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Linke Hennig-Wellsow bei "Markus Lanz" über Blumenwurf: "Bereue es keine Sekunde"

Susanne Hennig-Welsow erklärt bei "Lanz", warum sie Thomas Kemmerich nach seiner Wahl mit den Stimmen der AfD einen Blumenstrauß vor die Füße warf.
Susanne Hennig-Welsow erklärt bei "Lanz", warum sie Thomas Kemmerich nach seiner Wahl mit den Stimmen der AfD einen Blumenstrauß vor die Füße warf.Bild: screenshot zdf / picture alliance/Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa / watson-montage
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Linke bei "Lanz" über ihren Blumenwurf: "Tiefe Verachtung für Kemmerich"

13.02.2020, 16:23
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Die Wahl des thüringischen Ministerpräsidenten beschäftigt weiter die Republik. Auch bei "Markus Lanz" versuchte am Mittwochabend eine Runde, die Ereignisse aufzuarbeiten. Dabei erklärte die Linke-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow die genauen Umstände ihres mittlerweile berühmten Blumenwurfs. Nach der Wahl von Thomas Kemmerich hatte sie dem FDP-Politiker einen Blumenstrauß vor die Füße geworfen.

Die Gäste bei "Lanz":

  • Bernhard Vogel (CDU, ehemaliger Ministerpräsident Thüringens)
  • Alexander Graf Lambsdorff (FDP-Bundesvorstand)
  • Susanne Hennig-Wellsow (Fraktionschefin Die Linke)
  • Martin Machowecz (Journalist)
  • Marcel Fratzscher (Ökonom)

"Machtgeilheit" sei das Motiv von Kemmerich gewesen, antwortete Hennig-Welsow ganz direkt auf die Frage von Lanz, was sie diesbezüglich vermute. Dazu sei das Ziel gekommen, Bodo Ramelow als Ministerpräsident zu verhindern.

Als der Moderator wissen wollte, warum sie Thomas Kemmerich die Blumen vor die Füße geworfen hatte, holte die Linken-Politikerin etwas aus:

"Wir haben am 27. Oktober im Thüringer Landtag mit KZ-Überlebenden dem Tag der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Da war auch mein guter Freund Günter Pappenheim dabei, der 94 ist. Er hat erzählt, wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass die Nazis Deutschland übernommen haben. Und in diesem Moment, als das Wahlergebnis verkündet worden ist, und Herr Kemmerich die Wahl angenommen hat, habe ich tiefe Verachtung für ihn empfunden. Ich hatte im Kopf: Wie soll ich das meinem Freund Günter Pappenheim erklären, dass hier Faschisten sich ihren eigenen MP wählen? Deswegen habe ich mich entschieden, nicht das Protokoll einzuhalten. Weil man auf so einen Tabubruch hin nicht das Protokoll einhalten kann."

Markus Lanz: "Bereuen Sie die Aktion?

Lanz hakte nach. Ob sie den Wurf nicht später bereut habe? Immerhin würden Kemmerich und seine Familie nun bedroht, begründete Lanz seine Frage. Außerdem sei der FDP-Mann ja kein Faschist.

Nein, antwortet Hennig-Welsow, ein Faschist sei Kemmerich nicht.

"Aber er hat es einkalkuliert, von der Höcke-AfD im Thüringer Landtag gewählt zu werden. Er hat es einkalkuliert und angenommen."

Daher rühre ihre "tiefe Verachtung" für Kemmerich. Natürlich sei es nicht zu akzeptieren, dass er und seine Familie bedroht würden. Allerdings werde auch ihre Fraktion, ihre Person und Bodo Ramelow angefeindet.

Auch die AfD bedrohe die Abgeordneten ihrer Fraktion im Landtag, wenn niemand dabei sei, berichtete Hennig-Welsow weiter. Es sei einfach Fakt, dass die AfD "faschistische Methoden" anwende. Sie schilderte, das eine junge Linken-Abgeordnete von mehreren AfD-Abgeordneten im Fahrstuhl bedrängt worden sei. "Eine Situation, aus der sie nicht heraus konnte."

