Deutschland
Politik

Horst Seehofer und Angela Merkel: So lief der Streit um die Flüchtlingspolitik

Politik

So kam es zum Bruch zwischen Merkel und Seehofer – Chronologie eines Streits

01.07.2018, 19:1402.07.2018, 06:36
Mehr «Deutschland»

Die Flüchtlingspolitik führte zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zum Bruch. 

Was zuvor geschah:

2015

31. August: "Wir schaffen das", sagt Merkel auf der Sommerpressekonferenz über die Aufnahme von Flüchtlingen. 

Hier der genaue Wortlaut:

"Ich sage ganz einfach: Deutschland ist ein starkes Land. Das Motiv, mit dem wir an diese Dinge herangehen, muss sein: Wir haben so vieles geschafft – wir schaffen das! Wir schaffen das, und dort, wo uns etwas im Wege steht, muss es überwunden werden, muss daran gearbeitet werden. Der Bund wird alles in seiner Macht Stehende tun – zusammen mit den Ländern, zusammen mit den Kommunen –, um genau das durchzusetzen."

Die Stelle im Video:

Kurz darauf schließt sie nicht die Grenzen, als Schutzsuchende von Ungarn über Österreich nach Deutschland kommen. Seehofer nennt das Vorgehen einen Fehler.

10. September: Bei ihrem Besuch in einer Berliner Einrichtung für Flüchtlinge lächelt die Kanzlerin für Selfies in die Handykameras.

FILE - This Sept. 10, 2015 file photo shows German Chancellor Angela Merkel taking a selfie with a refugee at the refugee reception center in Berlin, Germany. Angela Merkel faces a race against time t ...
dpa

9. Oktober: Seehofer droht mit einer Verfassungsklage, falls der Bund den Flüchtlingszuzug nicht eindämmen sollte. Nach einer Aussprache mit der CDU legt er das Vorhaben kurz darauf zu den Akten.

20. November: Auf dem CSU-Parteitag in München kritisiert Seehofer die Kanzlerin auf offener Bühne, während sie neben ihm steht.

Bild
dpa

Schlagabtausch: Der Streit in Zitaten

1 / 17
Der Asylstreit zwischen Merkel und Seehofer in Zitaten
Angela Merkel im August 2015 in Berlin: "Deutschland ist ein starkes Land. (...) Wir haben so vieles geschafft, wir schaffen das. Wir schaffen das, und wo uns etwas im Wege steht, muss es überwunden werden."
quelle: imago stock&people / thomas koehler/photothek.net
Auf Facebook teilenAuf X teilen

2016

3. Januar: Seehofer fordert erstmals eine konkrete Obergrenze: maximal 200.000 neue Flüchtlinge pro Jahr. Merkel ist strikt dagegen.

9. Februar: Seehofer nennt die offenen Grenzen für Flüchtlinge im Herbst 2015 "eine Herrschaft des Unrechts".

Die Kollegen von extra3 setzen sich vorbildlich damit auseinander:

4./5. November: Merkel fehlt erstmals auf einem CSU-Parteitag.

20. November: Merkel kündigt ihre vierte Kanzlerkandidatur an. Lange bleibt unklar, ob die CSU einen eigenen Kandidaten aufstellt.

2017

6. Februar: Seehofer erklärt, die CSU unterstütze Merkel bei der Bundestagswahl. Später nennt er sie "unser größter Trumpf".

3. Juli: Eine Obergrenze für Flüchtlinge fehlt zwar im Wahlprogramm der Union, steht aber im gesonderten CSU-Programm "Bayernplan". 

Seehofer zum Bayernplan:

Seehofer rückt später von der Bedingung ab, nur mit einer Obergrenze trete die CSU nach der Wahl in eine Koalition ein.

24. September: Trotz Verlusten gewinnt die Union die Bundestagswahl, doch die CSU stürzt auf für ihre Verhältnisse katastrophale 38,8 Prozent ab. Fehler der Union im Wahlkampf sieht Merkel nicht.

8. Oktober: Vor ersten Koalitionsgesprächen mit anderen Parteien erklären CDU und CSU das Ziel, pro Jahr maximal 200.000 Flüchtlinge aufzunehmen. Das Wort "Obergrenze" taucht in der Einigung nicht auf.

15. Dezember: Merkel ist wieder auf dem CSU-Parteitag zu Gast.

Horst Seehofer und Angelika Merkel | Verwendung weltweit
Bild: augenklick/Sammy Minkoff

2018

12. März: Union und SPD gehen in eine Koalition. Seehofer ist als Innenminister in Merkels Kabinett zuständig für Flüchtlinge.

15. März: 

Seehofer sagt:

"Der Islam gehört nicht zu Deutschland."

11. Juni: Seehofer verschiebt die geplante Vorstellung seines "Masterplans für schnellere Asylverfahren und konsequentere Abschiebungen". Es gibt Differenzen mit Merkel über die Zurückweisung von Flüchtlingen an der deutschen Grenze. Die Kanzlerin will eine EU-Lösung.

14. Juni: Seehofer droht Merkel mit einem Alleingang. Wenn es zu keiner Lösung komme, wolle er eigenmächtig anordnen, dass Asylbewerber ohne Papiere und solche, die bereits in anderen EU-Ländern registriert sind, an der Grenze abgewiesen werden.

18. Juni: Die CSU billigt Merkel eine Frist von zwei Wochen zu, um in der EU bilaterale Asylabkommen zu schmieden. Die Kanzlerin droht mit ihrer Richtlinienkompetenz. Dagegen verwahrt sich Seehofer.

24. Juni: Ein Sondertreffen von 16 EU-Staats- und Regierungschefs bringt noch keine kurzfristige Lösung im europäischen Asylstreit.

26. Juni: Bei Spitzentreffen der Koalition von Union und SPD gibt es im Asylstreit keine Annäherung. CDU und CSU liegen weiter über Kreuz.

29. Juni: Die Europäische Union einigt sich, Bootsflüchtlinge künftig möglichst in geschlossenen Aufnahmelagern unterzubringen und von dort in der EU zu verteilen. Die Mitgliedsstaaten sollen zudem verhindern, dass registrierte Asylbewerber in andere EU-Länder weiterreisen.

30. Juni: Bundeskanzlerin Merkel ist aus Brüssel zurück, im Gepäck hat sie der CSU ordentlich Ergebnisse mitgebracht. Doch es brodelt weiter in der Union.

1. Juli: Das Ultimatum, das Seehofer Merkel stellt, endet. Der Asylstreit ist allerdings nicht beigelegt, CSU und CDU tagen. 

Am Abend hatte Seehofer zunächst seinen Rücktritt vom Amt des CSU-Chefs und dem Amt als Innenminister überraschend angekündigt, dies dann jedoch wieder von einem letzten Gespräch mit dem Unionspartner am Montag in Berlin abhängig gemacht.

(gam/dpa)

Like uns auf Facebook:

Militärische Reform: Was Pistorius mit der Bundeswehr plant

"Kriegstüchtigkeit" ist das erklärte Ziel für die Bundeswehr, auch wenn der Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) das Wort während seiner Pressekonferenz am Donnerstagmittag nicht mehr explizit erwähnte. Verabschiedet habe er sich von dem Wort allerdings keineswegs, betonte er auf Nachfrage eines Journalisten. "Ich verstehe, dass sich einige an dem Wort reiben", er werde es aber dennoch weiter benutzen.

Zur Story