Hier sprechen regelmäßig Menschen, die von Armut betroffen sind.
Larissa (Name geändert), 25 Jahre, arbeitet als freischaffende Tänzerin in Deutschland und im Ausland. Bis Sommer 2017 studierte sie zeitgenössischen und klassischen Bühnentanz, seitdem war sie an einer Oper und einem Theater angestellt. Im Nebenjob unterrichtet sie Tanz. Ein regelmäßiges Einkommen hat sie nicht. Es kommt vor, dass sie wochenlang nichts verdient. Im Schnitt verdient sie 700 Euro netto im Monat. Davon zahlt sie:
Außerdem hat sie sich ihre Aussteuerversicherung, eine Form von Lebensversicherung, die Eltern für ihre Tochter abschließen und im Falle einer Hochzeit aber auch vorher fällig werden kann, auszahlen lassen und greift ab und zu auf diese Ersparnisse zurück, auch um Essen, Kleidung und Hygiene-Artikel bezahlen zu können.
Nicht unbedingt, aber wenn ich mir vor Augen halte, dass ein Tanzstudium fast genauso lang wie ein Medizinstudium dauert, aber viel weniger Geld bringt, ärgert mich das.
Fest angestellte Tänzer bekommen ungefähr 1800 Euro brutto im Monat als Einsteigsgage, aber ich kenne kaum jemanden, der fest angestellt ist und wenn, dann nur befristet. Alles läuft meist auf Projekt-Basis. Die meisten Tänzer arbeiten nebenher im Café oder haben andere Nebenjobs. (Anmerkung der Redaktion: In dem Tanzstudio, wo wir Larissa trafen, waren fast alle Tänzer gerade nicht als Tänzer beschäftigt.)
Ich wohne sehr bescheiden. Mein Zimmer hat elf Quadratmeter, ich teile meine Wohnung in Berlin mit vier Leuten. Ich achte immer auf mein Geld, zum Vortanzen in anderen Städten fahre ich mit dem Bus oder Spartickets. Ich treffe schon Freunde, gehe aber nicht essen oder ins Kino.
Wenn ich keine Jobs als Tänzerin bekomme, weiche ich aufs Unterrichten aus. Ende vergangenen Jahres hatte ich drei Monate keine Tanzjobs, da habe ich jeden Tag an meiner alten Ballettschule unterrichtet und pro Stunde 30 Euro verdient. In der Zeit habe ich dann auch bei meinen Eltern gewohnt, um zu sparen.
Quelle: Dachverband Tanz deutschland
Das ist jeden Monat unterschiedlich, denn ich habe kein regelmäßiges Einkommen. Ich verdiene mal 2000 Euro brutto im Monat, mal nichts. An der Oper war ich festangestellt und habe 1600 Euro netto verdient, das hat mir den Monat danach auch noch mitfinanziert.
erwerbsbeteiligung.eu-silc-bericht 2015
Neue Tanztrikots und Tanzschuhe für insgesamt 200 Euro.
Ich hatte alle möglichen Nebenjobs. Eine Zeit lang habe ich Regale im Supermarkt eingeräumt.
Weil es Kunst ist. Bei Musicals werden Künstler besser bezahlt, weil Menschen mehr Geld dafür ausgeben. Alles was kommerziell ist, wird besser bezahlt als Kunst in Deutschland.
Auch variiert die Bezahlung von Job zu Job. Bei meinem Theaterjob bekomme ich 80 Euro netto pro Auftritt. Das macht bei 18 Vorstellungen 1140 Euro netto. Normalerweise bekommt man 200-400 Euro netto als Tänzer bei der Oper.
Tänzer haben zusätzlich die Herausforderung, dass sie viel Konkurrenz aus dem Ausland haben. Als Tänzer musst Du kein Deutsch sprechen, jeder kann hierher kommen und arbeiten und viele sind besser als Du.
Musiker haben eine Fachgruppe bei ver.di, das haben Tänzer nicht (Anmerkung: Es gibt eine Fachgruppe Theater und Bühnen). Zeitgenössischer Tanz wird an festen Theatern am schlechtesten bezahlt und als erstes gestrichen. Musiker, Schauspieler und Sänger verdienen das Doppelte wie Tänzer, obwohl sie eine längere Karriere haben als wir.