International
26.04.2018, 00:2526.04.2018, 10:16
Kim Wall war erst 30 Jahre alt, als sie umkam. Doch als Journalistin für den "Guardian" oder die "New York Times" hatte sie schon viel von der Welt gesehen. Schräge Biografien, frische Visionen und gesellschaftliche Umbrüche in Asien oder den USA – das waren Themen, die die Schwedin bewegten.
"In jeder ihrer Arbeiten zeigt sich Kims Überzeugung, dass Journalistinnen raus in die Welt ziehen sollten."
Das sagten Kims Eltern Ingrid und Joachim Wall über ihre Tochter. "Dass sie alles auskosten, was das Leben zu bieten hat, während sie Menschen und Orte beleuchten, die zu oft vergessen oder ignoriert werden."
Während der Arbeit ermordet
Ihre Tochter wurde im August 2017 während einer Reportage auf einem U-Boot in Dänemark umgebracht. Kim war als freie Journalistin alleine zu diesem Interview gegangen.
Angst war für sie kein Thema, wenn die Neugier einmal geweckt war. Ihr Vater war Fotograf, ihre Mutter ebenfalls Journalistin – Kim wuchs mit der Liebe zur Berichterstattung auf.
Nicht überall können Journalisten frei ihrem Beruf nachgehen:
Zum Gedenken an Kims Schaffen gründete ihre Familie den "Kim Wall Memorial Fund". Er soll Journalistinnen fördern, die sich brisanten Themen auf der ganzen Welt widmen.
Kim selbst war auf der ganzen Welt zuhause. Wohnte unter anderem in Peking und New York.
Ihr Vermächtnis lebt weiter
"Dieses Stipendium wird sicherstellen, dass das Beispiel was sie gesetzt hat und das Versprechen das sie verkörperte, durch großartige Reportagen aus allen Ecken der Welt geehrt wird", sagen ihre Eltern.
Kims Gedenkfeier in New York
Kim starb, während sie ihre Arbeit tat. In Gedenken an ihr Schaffen findest du hier ihre wichtigsten Artikel:
Diese Geschichten hat Kim uns allen hinterlassen
- When China’s Feminists Came to Washington – Foreign policy
Weil Demos in China politisch gefährlich sind, pilgern chinesische Feministinnen zu Stellvertreter-Protesten: Den "Women's Marches" in den USA. Kim sprach mit ihnen. - Vodou is elusive and endangered, but it remains the soul of Haitian people – The Guardian
In Haiti entdeckte Kim die Welt des Voodoo ein und klärte uns über eine missverstandene Welt der Spiritualität auf.
- It's not about sex, it's about identity: why furries are unique among fan cultures – The Guardian
Furries (Menschen in Tierkostümen) werden für besonders seltsame Fetischisten gehalten. Dass dahinter viel mehr steckt, erklärte Kim, als sie in die Szene eintauchte. - Naked in an island idyll: eccentric couple recall a life of rockets and dictators – The Guardian
Auf den Marshallinseln traf Kim das deutsch-österreichische Aussteigerpaar Kayser: Besitzer ihrer eigenen Paradiesinsel und ehemals enge Freunde des lybischen Diktators Muammar Gaddafi. - The Weekly Package - How Cubans deliever culture without internet – Harpers
Weil viele Kubaner kein Internet haben, liefern Händler Popkultur wie "Friends" auf Festplatten von Haus zu Haus. Kim begleitete einen der illegalen Auslieferer, der sich als "Robin Hood" Kubas sieht.
- Ghost Stories - Idi Amin's torture chambers – Harpers magazine
Idi Amins verlassene Folterkammern werden auch Jahrzehnte später noch von vielen Menschen in Uganda gemieden. Kim spürte dem gespenstischen Ort nach. - Fairy Tale Romances, Real and Staged – New York Times
In New York entdeckte Kim ein Boom-Business: Chinesische Brautpaare, die ihre (oft frei erfundenen) Liebesgeschichten von Filmteams professionell inszenieren lassen. - Stories from quarantine: Reporters tested for radiation in the Marshall Islands – Pri
Im Selbsttest verbrachte Kim mit ihren Kollegen fast zwei Monate auf den immer noch nuklear-verseuchten Marshall-Inseln, um danach ihre Blutwerte messen zu lassen.
- The Magic Kingdom Meets the Middle Kingdom in Shanghai Disneyland – Time magazine
Dim Sum statt Hot Dogs: Zur Eröffnung des Disneylands in Shanghai analysierte Kim, wie ein sozialistisches Land die amerikanische Megamarke für sich interpretiert.
- Inside the Ugandan Mall at the Center of China's East African Investments – Vice
In Uganda recherchierte Kim mit einer Kollegin, wie chinesische Großinvestoren den Markt des autoritär geführten Landes übernehmen.
- "Wo die Welt gerade untergeht", "Amerikas vergessenes Atommüllager", "Für immer verloren", "Exodus" – sueddeutsche.de
In einer 4-teiligen Serie befasste sich Kim mit den Nachwirkungen der US-Atomtests auf den Marshall-Inseln. 2016 erhielt sie, zusammen mit Jan Hendrik und Coleen Jose, dafür den Hansel-Mieth-Preis.
Aus seiner homophoben Einstellung macht der Präsident von Belarus, Alexander Lukaschenko, schon lange keinen Hehl mehr. Bereits in den frühen 2010er Jahren machte der belarussische Machthaber mit schwulenfeindlichen Aussagen Negativschlagzeilen. So richtete er etwa an den früheren Bundesaußenminister Guido Westerwelle die Bemerkung "lieber Diktator als schwul".