Im NSU-Prozess haben die Wunschverteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe den Anklagevorwurf zurückgewiesen, die heute 43-Jährige sei Mittäterin an den Morden und Anschlägen des NSU gewesen.
Was die Bundesanwaltschaft aufgezählt habe, reiche weder im Einzelnen noch in der Gesamtschau aus, um eine Mittäterschaft seiner Mandantin zu begründen, sagte Zschäpes Vertrauensanwalt Hermann Borchert am Dienstag vor dem Münchner Oberlandesgericht.
Die Bundesanwaltschaft fordert für Zschäpe lebenslange Haft und anschließende Sicherungsverwahrung. Die heute 43-Jährige war nach Überzeugung der Ankläger eines von drei gleichberechtigten Mitgliedern des "Nationalsozialistischen Untergrunds" und sollte deshalb als Mittäterin an sämtlichen Verbrechen der Gruppe bestraft werden. Dazu zählen zehn Morde, neun davon aus rassistischen Motiven, einer an einer deutschen Polizistin.
Zschäpes Wunschverteidiger Hermann Borchert und Mathias Grasel sind die einzigen Beteiligten im NSU-Prozess, mit denen die Hauptangeklagte Zschäpe spricht. Ursprünglich wurde Beate Zschäpe von ihren drei Pflichtverteidigern Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm vertreten. Mit denen spricht sie jedoch schon seit 2015 nicht mehr. Zschäpe will sie nicht länger als Anwälte, sie wollen Zschäpe am liebsten nicht länger verteidigen. Im NSU-Prozess sorgte das immer wieder für Chaso.
Der NSU-Prozess läuft nun schon seit fast fünf Jahren, am Dienstag fand der 419. Verhandlungstag statt. Immer wieder haben vor allem die Anwälte der Angeklagten mit Anträgen versucht, das Verfahren zu verzögern.
Die Bundesanwaltschaft und die Nebenkläger hatten ihre Plädoyers bereits Anfang Februar beendet. Die beiden Wunschverteidiger Zschäpes, Hermann Borchert und Mathias Grasel, werden für ihr Plädoyer nach eigener Aussage rund eineinhalb Prozesstage brauchen. Anschließend sollen nach bisheriger Planung des Oberlandesgerichts die drei Altverteidiger Zschäpes das Wort für ihre Schlussvorträge bekommen, dann die Anwälte der insgesamt vier Mitangeklagten.
Noch nicht entschieden hat das Gericht, ob das Verfahren gegen einen der vier Mitangeklagten, André E., abgetrennt werden soll. Das hatten die Bundesanwaltschaft und der Anwalt des mutmaßlichen Terrorhelfers Ralf Wohlleben beantragt. Bundesanwalt Herbert Diemer warf E.s neuem Anwalt Daniel Sprafke vor, den Prozess "bis zum Sankt-Nimmerleinstag" verzögern zu wollen. "Das kann so nicht weitergehen", sagte Diemer. Auslöser für die neue Debatte waren neue Beweisanträge Sprafkes.
Der NSU-Prozess befindet sich also auf der Schlussgeraden, könnte sich jedoch trotzdem noch eine Weile hinziehen.
(fh/pb/afp/dpa)