Deutschland
Politik

Polizei-Gewerkschaft NRW: Ärger nach nach falscher Darstellung von Gewalt an Schulen

Politik

So skandalisierte die Polizei-Gewerkschaft die Zahl an Schul-Straftaten in NRW

10.08.2018, 16:0511.08.2018, 10:33
Mehr «Deutschland»

Die Polizeigewerkschaft in Nordrhein Westfalen mischt sich gerne ein. Schreibt sie zumindest. Unter dem Hashtag #wirmischenunsein fordert die GdP mal Spuckhauben für die deutschen Polizeibeamten, mal geht es um eine neue passende Sommer-Uniform für die Hitze. 

Nun kann man die knalligen Forderungen des Hashtags mehr oder weniger sinnig finden. Vor einigen Tagen stellten die Polizeigewerkschafter allerdings eine Statistik unter #wirmischenunsein online, die vielen zu weit ging.

Sie "zeigt" einen riesen Anstieg von Straftaten an Schulen in NRW.

Hier ein Screenshot: 

Bild
Screenshot GdPNRW

Es gab ordentlich Streit um diese Statistik. Nicht um die Zahlen selbst, sondern um deren Aufbereitung.

Zahlreiche Menschen beschwerten sich darüber, dass der vergleichsweise kleine Anstieg von rund 1.000 Fällen von der GdP bildlich zu einem riesen Wachstum an Straftaten aufgemotzt worden sei. Das Problem: Die Y-Achse fängt in der Abbildung nicht bei 0 an, sondern bei 26.200 – das führt dazu, dass die Höhen-UInterschiede zwischen den Balken besonders groß erscheinen.

Zum Vergleich. So würde die Statistik mit einem echten Nullpunkt aussehen:

Bild

Die Verzerrung aber fiel vielen Menschen auf. Es hagelte Kritik.

Ein User auf Facebook schrieb etwa:

"Ich finde es einfach Schade, dass die Gewerkschaft der Polizei (bewusst oder unbewusst) auf derart manipulative Darstellungen zurückgreift."

Auch auf Reddit ist eine aufgeregte Diskussion entstanden. Überschrift: "GDP mit Angstmache auf Bildniveau"

Die Gewerkschaft hat das Bild unter dem Druck schnell wieder offline genommen, wie sie selbst gegenüber watson bestätigte. Stattdessen stellte sie anschließend die Rohdaten online.

Hier die Zeitreihe:

Bild

Bei den neuen Zahlen wird zumindest klar, dass sie über die Jahre durchaus schwanken. Im Vergleich zu 2010 gehen sie langfristig sogar zurück.

Wir haben bei der Gewerkschaft nachgefragt, was sie sich bei der ersten Darstellung gedacht hat. Dort räumt man den Fehler nur so halb ein.

Ein Sprecher sagte:

"Wir hatten nie die Absicht, da etwas zu suggerieren."

Auch räumte er ein: "Wir hätten da keinen Achsenbruch einbauen dürfen und beim Nullpunkt anfangen müssen". Das sei "doof gelaufen".

Auf der anderen Seite hieß es aber auch: Wer sich den Begleit-Text durchlese und sich "mehr als 10 Sekunden mit dem Thema beschäftigt", der sehe: Eigentlich liege kein Fehler vor.

In der Tat basieren die Zahlen auf einer Studie des NRW-Landeskriminalamts, die ein Wachstum von 5 Prozent an Straftaten im Jahr zuvor sieht. Ein Problem, das auch in Bundesländern wie Bayern und Berlin zu beobachten ist

Gerade aber weil diese 5 Prozent ein enorm weites Feld umfassen, gibt es auch aus der Politik Kritik an der verzerrten Darstellung der GdP.

Die Sprecherin für Bildung bei den Grünen in NRW, Sigrid Beer, mahnt an, dass solche solche Darstellungen nicht der Sachdiskussion dienen würden. Stattdessen würden sie "einen Mainstreamdiskurs bedienen, der mittlerweile zum Teil auf AfD-Niveau abläuft".

Beer weiter:

"Dass solche Tendenzen auch vor einer Polizeigewerkschaft nicht Halt machen, ist mehr als bedauerlich. Ich hoffe, dass der Vorfall dort auch mehr Nachdenken auslöst."

Der "Tatort Schule" sei ein weiter und komplexer Begriff, so Beer, er erfordere tiefergehende Analysen und pädagogische Konzepte.

Was denkt ihr? Hat es die Gewerkschaft übertrieben, oder ist alles halb so wild? Schreibt es uns.

Mehr aus der Polizeiwelt:

Alle Storys anzeigen
Bund schafft neuen Posten: Welche Aufgaben der Polizeibeauftragte haben soll

Der Ruf der Polizei in Deutschland ist teilweise angeknackst. Verschiedene Leaks, die rechtsextremistisches Gedankengut innerhalb einzelner Einheiten an die Öffentlichkeit brachten, haben das Vertrauen beschädigt. So etwa die Veröffentlichung von rechtsextremen Chatprotokollen von Frankfurter Polizist:innen 2023.

Zur Story