Diesmal geht es bei Sandra Maischberger nicht um die Themen der Woche, sondern ausschließlich um die Klimakrise. Zuvor ist der Spielfilm "Ökozid" gelaufen. In dem fiktiven Gerichtsfilm verklagen die Länder des Globalen Südens die Bundesrepublik auf Schadenersatz, weil sie nicht genug gegen die Klimaveränderung getan hat. "Die Klimakrise – Deutschland auf der Anklagebank" lautet darum auch das Thema bei Maischberger. Es diskutieren:
Edgar Selge spielt in dem Film den Richter, der am Ende die Bundesrepublik des Ökozids schuldig spricht. Im realen Leben hält sich der Schauspieler für einen Teil der "grauen Masse, die große Angst vor der Veränderung hat, aber gern was für den Schutz tut". Also theoretisch gegen die Klimakrise. Nur eben nicht aktiv. Darüber könne man schon "depressiv und unglücklich" werden. Er selbst seufzt und überlegt, "doch noch zum Aktivisten zu werden". Auf jeden Fall steht für ihn fest:
Er glaubt: "Man braucht viel mehr Politiker, die überzeugt sind, dass ein Klimawandel (er meint: Ein Wandel in der Klimapolitik) jetzt nötig ist." Doch für ihn sind Politiker und beispielsweise die Autoindustrie viel zu eng. "Ich denke, das ist ein Verein und die verstehen sich zu gut." Und da kommt das Klima einfach zu kurz.
Gar nicht übersehen kann den Klimawandel Mohamed Nasheed. Der ehemalige Staatspräsident der Malediven war wegen des Zeitunterschieds für ein Interview vor der Sendung zugeschaltet. Der Inselstaat ist von der Klimakrise unmittelbar bedroht. Durch das Sterben der Korallenriffe werden die Wellen nicht mehr so gut abgehalten und die Küsten stärker abgetragen. Ein steigender Meeresspiegel ist für das Land, das nur 1,2 Meter über dem Meeresspiegel liegt, natürlich eine existenzielle Bedrohung. Er findet: "Es gibt einen Ökozid, wir werden vergiftet von anderen. Wir müssen vor Gericht ziehen." Denn die Aussichten sind düster.
Diese Klage wäre möglich, der Wissensstand um die Schäden ausreichend – und außerdem: "Es laufen bereits ganz viele", sagt die Ökonomin Maja Göpel. Das Handeln im Sinne des Klimas erscheine jetzt "vielleicht hochunökonomisch", aber jetzt zu handeln sei "absolut notwendig, um zukünftig viel höhere Kosten zu vermeiden – das ist in jedem Modell nachweisbar". Sie fragt, warum keine Dekarbonisierungsauflagen an die Covid-Hilfen etwa bei der Lufthansa oder die Automobilindustrie gekoppelt wurden. "Warum gibt es keine Weiterbildungen während der Kurzarbeit?" Geschäftsmodelle wie das der Lufthansa oder der Autoindustrie seien angezählt gewesen. "Was ist unser Konzept für die Arbeit der Zukunft?"
Die Zukunft ist Stefan Wolf, designierter Gesamtmetall-Chef, zwar sehr wichtig. Aber vor allem, weil er bei Maischberger ungern über die Vergangenheit und Gegenwart reden möchte. Er gibt zu "Wir sind ein bisschen spät dran. Es sind Fehler gemacht worden in der Vergangenheit", aber nun müsse man in die Zukunft schauen. "Wir sind uns alle einig, dass Klimaschutz wichtig ist." Man müsse gegen die Krise global vorgehen "Konstruktiv gemeinsam dran arbeiten. "Es sind Wirtschaft und Politik, aber auch Zivilgesellschaft gefordert."
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sitzt seit 27 Jahren im Bundestag, von 2012 bis 2013 war er sogar mal Bundesumweltminister. Er kennt sich mit der Klimakrise aus. "Jeder einzelne Mensch ist verantwortlich", Menschen mit mehr Macht, etwa Politiker, eben mehr, findet er. Dass die Ziele vom Klimaschutzabkommen nicht eingehalten werden. "das ist auch ein Fehler, das gebe ich auch zu". Aber im nächsten Moment fragt er polemisch, ob er denn die Bundeswehr in Indonesien einmarschieren lassen solle, nur weil ihm die dortigen Politiker bei seinem Besuch, wo er für erneuerbare Energien werben wollte, geantwortet haben, dass sie Kohlevorkommen haben und die nutzen wollen.
Der fossile Brennstoff ist einer der CO2-Treiber. Deutschland hat sich auf den Kohleausstieg im Jahr 2038 festgelegt. "Wir wären viel schneller mit Kernkraft“, sagt Altmaier. Aber es gebe eben auch Zwänge. Auch international. Die sechs deutschen Staatskonzerte sind verantwortlich für sechs Prozent der deutschen CO2 Emissionen. Aber eine grüne Stahlproduktion wäre international nicht konkurrenzfähig. Und dann käme der unökologisch produzierte Stahl mit seinem CO2 eben aus China, so Altmaier. "Der Planet ist global."
Die Kamera hat Klima-Aktivistin Luisa Neubauer immer wieder im Bild, wenn Altmeier spricht. Und ihr Gesicht spricht Bände.
Für Luisa Neubauer ist es eine "bizarre Situation". Sie knallt Altmaier entgegen, dass es eine "Klimakrise made in Germany" sei. Schließlich sei Deutschland bei den CO2-Produzenten in den Top 5. Mit dem Pariser Klimaschutzabkommen habe man ja eine Verpflichtung, an die sich die Politik aber nicht halte.
Deutschland könne "bis 2030 locker technisch aussteigen aus der Kohle", sagt sie. "Man muss sich entscheiden, ob man es machen oder nur Ausreden finden will."Und wenn Altmaier auf die Arbeitslosigkeit der Kohle-Kumpel verweist, kontert sie nur trocken: "Sie wollen wir doch nicht erklären, dass sie scheitern, 20.000 Menschen umzuschulen." Fast kann einem der Politprofi Altmaier leid tun, wie er von der Klimaaktivistin vorgeführt wird.