Demonstranten in Washington.Bild: www.imago-images.de / TASOS KATOPODIS
USA
Die Proteste gehen weiter. Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei
einem brutalen Polizeieinsatz sind Demonstranten in mehreren
US-Metropolen trotz Ausgangssperren wieder auf die Straße gegangen.
- In Washington, New York und Los Angeles demonstrierten viele Menschen bis zum späten Dienstagabend (Ortszeit) weitestgehend friedlich.
- In New York kam es dem Nachrichtensender CNN zufolge zu einzelnen Fällen von Vandalismus, es gab jedoch keine größeren Ausschreitungen. Die Polizei in New York und in Washington ließ Hunderte Demonstranten gewähren, obwohl diese gegen örtliche Ausgangssperren verstießen.
- Zuvor waren am Dienstagnachmittag in vielen US-Städten – darunter auch Atlanta, Denver, New Orleans, Philadelphia, Chicago und Houston – Tausende Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen Polizeigewalt, Rassismus, Benachteiligung und Ungleichheit zu protestieren.
"Scheiß auf eure Ausgangssperre"
Der
Auslöser der Proteste war Floyds Tod in Minneapolis im Bundesstaat
Minnesota am Montag vergangener Woche. Er soll nach Angaben der
Familie am Dienstag kommender Woche in Houston beerdigt werden. Floyd
war in der Metropole in Texas aufgewachsen.
In Washington demonstrierten am Abend erneut Hunderte Menschen vor
dem Weißen Haus. Demonstranten skandierten Slogans wie "Wir bewegen
uns nicht" und "Scheiß auf eure Ausgangssperre". Viele hielten auch
Plakate der Bewegung "Black Lives Matter" hoch, auf anderen stand
"Ich kann nicht atmen" – Worte, die Floyd kurz vor seinem Tod
geäußert hatte, als ein weißer Polizeibeamter minutenlang auf seinem
Hals kniete.
In New York versuchte eine Gruppe von mehreren Hundert Demonstranten
am Abend aus dem Stadtviertel Brooklyn über eine Brücke nach
Manhattan zu gelangen, die Polizei schnitt ihnen allerdings den Weg
ab. Bis kurz vor Mitternacht (Ortszeit) kam es dabei aber weder zu
Ausschreitungen noch zu massenhaften Festnahmen. In vielen Städten
war es zuletzt zu schweren Ausschreitungen und Plünderungen gekommen,
weswegen nächtliche Ausgangssperren verhängt wurden. In New York
wurde diese inzwischen bis Sonntag verlängert.
Neue Details zu umstrittener Räumungsaktion
Vor dem Weißen Haus in Washington hatten Sicherheitskräfte – darunter
auch die Militärpolizei – am Montagabend Proteste gewaltsam
aufgelöst. Während die Polizei gegen weitgehend friedliche
Demonstranten vorging, drohte US-Präsident Donald Trump bei einem
Auftritt im Rosengarten des Weißen Hauses mit dem Einsatz des
US-Militärs, um den Unruhen ein Ende zu setzen.
Er sagte auch, er
werde "Abertausende schwer bewaffnete Soldaten" entsenden, um weitere
Ausschreitungen in Washington zu stoppen.
Das US-Militär erklärte, rund 1600 Militärpolizisten und
Infanteristen seien auf Militärstützpunkte rund um Washington verlegt
worden, um die Sicherheitskräfte bei Bedarf zu unterstützen.
Während der Rede lösten Sicherheitskräfte die Proteste vor dem Weißen Haus mit Tränengas auf. Das aggressive Vorgehen löste große Kritik aus, denn die Demonstranten hatten größtenteils friedlich protestiert. Wie die "Washington Post" nun berichtet, hatte Justizminister William Barr den Zugriff der Sicherheitskräfte persönlich angeordnet.
Minneapolis will Polizeigewalt untersuchen
Nach dem Fall Floyd wird die Polizei in Minneapolis einer eingehenden
Untersuchung wegen möglicher diskriminierender Praktiken unterzogen.
Der Gouverneur des Bundesstaats Minnesota, Tim Walz, teilte mit, die
Menschenrechtsabteilung seiner Verwaltung habe eine Bürgerrechtsklage
gegen die Polizeibehörde der Großstadt eingebracht. Nun würden deren
Richtlinien, Verfahren und Praktiken der vergangenen zehn Jahre
untersucht, um herauszufinden, ob die Polizei in Minneapolis
systematisch Minderheiten diskriminiert habe.
Bei dem Polizeieinsatz in Minneapolis hatte einer von vier
beteiligten Beamten Floyd fast neun Minuten lang sein Knie in den
Nacken gedrückt. Alle Bitten des 46-Jährigen, ihn atmen zu lassen,
ignorierte er. Floyd war festgenommen worden, weil er verdächtigt
wurde, mit einem gefälschten 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben. Die
vier Polizisten wurden nach Bekanntwerden von Videos der brutalen
Festnahme entlassen.
Der weiße Ex-Polizist, der Floyd sein Knie in den Nacken gedrückt
hatte, muss sich wegen Totschlags (bis zu zehn Jahre Gefängnis) und
"Mordes dritten Grades" (bis zu 25 Jahre Gefängnis) verantworten. Er
sitzt in Untersuchungshaft. "Mord dritten Grades" ist eine
Besonderheit des US-Rechtssystems, die es nur in einzelnen
Bundesstaaten wie Minnesota gibt. Nach den Gesetzen Minnesotas macht
sich eines solchen Verbrechens schuldig, wer eine "besonders
gefährliche Tat" mit Todesfolge, aber ohne Vorsatz begeht. In
Deutschland ist Vorsatz dagegen Voraussetzung für eine Mordanklage.
Floyds Angehörige fordern eine härtere Anklage gegen den
Ex-Polizisten. Sie verlangen außerdem, dass die anderen drei an dem
Einsatz beteiligten Polizisten festgenommen und angeklagt werden.
(ll/dpa)
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