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Der Chef ganz ehrlich

Bewerbung: Die 9 schlimmsten Fehler im Anschreiben – ein Chef berichtet

Erst das Schreiben, dann das Bewerbungsgespräch: Unser Chefredakteur berichtet von seinen Erlebnissen.
Erst das Schreiben, dann das Bewerbungsgespräch: Unser Chefredakteur berichtet von seinen Erlebnissen.Bild: shutterstock / studiostoks
Der Chef ganz ehrlich

Das sind die 9 schlimmsten Fehler im Bewerbungsschreiben

Swen ist Chefredakteur von watson. Er findet seinen Job so gut, dass er auch noch eine Kolumne über ihn schreibt. Hier berichtet er von schönen, traurigen und kuriosen Erlebnissen. Denn man mag es kaum glauben: Auch Führungskräfte machen sich Gedanken. Und haben manchmal Gefühle.
25.05.2023, 09:21
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Ich bin seit fünf Jahren Führungskraft. Ich habe seither Hunderte Bewerbungen lesen dürfen. Und habe immer noch Spaß daran: Es ist eine der spannendsten Aufgaben im Leben eines Chefs, tolle Leute fürs eigene Team zu finden.

Gleichzeitig muss ich aber auch feststellen: Viele Bewerber:innen machen schon im Anschreiben immer wieder die gleichen Fehler. Gerade auch junge Menschen, denen die Erfahrung fehlt.

Deshalb gibt's heute in meiner Kolumne Tipps: Diese neun Fehler solltest du im Bewerbungsschreiben wirklich vermeiden. (Zumindest, wenn du dich bei mir bewirbst.)

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Wenn's zum Bewerbungsgespräch kommen soll, muss das Anschreiben gut sein! Wir geben 9 Tipps.Bild: getty / AndreyPopov

"Sehr geehrte Damen und Herren ..."

Na, das geht ja schon mal gar nicht so gut los. Klar, es gibt Stellenausschreibungen, da weiß man nicht, wen man ansprechen soll. Im Falle von watson ist das aber beispielsweise ganz einfach: Es dauert nur sieben Sekunden, um hier herauszufinden, wie die Teamleads, der Chefredakteur oder seine Stellvertreterin heißen.

Macht in jedem Fall einen besseren Eindruck, wenn man bei der Begrüßung im Anschreiben erkennt, dass Bewerber:innen sich immerhin die Mühe gemacht haben zu checken, wem sie da gerade schreiben.

"... hiermit bewerbe ich mich"

Dragoslav Stepanovic, ein Kult-Trainer der 90er Jahre, sagte einmal: "Erster Pass gleich scheiße." So oder so ähnlich verhält es sich mit diesem ersten Satz. Du schickst eine Bewerbung, hast im Betreff hoffentlich das Wort Bewerbung bereits genutzt – warum schreibst du dann nicht etwas Spannendes, Überraschendes, Neues über dich?

Natürlich werfe ich nach diesem Einstieg nicht sofort die Bewerbung in den Müll. Aber Kandidat:innen verschenken mit diesem einfallslosen Einstieg die Chance, direkt mal einen Pluspunkt zu sammeln.

Aus dem Leben einer Führungskraft
Wie führt man Menschen der Generation Z und die jüngere Hälfte der Generation Y modern und erfolgreich? Seit mehreren Jahren versuche ich, das herauszufinden, weil die allermeisten meiner Kolleg:innen 18 bis 35 Jahre alt sind. In meiner Kolumne "Der Chef ganz ehrlich" möchte ich meine Erfahrungen und Gedanken zum Leben als Vorgesetzter teilen. Subjektiv und direkt, durch die Brille einer Führungskraft. Alle Namen sind natürlich anonymisiert. Und nicht jedes Erlebnis stammt aus der watson-Redaktion. Feedback, Gedanken und Themenvorschläge gerne jederzeit an swen.thissen@stroeer-publishing.de.

Selbstbewusstsein ist schön – Arroganz nicht

In vielen Ratgebern zu Bewerbungen ist zu lesen, man solle bloß nicht zu zurückhaltend sein. Stimmt. Aber: Das Gegenteil ist für mich noch schlimmer. Arroganz, Übertreibungen und wilde Ausschmückungen der eigenen Fähigkeiten wirken auf mich erst einmal arrogant. Und arrogante Menschen passen nicht gut in mein Team.

Ich finde es völlig normal, sachlich zu umschreiben, wer man ist und was man (noch nicht) kann. Und dazu gehört bei Berufsanfänger:innen beispielsweise auch, dass sie nicht viel Erfahrung mitbringen. Dafür haben sie viele andere wertvolle Eigenschaften. Wenn aber ein 23-jähriger Mensch von "weitreichender Berufserfahrung" spricht oder ein:e Praktikant:in einer Zeitung so tut, als wäre man Chefredakteur:in gewesen, wird's albern.

Übrigens: Ehrlichkeit ist für mich auch bei Punkten, die andere einem als Schwäche auslegen könnten, in Ordnung. Du hast eine längere Auszeit genommen? Man sieht am Lebenslauf, dass für dich vor drei Jahren mal nach einem halben Jahr Probezeit Schluss war? Dir fehlen ein, zwei Punkte, die in der Stellenausschreibung stehen? Na und! Sei ehrlich. Sei direkt. Sei authentisch. Luftschlösser fallen ohnehin irgendwann zusammen. Und perfekte Kandidat:innen gibt es selten.

