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Ukraine-Krieg: Ex-Wagner-Kommandant entschuldigt sich

Andrej Medwedew kommandierte in der Ukraine eine Wagner-Einheit und flüchtete nun nach Norwegen.
Andrej Medwedew kommandierte in der Ukraine eine Wagner-Einheit und flüchtete nun nach Norwegen.Bild: privat / twitter
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Vom Waisen zu Wagner: Desertierter Kommandant entschuldigt sich für Kämpfe in der Ukraine

Der nach Norwegen geflüchtete Wagner-Kommandant Andrej Medwedew hat sich einem weiteren Interview für die Kämpfe in der Ukraine entschuldigt. Er wolle nun mithelfen, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
02.02.2023, 11:1202.02.2023, 11:21
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Andrej Medwedew überquerte am 13. Januar die norwegisch-russische Grenze, nachdem er mit einem gefälschten Presseausweis durch die russische Tundra geflüchtet war – so stellte es der junge Mann auf jeden Fall selbst dar.

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters erzählt der 26-Jährige nun weitere Details zu seiner Kampftätigkeit in der Ukraine, seinem Leben und was er in Zukunft ändern will. Wie bereits beim ersten Interview Medwedews mit dem US-Sender CNN sind die Aussagen des Russen nicht verifiziert.

"Zuerst möchte ich mich immer und immer wieder entschuldigen."
Andrej Medwedew

Medwedew betont gegenüber den Reuters-Journalisten mehrfach, dass ihm die Kämpfe in der Ukraine leid tun: "Zuerst möchte ich mich immer und immer wieder entschuldigen. Obwohl ich nicht weiß, wie es aufgenommen wird, will ich sagen, dass es mir leidtut."

Der 26-Jährige erklärt weiter, dass er realisiert habe, dass er "nicht diese Person" sei. Er habe Fehler gemacht und es gebe Momente in seinem Leben, "die die Leute nicht mögen". Dabei bezieht er sich vor allem auf seinen Dienst in den Reihen der Wagner-Gruppe. Aber: "Niemand wird klug geboren", so Medwedew.

Der Ex-Kommandant der Söldner-Gruppe, der nach eigenen Aussagen zuerst zehn und anschließend deutlich mehr Soldaten befehligte, offenbart auch Details zu seiner eigenen Geschichte. Geboren in der sibirischen Großstadt Tomsk, die rund eine halbe Million Einwohner hat und nördlich von Nowosibirsk liegt, sei er ab dem zwölften Lebensjahr nach dem Tod seiner Mutter und dem Verschwinden seines Vaters in einem Waisenhaus aufgewachsen.

"Ich habe mich entschieden, mich öffentlich gegen sie zu stellen, um dazu beizutragen, dass Täter in bestimmten Fällen bestraft werden."
Andrej Medwedew

Bereits sechs Jahre später sei er erstmals von der russischen Armee eingezogen worden. 2014, im Alter von 18 Jahren habe er seine ersten Kriegserfahrungen im Donbass gesammelt und in der 31. Luftlandebrigade gedient.

Der 26-Jährige erklärt weiter, er habe im Anschluss mehrere Gefängnisstrafen in Russland verbüßt, auch eine wegen Raubüberfalls. Als er das letzte Mal aus der Haft freikam, habe er sich im Juli 2022 entschieden, sich der Wagner-Gruppe anzuschließen, um einer Zwangsrekrutierung zuvorzukommen.

Für ein Monatsgehalt von rund 3500 US-Dollar sei er anschließend in der Ukraine im Einsatz gewesen. Er habe auch in der Nähe von Bachmut gekämpft – um die Ortschaft im Donbass wird seit Monaten in einem erbitterten Abnutzungskampf gerungen. Nach Ende des Vertrages sei er geflüchtet, denn ihm wurde bereits angekündigt, dass er länger kämpfen müsse, wie Medwedew sagt.

27.12.2022, Ukraine, Bachmut: Nach Angriffen steigen über den Außenbezirken der Stadt Bachmut Rauchschwaden in die Luft. Foto: Libkos/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
In der Stadt Bachmut wird seit Monaten erbittert gekämpft.Bild: AP / Libkos

Nach seiner erfolgreichen Flucht nach Norwegen gibt sich der 26-Jährige nun geläutert. Medwedew hat angekündigt, dass er offen über seine Erfahrungen im Krieg berichten und mithelfen wolle, die Verantwortlichen für ihre Verbrechen in der Ukraine zu bestrafen. "Ich habe mich entschieden, mich öffentlich gegen sie zu stellen, um dazu beizutragen, dass Täter in bestimmten Fällen bestraft werden. Ich werde versuchen, zumindest einen bescheidenen Beitrag zu leisten", so der Russe.

Er hat Asyl im skandinavischen Land beantragt und wird von aktuell von der norwegischen Justiz befragt.

(con/watson.ch)

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Dass die Geschichtswahrnehmung – und damit verbunden: Ableitungen für die aktuelle Zeit – des russischen Machthabers Wladimir Putin in Teilen absurd ist, ist bekannt. Seit über zwei Jahren malträtiert er sein Nachbarland, die Ukraine. Seine Erklärung dafür: frühere Grenzen. Die Ukraine sei eigentlich russisch, ebenso ihre Bevölkerung.

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