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Politik
26.03.2018, 15:5418.06.2018, 11:55
Folgen
1. Die Tat
Am 27. Dezember 2017 wurde die 15-jährige Mia in einem Drogeriemarkt in Kandel erstochen. Für die Tat wurde ihr Ex-Freund, ein Flüchtling aus Afghanistan, verantwortlich gemacht. Die 9000-Einwohner-Stadt stand unter Schock. Der Kreisverband der AfD organisierte einen stillen Trauermarsch. Im Internet wurde die Tat emotional diskutiert.
Vor dem Drogeriemarkt werden Kerzen entzündet.
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2. Der Bürgermeister
Für Rechtspopulisten war der Vorfall ein gefundenes Fressen: Sie interpretierten die Tat als logische Konsequenz deutscher Flüchtlingspolitik. Weil der Verbandsbürgermeister Volker Poß (SPD) öffentlich dazu aufrief, die Ermittlungsergebnisse abzuwarten, wurde er zur Zielscheibe.
Mit diesem und ähnlichen Plakaten demonstrieren Kritiker vor dem Rathaus.
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3. Die Diskussion um die Schuldfähigkeit
Der Ex-Freund der Schülerin war zunächst als minderjährig eingestuft worden – später stellt sich heraus: Er war fünf Jahre älter als angegeben. Die CSU forderte medizinische Alterstests durch Röntgenanalyse der Handknochen für unbegleitete Flüchtlinge. Ärzteverbände lehnten dies ab.
"Röntgen ohne medizinische Indikation ist ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit"
Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer
4. Die Demonstrationen
Bereits kurz nach der Tat organisierte der Kreisverband der AfD einen stillen Trauermarsch. Ein weiterer Marsch mit etwa 25 Teilnehmern, organisiert von einem Mann aus Baden-Württemberg, endete in Tumulten.
Ende Januar dann die erste große Demo unter dem Slogan "Kandel ist überall": Die stellvertretende AfD-Landesvorsitzende in Baden-Württemberg, Christina Baum, trat als Rednerin auf. Die Polizei sprach von etwa 1000 Teilnehmern – unter ihnen auch 100 polizeibekannte Rechtsextreme. Aus der Regionen kamen die wenigsten.
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Die Forderungen der Rechtspopulisten:
- Grenzen schließen
- illegal in Deutschland lebende Flüchtlinge abschieben
- Verbandsbürgermeister soll zurücktreten
Die Zahl der Teilnehmer stieg bei einer folgenden Demos auf 4000 Menschen.
5. Die Gegendemonstrationen
Am Wochenende waren etwa 2000 Menschen dem Aufruf des Bündnisses "Wir sind Kandel" gefolgt, das für Vielfalt und Toleranz und gegen Hass und Hetze eintritt. Unter ihnen auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sowie Vertreter von anderen Parteien.
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Dreyer sagte, man lasse nicht zu, dass der Tod der 15-Jährigen instrumentalisiert werde. Kandel lasse sich nicht zu einer Kulisse für Rechtsextremisten und Populisten machen.
"In unserem Land leben Menschen friedlich und tolerant zusammen, und wir wollen, dass das in Zukunft so bleibt"
Malu Dreyer
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Gebhart sagte, seit Wochen müsse man erleben, wie der Tod der 15-Jährigen von rechtsradikalen Kräften aus ganz Deutschland für deren Zwecke missbraucht werde.
"Das ist unerträglich für diese Stadt, unerträglich für die ganze Region."
Malu Dreyer
6. Wie geht es weiter?
Zunächst hatte die rechtspopulistische Initiative "Kandel ist überall" weitere Demonstrationen für die kommenden Monate angekündigt. Doch derzeit gibt es weder auf deren Facebook-Seite, noch auf der Homepage einen Hinweis auf weitere Demonstrationen. Die Bürger von Kandel haben bewiesen, dass sich ihre Stadt nicht von Rechten instrumentalisieren lässt. Dafür wollen sie weiter dafür auf die Straße gehen.
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