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Liebe und Dating: Weiblicher Orgasmus – Ärzte geben Tipps

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"Hallo Höhepunkt, da bist du ja endlich!": Den Weg zum Orgasmus zu suchen, lohnt sich.Bild: iStockphoto / Giulio Fornasar
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Orgasm Gap: Ärztinnen geben Tipps, wie Frauen öfter zum Höhepunkt kommen

26.03.2023, 08:47
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Ein Klassiker aus dem Bettsport: Wenn er sich zufrieden und erschöpft in die Laken legt, ist sie so manches Mal noch gar nicht "fertig". Schade eigentlich.

Denn während viele Männer beim heterosexuellen Geschlechtsverkehr regelmäßig einen Höhepunkt erleben (86 Prozent), sieht es bei ihren Partnerinnen oft ganz anders aus (62 Prozent, Studie von 2018). Frauen "kommen" auch heute noch seltener als Männer, zumindest beim partnerschaftlichen Geschlechtsverkehr. Als "Orgasm Gap" wird dieser Umstand bezeichnet – die Orgasmuslücke.

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Ein bisschen enttäuschend kann es schon sein, so ganz ohne Orgasmus den Sex zu beenden.Bild: Getty Images/iStockphoto / tommaso79

Über die Hintergründe haben wir bereits berichtet. Doch in der Praxis stellt sich vor allem die Frage: Wie lässt sich diese Lücke schließen? Gynäkologin Mandy Mangler und Urologin Sabine Brookman-May sind Mitglieder des medizinischen Beirats bei der Frauengesundheitsplattform MySummer und dem Medical Board von Wellster Healthtech.

Für watson geben die beiden Professorinnen Tipps, wie Frauen öfter zum Höhepunkt kommen.

Die Vulva kennenlernen

"Mein erster und wichtigster Tipp", sagt Mandy Mangler, "Lerne Dich selbst kennen!" Das Gute ist, dass jede das wichtigste Anschauungsmaterial mit sich herumträgt. Sie rät:

"Hol Dir einen Spiegel: Was siehst Du von außen? Und genauso essenziell: Was verbirgt sich im Inneren? Zum Beispiel die Klitoris."

Weiter geht es mit simpler Aufklärung durch aktuelle Bilder und Texte zum Aufbau der weiblichen Sexualorgane. Denn ein Großteil der Klitoris ist beispielsweise von außen gar nicht sichtbar, sie ragt noch etwa neun Zentimeter in den Körper hinein. Das ist wichtig zu wissen, um zu verstehen, wo die Lust herkommt.

"Wir müssen wegkommen von der Illusion, dass die Vagina unser Sexualorgan ist. Ganz wichtig für alle Menschen mit Vulva: Deine Vulva und Deine Klitoris sind Deine Sexualorgane", erklärt die Gynäkologin.

Lass die Penetration aus

Um herauszufinden, wie der eigene Orgasmus entsteht, ist Selbstbefriedigung der einfachste Weg. "Berühre deine Vulva und Klitoris", rät Mandy Mangler weiter. "Probier alles, was Du gelernt hast, im Anschluss mit einem Partner oder einer Partnerin aus."

Dabei geht es nicht darum, dem Gegenüber eine Anleitung zu geben, sondern sich gemeinsam auf lustmachende Berührungen einzulassen. Das zu kommunizieren, ist nicht immer leicht. Sabine Brookman-May ergänzt daher: "Ganz entscheidend: Sich fallen lassen können, dem Partner oder der Partnerin vertrauen und keinen Leistungsdruck aufbauen."

Dabei hilft es, im Hinterkopf zu behalten, dass Orgasmen zwar cool sind, "aber auch die Erregungsphase, das Sich-Aufeinander-Einlassen kann schön sein, ohne dass es jedes Mal zum Höhepunkt kommt", sagt die Urologin.

