In Washington D.C. gingen die Proteste weiter, US-Präsident Trump sprach von "viel weniger Demonstranten."Bild: NurPhoto / Zach D Roberts
USA
Zehntausende Menschen haben in den USA
friedlich gegen Rassismus, Diskriminierung und Polizeigewalt
demonstriert. In Washington, New York, Philadelphia, Chicago, Atlanta
und weiteren Städten gingen die Menschen in ausgelassener Stimmung
auf die Straße. Zusammenstöße wurden nur sehr vereinzelt gemeldet. Vor allem vor dem Weißen
Haus in Washington kam es am Samstagabend ebenfalls wieder zu
friedlichen Protesten – die sich auch gegen US-Präsident Donald Trump
und seine Politik richteten.
Trump wollte am Wochenende eigentlich in seinen Golfclub in
Bedminster im Bundesstaat New Jersey reisen, der Trip wurde jedoch abgesagt, wie US-Medien berichten. Bereits vor zwei Wochen handelte sich
Trump Kritik ein, als er sich auf dem Golfplatz vergnügte, während
die Zahl der Corona-Toten in den USA sich auf die Marke von 100.000
zubewegte.
"Viel weniger Demonstranten": Trump zieht Nationalgarde ab
Also verbrachte der Republikaner das Wochenende im abgeriegelten
Weißen Haus, während vor den neuen Barrikaden, die seine Regierung am
Lafayette-Park errichten ließ, Tausende Menschen aufzogen.
Am Sonntag ordnete er dann den Rückzug der Nationalgarde aus Washington an. Alles sei nun "unter perfekter Kontrolle", schrieb Trump im Kurzbotschaftendienst Twitter. In der Nacht zum Sonntag seien "viel weniger Demonstranten aufgetaucht als erwartet". Die Nationalgardisten würden sich nun zurückziehen, könnten aber "schnell zurückkehren, falls nötig".
Washingtons Bürgermeisterin Muriel Bowser hatte Trump bereits zuvor in einem Brief aufgefordert, das Militär aus der Hauptstadt abzuziehen. Aus Protest gegen den Präsidenten und Solidarität mit den Demonstranten ließ sie in riesigen Lettern "Black Lives Matter" auf eine Straße nahe des Weißen Hauses pinseln und benannte diese in "Black Lives Matter Plaza" um.
Dass Trump nun die Nationalgarde aus Washington abzieht, kann Bowser als Punktsieg verbuchen, auch wenn Trump auf Twitter gegen die Bürgermeisterin austeilte: "Bürgermeisterin Bowser ist extrem inkompetent und in keiner Weise qualifiziert, eine wichtige Stadt wie Washington zu leiten."
Unmut über Trump wächst
Washington hat sich zu einem Zentrum der Proteste gegen Rassismus
und Polizeigewalt in den USA entwickelt – auch weil viele
Demonstranten Trump für einen gewichtigen Teil des Problems halten.
"Er ist eklatant rassistisch", sagt am Samstag ein Weißer, auf dessen
Schild "Keine Gerechtigkeit, kein Frieden - und Fuck Trump" steht.
Trumps Aussage, dass er gewaltlose Demonstrationen unterstütze, sei
heiße Luft.
"Er sagte, wenn die Plünderungen beginnen, beginnt das
Schießen. Ich halte das für Ermutigung zur Gewalt, nicht für deren
Unterdrückung."
"Er ist der größte Rassist im Land, er ist es, der Rassisten ermutigt."
Demonstrant über Donald Trump
Seinen Namen will der Mann nicht nennen, ebenso wenig wie ein
schwarzer Mitdemonstrant, der ganz ähnlicher Meinung ist. Trump sei
"der größte Rassist im Land, er ist es, der Rassisten ermutigt", sagt
dieser Demonstrant. Er verweist auf Trumps Äußerungen nach einem
Aufmarsch von Rechtsradikalen in Charlottesville im Bundesstaat
Virginia im August 2017, bei dem eine Gegendemonstrantin getötet
wurde. Trump hatte danach für einen Aufschrei der Empörung gesorgt,
als er sagte, es habe auf beiden Seiten "sehr gute Menschen" gegeben.
Demonstranten in Washington D.C. haben eine klare Botschaft für den US-Präsidenten.Bild: dpa / Can Merey
Auch der weiße Anwalt Andrew Tauber demonstriert auf der 16.
Straße. Er trägt zwei Schilder, auf denen "Keine Truppen auf
US-Straßen" und "Lafayette Park ist nicht weit entfernt vom
Tian'anmen-Platz" steht – auf dem Platz des Himmlischen Friedens in
Peking war am 4. Juni 1989 Chinas Volksbefreiungsarmee gegen
friedliche Demonstranten vorgegangen, Hunderte Menschen starben.
Tauber sagt: "Ich denke, dass die Räumung des Lafayette-Parks vor
einigen Tagen wirklich ein Zeichen für die Versuche der
Trump-Regierung ist, die Institutionen der amerikanischen Demokratie
zu untergraben."
Republikaner entziehen Trump die Unterstützung
Die Räumung des Parks und seine Drohung, das US-Militär gegen
Demonstranten einzusetzen, könnten für Trump nach hinten losgehen.
Trumps früherer Verteidigungsminister James Mattis schrieb im Magazin
"The Atlantic", Trump sei der erste Präsident, den er erlebe, der
sich nicht darum bemühe, Amerika zu einen, sondern seit drei Jahren
versuche, das Land zu spalten. Trumps Ex-Stabschef John Kelly schloss
sich der Kritik an und sagte: "Ich denke, wir müssen uns genauer
ansehen, wen wir wählen."
Mehrere frühere US-Verteidigungsminister warnten Trump davor, das
Militär in einer Weise einzusetzen, die die verfassungsmäßigen Rechte
der Amerikaner untergraben würde. Am Sonntag stimmte Ex-Außenminister
Colin Powell in den Chor kritischer Stimmen ein. Trump entferne sich
von der Verfassung und werde "gefährlich für unsere Demokratie,
gefährlich für unser Land", sagte Powell dem Sender CNN. Der
Republikaner kündigte an, bei der Präsidentschaftswahl im November
für Trumps demokratischen Herausforderer Joe Biden zu stimmen.
Trump holte auf Twitter zum Gegenangriff aus und schrieb, Powell sei sehr verantwortlich dafür gewesen, die USA in die "katastrophalen Nahostkriege" zu bringen. Powell war von 2001 bis 2005 unter US-Präsident George W. Bush Außenminister.
Während die Proteste nicht abflauen, wirkt Trump zunehmend
hilflos. Bei einem Auftritt im Weißen Haus am Freitag redete er über
positive Arbeitslosenzahlen und forderte eine Gleichbehandlung aller
Bürger durch die Polizei. Und Trump sagte: "Hoffentlich schaut George
jetzt gerade herunter und sagt, dass das eine großartige Sache ist,
die in unserem Land geschieht." Der Präsident sprach von einem
"großartigen Tag" für Floyd und für alle Amerikaner.
Auf einem Schild
bei der Demonstration am Samstag in Washington stand: "George Floyd
ist tot. Er wird nie wieder einen "großartigen Tag"
haben.
(lau/afp/dpa)
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