Die Mieten in Berlin sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Der Mietendeckel soll diese Entwicklung bremsen.Bild: dpa
watson antwortet
30.01.2020, 14:2830.01.2020, 14:36
Monatelang wurde um den Mietendeckel in Berlin
gestritten. Mit der Abstimmung im Berliner Abgeordnetenhaus hat das bundesweit einmalige Gesetz am Donnerstag die vorerst letzte
Hürde genommen. Es soll den rasanten Anstieg der Mieten in Berlin bremsen und dem Mietmarkt damit eine Atempause verschaffen.
Die Opposition und Wirtschaftsverbände haben das
Gesetzesvorhaben von Rot-Rot-Grün immer wieder scharf kritisiert. Aus
ihrer Sicht ist es das falsche Instrument, um Mieten senken zu
wollen. Sie befürchten, es führe wegen der abschreckenden Wirkung auf
Investoren dazu, den Wohnungsmangel sogar noch zu verschärfen.
Aber was genau hat es mit dem Mietendeckel auf sich? watson beantwortet die elf wichtigsten Fragen.
Was ist das Ziel?
Mit dem Mietendeckel-Gesetz will der Senat den weiteren Anstieg
der Mieten in Berlin stoppen. Der war in den vergangenen Jahren in
der Hauptstadt stärker als anderswo zu beobachten war und
machte Wohnen dort deutlich teurer.
Wie lange gilt der Mietendeckel?
Nach Inkrafttreten des Gesetzes gilt er für fünf Jahre. Der Senat
hofft, dass der Mietendeckel bis dann überflüssig wird, weil sich der
Wohnungsmarkt – nicht zuletzt durch entsprechenden Neubau – entspannt
hat.
Gilt er für alle Wohnungen?
Nein. Ausgenommen sind alle Neubauwohnungen, die ab dem 1. Januar
2014 bezugsfertig wurden – aber auch Sozialwohnungen mit
Mietpreisbindung und Wohnungen in Wohnheimen.
Ab wann wird die Miete gedeckelt?
Alle Mieten werden auf ihrem aktuellen Stand eingefroren. Für
Mieter, die in bestehenden Mietverhältnissen nach dem Stichtag 18.
Juni 2019 eine Mieterhöhung erhalten haben, wird die Miete auf dem
Stand des Stichtags eingefroren.
Wie hoch dürfen die Mieten sein?
Das ist in der Mietentabelle festgelegt, die auf dem
Mietenspiegel 2013 basiert. Danach ist die Obergrenze für die
Kaltmiete beispielsweise von Wohnungen, die keine Sammelheizung und
kein Bad haben und zwischen 1919 und 1949 bezugsfertig wurden, 4,59
Euro pro Quadratmeter. Dagegen sind bei Wohnungen mit Sammelheizung
und Bad, die zwischen 2003 und 2013 bezugsfertig wurden, 9,80 Euro
erlaubt.
Wann ist eine Miete überhöht?
Das Gesetz verbietet überhöhte Mieten – das gilt aber erst neun
Monate nach seiner Verkündung. Eine Miete ist überhöht, wenn sie mehr
als 20 Prozent über der entsprechenden Mietobergrenze in der
Mietentabelle liegt. Beträgt die Mietobergrenze also 5,95 Euro pro
Quadratmeter, darf sie 7,14 Euro nicht übersteigen. Bei Wohnungen in
einfacher Wohnlage werden bei der Berechnung der Mietobergrenze 0,28
Euro abgezogen, bei solchen in guter Wohnlage 0,74 Euro addiert.
Was gilt bei Wiedervermietung der Wohnung?
Nach Inkrafttreten des Gesetzes muss sich der Vermieter an die
neuen Obergrenzen und die zuletzt verlangte Miete halten.
Gibt es Ausnahmen für besonders günstige Wohnungen?
Ja, bei Wohnungen, für die der Vermieter bisher weniger als 5.02
Euro pro Quadratmeter verlangt hat, kann er die Miete im Fall einer
Wiedervermietung um bis zu einen Euro pro Quadratmeter erhöhen.
Macht die Ausstattung einen Unterschied?
Bei Wohnungen, die laut Definition eine moderne Ausstattung
haben, erhöht sich die Mietobergrenze um einen Euro pro Quadratmeter.
Dafür muss die Wohnung über mindestens drei Merkmale verfügen wie
eine Einbauküche, einen Aufzug, eine hochwertige Sanitärausstattung
oder hochwertigen Bodenbelag in der Mehrzahl der Zimmer.
Was passiert, wenn der Vermieter überhöhte Mieten verlangt?
Wenn ein Vermieter eine höhere als die zulässige Miete verlangt,
verhält er sich rechtswidrig und kann mit einem Bußgeld von bis zu
500 000 Euro belangt werden. Die Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung und Wohnen überwacht das Verbot und geht
gegebenenfalls gegen solche Vermieter vor. Mieter können sich an die
Senatsverwaltung wenden. Sie haben aber auch die Möglichkeit, den
zivilrechtlichen Weg zu gehen und den Vermieter selbst zu verklagen.
Ist der Mietendeckel rechtssicher?
Das ist hochumstritten. Stadtentwicklungssenatorin Katrin
Lompscher (Linke) bezeichnete das Gesetz als "juristisches Neuland".
Eine Reihe von Gutachten kommt zu unterschiedlichen Einschätzungen.
Ein Hauptkritikpunkt lautet: Das Land Berlin habe nicht die Kompetenz
zu einer solchen Gesetzgebung. Kritisiert wurde auch, das
nachträgliche Absenken der Mieten sei ein
Verfassungsverstoß.
(om/dpa)
Es ist ein beunruhigender Vorwurf: In einem offenen Appell hatten 215 Ärzte sowie 30 Organisationen in der vergangenen Woche eine entschiedene Reform des Gesundheitssystems gefordert.