"Jede Frau ist prinzipiell orgasmusfähig."
Gynäkologin Mandy Mangler

Die Lektion, die dadurch gelernt werden soll? Sex ist nicht gleich Penetration. "Kommuniziert miteinander, werdet kreativ: Wie könnt ihr Vulva und Klitoris anderweitig lustvoll einbauen?", sagt Mandy Mangler. Sie ergänzt:

"Ich kann es nicht oft genug sagen: Die Vagina hat nicht viel mit unserem sexuellen Erleben zu tun. Das Äquivalent zum Penis ist die Klitoris."

Nicht aufgeben

Wenn der Höhepunkt dennoch in weiter Ferne liegt, muss Frau nicht verzweifeln, berichtet die Gynäkologin weiter: "Das kann man trainieren, so wie ganz viele andere Sachen auch." Es gäbe zwar nicht "das eine Wundermittel", aber es helfe auf jeden Fall, sich mit dem eigenen Körper und seiner Lust immer weiter vertraut zu machen. "Und eine gut trainierte Beckenbodenmuskulatur schadet natürlich auch nicht", sagt Mangler.

"Es gibt tolle Online-Tutorials, die darüber aufklären, wie sich die Vulva stimulieren lässt oder welche Penetration besonders angenehm sein kann", ergänzt Sabine Brookman-May. Das kann Inspiration für das eigene Sexleben liefern. Sie ist sicher: Umso besser der eigene Körper kennengelernt wurde, umso klarer kann kommuniziert werden, was gefällt und was nicht.

Beziehe alle Sinne ein

Wenn der Weg zum Höhepunkt klar ist, gibt es sogar Möglichkeiten, den Orgasmus zu intensivieren, sagt Mandy Mangler: "Indem man Klitoris und Vulva maximal und lange stimuliert und einfach eine schöne Zeit hat."

Interracial couple hugging each other while standing near window. African man embracing his caucasian girlfriend at home.
Sich voll und ganz geborgen zu fühlen, ist schon ein guter Start.Bild: iStockphoto / jacoblund

Oft wird unterschätzt, wie viel Orgasmen auch mit allen anderen Sinnen, neben der Berührung des Sexualorgans, zu tun haben. Wie entspannt ist das Setting? Wie scharf sind die Partner:innen aufeinander? Wie gut geht es einem insgesamt? "Sex ist Spiel", so die Gynäkologin. Die beste Technik aus ihrer Sicht: "Sehr viel Stimulation, in Kombination mit sehr viel Lust auf den Sexualakt, den man gerade durchführt."

Was als intensiver Orgasmus empfunden wird, ist subjektiv. "Finde heraus, was die Intensität eines Orgasmus für Dich ausmacht: die Anzahl der Orgasmen, die Stärke der vaginalen und klitoralen Kontraktionen, der gleichzeitige Orgasmus mit deinem Partner oder deiner Partnerin? Die Fragen kann nur jede:r für sich selbst beantworten", sagt Sabine Brookman-May.

Atem und Beckenboden

Rein technisch betrachtet gibt es ebenfalls Hilfsmittel. "Ein starker Beckenboden und das Wissen darüber, welche Muskeln man während des Sex so anspannt, dass man besser zum Orgasmus kommt oder diesen verstärkt, hilft enorm", erläutert die Urologin weiter. Sie warnt aber auch:

"Ist der Beckenboden zu stark angespannt, kann auch das Gegenteil passieren und die Intensität ist deutlich geringer."

Ihre Kollegin Mangler ergänzt: "Natürlich kann Beckenbodentraining helfen", es gäbe aber auch "bestimmte Atemtechniken, die die Orgasmuswellen verlängern".

Ausprobieren, sich Zeit lassen und sich kennenlernen, lautet die Devise also. Irgendwann wird er "kommen", der Höhepunkt. "Jede Frau ist prinzipiell orgasmusfähig", ist Mandy Mangler überzeugt. Man muss eben nur wissen, wie.

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