Die Portion Pommes ist der Verkaufsschlager in vielen Freibädern.Bild: imago images / Shotshop
Leben
Sommer im Freibad, das klingt nach spielenden
Kindern und Beckenplanschen. Und es riecht nach Pommes. Selbst
Menschen, die sie sonst nie essen, bekommen im Schwimmbad Hunger
darauf. Kinder holen sich tropfnass und bibbernd eine Portion. Die
kommt klassischerweise in einer Pappschale, rot-weiß mit Piksern.
Im Idealfall: Man hat dafür nicht zu lange angestanden, die
Pommes sind außen kross und innen weich. Ein Essen, das man sich
halbnackt bestellt, mehr oder weniger gern auf dem Handtuch liegend
teilt, manchmal auch mit Ameisen. Kurz, Pommes im Freibad sind ein
echtes Sommerphänomen. Warum eigentlich?
Heinevetter: "Essen selber jeden Tag Pommes"
Nele Heinevetter kennt das Thema gut. Sie hat im Sommerbad im
Humboldthain im Berliner Wedding einen Imbiss, der gleichzeitig ein
Ort für Kunstausstellungen, Kinderworkshops und Performances ist. Der
Betrieb im Bad ist wegen der Corona-Einschränkungen gerade sehr
ruhig. Während die Kunsthistorikerin vom "Tropez" erzählt, vom Alltag
im Kiosk, von Kunst und Pommes, kommen Durchsagen mit Abstandsregeln
wie: "Überholen Sie ausschließlich am Beckenrand."
Warum müssen es Pommes sein? "Ich glaube, weil man von Kind auf
lernt, dass es zum Schwimmbadbesuch gehört", sagt Heinevetter. Es
fallen ihr noch andere Argumente ein, sich eine Portion zu bestellen:
"Pommes sind vegan" und "Pommes mit Salat sind ein super
Mittagessen". Ihr Tipp: Mal eine Portion mit einer Spalte Zitrone
versuchen.
Für viele ein Highlight bei Freibad-Besuch: Die Portion Pommes.Bild: imago images / Gottfried Czepluch
Im Imbiss gibt es frische Pommes im Sonnenblumenöl frittiert, die
kleine Schale für 2,50 Euro. Im Internet zeigt das "Tropez" diese
Saison auch passende Kunst: ein Videospiel, bei dem eine dänische
Künstlerin die Fritten in den Rachen wandern lässt. Heinevetter und
ihr Team haben das Ganze noch nicht über: "Wir essen selber jeden Tag
Pommes."
Pommes sind im Schwimmbad-Imbiss "Grundausstattung"
Gerade ist früher Mittag im Schwimmbad. Eine Mutter drückt einem
kleinen Mädchen eine große Portion in die Hand, zum Teilen mit den
anderen Kindern, statt eines Brötchens vom Bäcker. Für sie ist das
was Besonderes. "Sonst kriegen die das nicht."
Ähnliches erzählt Mathias Kaucha, einer der Betreiber des
Imbisses im Berliner Prinzenbad. Pommes sind dort "Grundausstattung".
Sie essen dort selbst Leute, die sie sonst nie essen. "Irgendwie
kommt der Sommerflair den Pommes zu Gute." Schwimmen mache hungrig.
Zu Spitzenzeiten wurden im Prinzenbad schon 2.000 bis 3.000 Portionen
am Tag verkauft.
Körper braucht Kohlehydrate und Salz
Matthias Oloew, Sprecher der Berliner Bäderbetriebe, sagt zum
Thema Pommes: "Das hat nicht so sehr mit dem Schwimmen, sondern etwas
mit dem Sommer zu tun." Es ist heiß, man schwitzt, der Körper hat
einen Bedarf nach Kohlehydraten und Salz, sagt Oloew. "Man hat einen
Appetit darauf." Pommes im Freibad, das sei seit den 50er Jahren in
Deutschland verbreitet.
Sind Pommes zu ungesund?
Eine Portion hat je nach Größe bis zu 490 Kalorien, ist auf der
Internetseite einer Fastfood-Kette zu lesen. Sie sind fettig und die
reine Sünde. Oder etwa nicht? Es gibt Stimmen, die sagen, man soll
das essen, worauf man Lust hat und was der Körper gut verträgt.
Andere sind da skeptisch. "Das ist schwierig, da etwas Gutes dran
zu finden", sagt der Ernährungsforscher Stefan Kabisch (Deutsches
Institut für Ernährungsforschung in Potsdam). "Man kann sich
definitiv etwas Gesünderes vorstellen." In Pommes stecken demnach zu
viel Salz, gesättigtes Fett und schnell-verdauliche Kohlenhydrate.
Die Kartoffeln sind als frittierter Snack zu sehr verarbeitet, um
noch richtig gesund zu sein.
Es ist laut Kabisch ein Essen, das ein kurzes Glücksgefühl
beschert, aber nicht lange satt macht. Vier oder fünf Mal im Jahr
Pommes, das findet Kabisch nicht so schlimm. Aber bei einmal die
Woche: Da kann es je nach Typ schon anders sein, mit Blick auf
Übergewicht oder drohenden Diabetes. Isst er selbst Pommes?
"Sporadisch".
Fernsehkoch: Pommes gehören zum Schwimmbad
Bei den Spitzenköchen gibt es durchaus eine Pro-Pommes-Fraktion:
Der aus dem Fernsehen bekannte Koch Alexander Herrmann hat im
bayerischen Wirsberg einen Schwimmbad-Kiosk. Das Waldschwimmbad kenne
er seit seiner Kindheit; den Kiosk zu übernehmen war "absolute
Herzenssache", heißt es in der Mitteilung Hermanns dazu. Sein
Urgroßvater habe damals die Talwiese verkauft, um 1955 überhaupt das
Schwimmbad zu ermöglichen. Deshalb heiße der Kiosk auch "Kiosk 1955".
Eine der häufigsten Jugend-Erinnerungen spiele im Freibad. So werden natürlich auch in Wirsberg Pommes
verkauft.
"Nie mehr war das Wetter besser, das Wasser klarer und das Leben schöner – und die knusprigen Pommes waren nie besser als auf der Wiese in der Sonne."
Alexander Hermann
(vdv/dpa)
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