Deutschland
Der Heimflug verspätet, die Maschine
umgeleitet, und dann noch ein nächtlicher Bustransfer: Darauf will
sich eine Urlauberfamilie nicht einlassen und nimmt ihre Rückreise
aus der Türkei kurzentschlossen selbst in die Hand.
Um ein Haar
bleibt sie deshalb auf den Kosten sitzen. Vor dem Karlsruher
Bundesgerichtshof (BGH) kommt den Pauschaltouristen am Dienstag aber
eine Nachlässigkeit ihres Reiseveranstalters zugute.
Was genau ist passiert?
Eine Woche Pauschalurlaub ist vorbei, gegen 20 Uhr soll der
Flieger zurück nach Frankfurt abheben. Aber am Flughafen in Antalya
gibt es schlechte Nachrichten: Der Start verschiebt sich auf 22.40
Uhr, und wegen des Nachtflugverbots muss die Maschine in Köln landen,
von dort sollen Busse die Passagiere ans Ziel bringen.
Zum Zusammenbrechen!
Bild: www.giphy.com
Die Eltern
wollen das nicht mitmachen. Bei einer anderen Fluggesellschaft buchen
sie eine Verbindung nach Frankfurt am selben Abend. Die 1235 Euro,
die sie das kostet, fordern sie später vom Reiseveranstalter zurück.
Warum gibt es deswegen Ärger?
Die Mitreisenden kommen erst in den Morgenstunden in Frankfurt
an, sechseinhalb Stunden zu spät. Eine solche Verspätung ist ohne
jeden Zweifel ein Reisemangel, erläutert Felix Methmann vom
Bundesverband der Verbraucherzentralen. Aber: Pauschalreisende dürfen
sich erst dann selbst helfen, wenn sie dem Veranstalter Gelegenheit
gegeben haben, eine Lösung zu finden. Die klagenden Urlauber hatten
die Telefonnummer der Reiseleitung. Sie meldeten sich aber nicht.
Weshalb bekommen sie trotzdem ihr Geld zurück?
Die Veranstalter sind verpflichtet, ihre Kunden in der
Reisebestätigung darauf hinzuweisen, dass sie Reisemängel melden
müssen. Nach Auffassung der obersten Zivilrichter am BGH wurden die
Türkei-Urlauber nicht ordnungsgemäß informiert – bei ihrem Anbieter
fand sich der obligatorische Hinweis versteckt in den Allgemeinen
Geschäftsbedingungen.
Ein Passagier schläft 2015 während des Streiks der Flugbegleiter der Lufthansa am Flughafen von Frankfurt am Main.Bild: dpa Themendienst
Aus demselben Grund macht es nichts, dass sie
das Geld für den Ersatzflug nicht – wie 2014 noch vorgeschrieben –innerhalb eines Monats, sondern erst deutlich später zurückgefordert
haben. Diese Einmonatsfrist gilt wegen Neuerungen im Reiserecht seit
dem 1. Juli nicht mehr. Jetzt sind nach dem Urlaub zwei Jahre Zeit.
Was bedeutet das Urteil für andere Urlauber?
Sie haben es unter Umständen leichter, wegen Unannehmlichkeiten
auf der Reise Geld zurückzufordern. Sind sie korrekt über ihre
Pflichten informiert worden, müssen sie der Reiseleitung aber immer
die Chance geben, das Problem zu beheben. Die Frage, ob das auch zu
später Stunde am Flughafen gilt, wenn schnelle Entscheidungen gefragt
sind, hat der BGH offen gelassen.
Die Türkei-Urlauber, zwei
Zahnärzte, hatten ihren Alleingang auch damit begründet, dass am
nächsten Morgen in der Praxis Patienten gewartet hätten. Dafür kann
laut Methmann aber nicht der Veranstalter verantwortlich gemacht
werden.
"Bei einer Reise kann immer etwas dazwischenkommen. Hier muss sich jeder selbst sehr genau überlegen, wie viel Puffer er einplant."
Felix Methmann, Verbraucherzentrale
Welche Rechte haben Reisende bei Flugverspätungen?
Eine mehrstündige Verspätung bei Charterflügen gilt als
Reisemangel - genauso wie etwa Baulärm in der Hotelanlage oder ein
viel zu kleines Apartment. Urlauber können wegen solcher Mängel beim
Veranstalter eine Minderung des Reisepreises durchsetzen.
Nächster Trip vielleicht gleich zum Yoga am Grand Canyon?!
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Yoga am Grand Canyo
quelle: instagram
Unabhängig
davon muss nach der EU-Fluggastrechteverordnung die Fluggesellschaft
geradestehen: Bei mehr als drei Stunden Verspätung steht Reisenden
eine Ausgleichszahlung zu – je nach Flugstrecke und Zeitverlust
zwischen 250 und 600 Euro. Haben Reisende dieses Geld schon bekommen,
ist das allerdings beim Berechnen der Minderung zu
berücksichtigen.
(czn/dpa)
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