Autos auf deutschen Straßen fahren zu lassen, wackelt. Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP hieß es: "Rahmenbedingungen und Fördermaßnahmen werden wir darauf ausrichten, dass Deutschland Leitmarkt für Elektromobilität mit mindestens 15 Millionen Elektro-Pkw im Jahr 2030 ist." Mit der Förderung allerdings ist es seit diesem Jahr aus.

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