Ihr Fazit:

"Das ist keine bürgerliche Partei, und das kann man wissen in diesem Parlament. Vor allem, wenn man Björn Höcke zuhört. Und deswegen bereue ich das keine Sekunde."

Hauptziel: Ramelow soll weg

Zuvor hatten der Ex-Ministerpräsident Bernhard Vogel und FDP-Vorstandsmitglied Alexander Graf Lambsdorff versucht, das Verhalten ihrer Parteien in Thüringen zu rechtfertigen. Allerdings mit überschaubarem Erfolg, was auch am konsequenten Nachhaken von Markus Lanz lag.

So räumte Vogel ein, dass es das Ziel der CDU-Fraktion gewesen sei, die Wahl von Bodo Ramelow um jeden Preis zu verhindern.

Vogel sagte:

"Wenn wir Kemmerich nicht gewählt hätten, wäre Herr Ramelow Ministerpräsident von Thüringen geworden."

"Sie sind also sehenden Auges in diese Situation gegangen: Hauptsache nicht Bodo Ramelow", fragte Lanz nochmal nach. "Wenn's passiert, passiert's?"

Vogel hob abwehrend die Hände und wiederholte mantraartig, der Tabubruch sei nur gewesen, dass Kemmerich die Wahl angenommen habe.

Das Hauptziel war es, die Wahl von Bodo Ramelow zu verhindern, sagt Bernhard Vogel.
Das Hauptziel war es, die Wahl von Bodo Ramelow zu verhindern, sagt Bernhard Vogel. Bild: screenshot zdf

Journalist Martin Machowecz meinte:

"Man hätte ja auch einen CDU-Kandidaten aufstellen können. Dann hätte man nicht Ramelow wählen müssen, aber hätte auch sichergestellt, dass nicht jemand von Gnaden der AfD gewählt wird."

Dann hätte der CDU-Mann es selbst in der Hand gehabt, den Tabubruch zu verhindern, indem er die Wahl mit AfD-Stimmen nicht angenommen hätte.

Vogel wiederholte, dass es ja darum gegangen sei, Ramelow zu verhindern – und erwähnte dabei nicht, dass dies ohne das Wahlverhalten der AfD, das er "überraschend" und "erschreckend" nannte, gar nicht möglich gewesen wäre.

Auch Lambsdorff hielt an der Version fest, dass der Fehler lediglich in der Annahme der Wahl durch Kemmerich bestanden habe. "Das war ein Fiasko, ganz klar." Die Bundesspitze der FDP habe davon aber nichts gewusst und habe sich außerdem gar nicht vorstellen können, dass die AfD ihren eigenen Kandidaten nicht wählt.

Kein Grund, Naivität zu unterstellen

"Zeit"-Journalist Machowecz wandte ein, dass Kemmerich schon vor der Wahl den SPD-Ministern angeboten habe, im Amt zu bleiben. "Er ist da nicht reingestolpert, er wusste, es gibt nur einen Weg gewählt zu werden: Der, der dann auch passiert ist. Die FDP-Spitze wusste davon, man hat sich vorher beraten. Mir kann keiner sagen, dass da am Wahltag die große Überraschung ausgebrochen wäre."

Auch Hennig-Welsow war nicht überzeugt. Sie glaube keine Sekunde an politische Naivität, sagte sie.

"Ganz ehrlich: Man muss Kemmerich sagen, dass er da nicht annehmen soll? Herr Kemmerich ist Landesvorsitzender, Fraktionsvorsitzender, war Bundestagsabgeordneter. Der hat ein politisches Leben hinter sich, man kann ihm jetzt nicht Naivität unterstellen."

So ließen sich die verschiedenen Sichtweisen auf die Wahl im Thüringer Landtag auch an diesem Abend nicht vereinen. Es wird wohl noch öfter über verschiedene Deutungen des Ablaufs diskutiert werden – bei "Lanz" und anderswo.

(om)

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