Die Sache mit der Rechtschreibung

Es ist mir fast unangenehm, eine solche Banalität aufzuschreiben, aber die Fehlerquote ist erschreckend: Rechtschreibfehler gehen nicht. (Erst recht nicht, wenn man sein Geld mit dem Schreiben von Texten verdienen will.) An der Stelle bin ich einigermaßen radikal: Wer im Anschreiben vier Tippfehler drin hat, wird abgelehnt. Weil man bewiesen hat, nicht mal in der Lage zu sein, die Rechtschreibprüfung zu benutzen.

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Wer einen Lebenslauf checkt, will alles sehen. Aber keine Rechtschreibfehler.Bild: gettyimages / insta_photos

Faulheit hilft nur selten

Ja, im Jahr 2023 kann man oft mit einem Klick sein Linkedin-Profil übermitteln und hat sich damit beworben. Aber was sagt das über dich aus? Richtig: Dass du zu faul warst, ein Anschreiben zu verfassen. Dass du es nicht für nötig hältst, einen sauberen Lebenslauf mitzuschicken. Und das Problem daran ist: 25 andere Bewerber:innen haben versucht, in einem Anschreiben für sich Werbung zu machen. Ich kann nur raten: Nehmt euch die Zeit für eine saubere Bewerbung.

Motiviert, belastbar und teamorientiert?

Natürlich, auch ich mag Teamplayer:innen und freue mich über motivierte, belastbare Kolleg:innen. Nur: Was bringt es, wenn ich genau das lese? Richtig: nichts. Weil ich noch nie gelesen habe, dass jemand schrieb: "Ich habe keinen Bock, bringe keine Leistung und ein Egoist bin ich auch." Die Passage über Soft Skills ist das beste Beispiel dafür, dass es Sinn ergibt, sich einmal Gedanken zu machen, wie man am besten für sich werben kann. Indem man Beispiele für Soft Skills nennt. Oder Aspekte reinschreibt, die nicht nur hohle Phrasen sind.

Ja, wir müssen über Geld sprechen

Als Führungskraft gehe ich davon aus, dass Bewerber:innen Geld verdienen möchten. Als Führungskraft muss ich aber auch wissen: Passen die Vorstellung einer Person in mein Budget? Es bringt daher nichts, die Gehaltsfrage möglichst lange nicht anzusprechen. Davon wird mein Geldtopf auch nicht größer.

Es gibt Bewerber:innen, die verkaufen sich unter Wert. Und es gibt welche, die zocken wollen. Beides ist nicht schlau. Wenn ich ein Budget von beispielsweise 50.000 Euro im Jahr für eine Stelle habe und jemand verlangt in der Bewerbung 100.000, lehne ich dankend ab. Ohne Gespräch. Weil ich nicht davon ausgehen kann, dass jemand auf 50 Prozent seines Wunschgehalts verzichtet. Und ich bin Menschen, die "zu viel" Geld verlangen, auch nicht böse. Ich muss dann nur anerkennen, dass ich ihnen nicht das bieten kann, was sie sich vorstellen.

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Zugegeben, das Thema ist schwierig, aber im Sinne der Bewerber:innen habe ich das Gefühl, dass eine neue Tendenz zu erkennen ist: Immer mehr Führungskräfte bieten guten Kandidat:innen mehr Geld an, wenn ihre Forderung zu bescheiden ist. Was ich aus reinem Egoismus auch tun würde, wenn es zur ausgeschriebenen Stelle passt. Spätestens, wenn die Person von ihren Kolleg:innen erfährt, dass sie exorbitant weniger verdient, steht sie bei mir auf der Matte. Das sorgt nur für böses Blut und verhindert eine langfristige Mitarbeiterbindung.

Happy executive coworkers laughing and talking sitting on a desk at the office
Immer entspannt bleiben: Ja, wir müssen möglichst früh auch über dein Wunschgehalt sprechen.Bild: getty / AntonioGuillem

Sei bitte kein Photoshop-Philipp

Das Foto ist fancy angeschnitten, in der unteren Ecke gibt's eine rote Box mit den Sprachkenntnissen, große Sterne trennen die Stationen im Lebenslauf und wenn ich auf das Dokument vor mir schaue, weiß ich nicht, was ich eigentlich zuerst lesen soll: Wer sich nicht als Grafikdesigner:in bewirbt, darf gerne eine optisch schlichte Bewerbung schicken. Ich suche ja keinen Photoshop-Philipp. Lenkt durch zu viel Blingbling bitte nicht von euren Fähigkeiten ab!

Danke, aber den Lebenslauf kann ich selbst lesen!

Zu viele Anschreiben von Bewerbungen wiederholen nur das, was im Lebenslauf steht. Versucht, in eurem Anschreiben Dinge über euch zu verraten, die ich nicht schon kenne. Haltet euch kurz. Macht Werbung für euch. Und vor allem: Sorgt dafür, dass ich Lust bekomme, euch kennenzulernen.

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