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Gleichberechtigung: Was Deutschland tun muss, um Gleichberechtigung herzustellen

Von Finnland lernen, heißt Gleichberechtigung lernen: Die neue Regierung um Mininsterpräsidentin Sanna Mirella Marin (Mitte).
Von Finnland lernen, heißt Gleichberechtigung lernen: Die neue Regierung um Mininsterpräsidentin Sanna Mirella Marin (Mitte). Bild: dpa
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Was Deutschland tun muss, um Gleichberechtigung herzustellen

19.12.2019, 11:47
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Hurra – der "Global Gender Gap Report 2020" vom Weltwirtschaftsforum (WEF) ist da – und Deutschland kann hochzufrieden sein. Endlich wieder in der Top Ten! Na also. Braucht man sich um dieses lästige Thema in der Vorweihnachtszeit also nicht mehr zu kümmern.

Tja, schön wär's. Denn bei genauerem Hinsehen stellen wir fest: Ganz so toll ist die Lage keineswegs. Unterm Strich hat Deutschland zwar Fortschritte bei der Gleichberechtigung gemacht, in den Bereichen Bildung und Gesundheit sei die Gleichberechtigung hierzulande fast vollständig erreicht, heißt es im Bericht. Es bleiben aber noch viele Dinge zu tun.

Watson erklärt, welche Schritte notwendig sind.

Wirtschaft: Gender Gap schließen

Deutschland muss dringend die Geschlechterlücke bei Managementpositionen und Gehältern schließen. Ohne die gleichberechtigte Einbeziehung der Frauen – "der Hälfte des weltweiten Talents" – könnten weder Volkswirtschaften wachsen, noch die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen erreicht werden, betonte WEF-Gründer Klaus Schwab.

Das wird nur über Quoten machbar sein. Die gesetzlich vorgeschriebene Geschlechterquote für Aufsichtsräte hat gezeigt, dass staatliche Regulierung an dieser Stelle funktioniert. Keineswegs herrscht ein Mangel an qualifizierten Frauen, die Verantwortung übernehmen wollen. Jetzt brauchen wir das auch für die Vorstände.

Politik: Nicht auf Merkel ausruhen

Deutschland konnte seine Position vor allem durch eine stärkere politische Beteiligung von Frauen verbessern. Allerdings trägt dazu das Meiste eine einzige Frau bei: Angela Merkel. Das reicht aber nicht. Nicht einmal ein Drittel der Bundestagsabgeordneten sind Frauen (30,9 Prozent). Wenn es nicht anders geht, muss auch hier über eine Form der Quotierung nachgedacht werden.

In Frankreich etwa gibt es ein sogenanntes Paritätsgesetz. Es verpflichtet Parteien, Wahllisten bei Verhältniswahlen pari pari aufzustellen – also mit Männern und Frauen gleichermaßen. Tun sie das nicht, riskieren sie Bußgelder.

Care-Arbeit: Vätern mehr Verantwortung zutrauen

2019 oder bald 2020 sollte es keine Frage mehr sein, dass sich Männer und Frauen bei der Care-Arbeit zu gleichen Teilen engagieren.

Die Realität sieht aber immer noch so aus, dass unbezahlte Fürsorge weiterhin vor allem Frauen übernehmen. Hier könnte eine längere Elternzeit für Väter für mehr Geschlechtergerechtigkeit sorgen. Außerdem braucht es Maßnahmen, um Väter mehr dazu zu ermuntern, von ihrem Recht Gebrauch zu machen – bisher tun dies 64 Prozent nicht.

Hier ist auch die Wirtschaft gefragt. Denn dank der Gender Pay Gap sind nach wie vor viele Paare gezwungen, dass der Mann die Elternzeit nicht wahrnimmt – einfach deshalb, weil die Frau weniger verdient und ihr Gehalt nicht ausreichen würde.

Vom Norden lernen

Von den nordischen und skandinavischen Ländern lernen heißt Gleichberechtigung lernen. Im WEF-Ranking landete zum elften Mal in Folge Island auf der Spitzenposition. Das Land hat demnach die Lücke zwischen Männern und Frauen mittlerweile zu fast 88 Prozent geschlossen. In Deutschland sind es nur 78,7 Prozent. Auf Platz zwei und drei im Ranking landeten Norwegen und Finnland.

Das Beispiel Finnland zeigt, dass es durchaus Hoffnung für Deutschland gibt. Sanna Mirella Marin ist 34 und seit Dezember Ministerpräsidentin der Republik. Ihre Koalition besteht nur aus Parteien, die ebenfalls von Frauen geführt werden. Und: Geprägt wurde Marin durch eine Kindheit, in der das Land ebenfalls von einer Frau regiert wurde. So wie Deutschland jetzt gerade. Aber: Bitte nicht darauf ausruhen!

Nach Genderverbot in Bayern: Sextoy-Hersteller macht sich über Markus Söder lustig

Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und selbstbewusster Verfechter von konservativen Werten, lässt kaum eine öffentliche Rede verstreichen ohne zumindest am Rande gegen die "woke" Bubble zu schießen. Seine CSU-Partei wirbt mittlerweile auf der eigenen Website schon mit dem Slogan "Weiß-blau statt Woke".

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