Leben
Vor Ort

Coronavirus – Großer Andrang an Impfstationen: Wer sich jetzt warum impfen lässt

Zahlreiche Menschen stehen in einer Schlange am Ringcenter, um sich in der neuen Impfstelle des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB) gegen das Coronavirus impfen zu lassen.
Die Nachfrage nach Booster-Terminen ist derzeit sehr hoch. Bild: dpa / Paul Zinken
Vor Ort

Großer Andrang an Impfstationen: Wer sich jetzt warum impfen lässt

01.12.2021, 09:34
Mehr «Leben»

Nun, wo die Booster-Impfung nicht nur für alle empfohlen wird, sondern auch die Frist von sechs auf fünf Monate gesenkt wurde, steigt die Nachfrage rapide. Man fühlt sich ein bisschen in den April zurückversetzt: Gespräche über den Booster-Termin gehören ebenso zum Small-Talk-Standard wie das Anschreiben der Hausärzte und ständige Checken der Website von Impfzentren auf der Suche nach freien Terminen. Dazu der stille Neid auf alle, die bereits einen Booster ergattern konnten.

Die Nachfrage nach Impfterminen ist hoch: Noch vor zwei Wochen war es ein Leichtes, im Impfzentrum oder vom Hausarzt geimpft oder geboostert zu werden. In vielen Impfzentren, beispielsweise in Bayern, konnten die Menschen spontan vorbeifahren und sich sofort impfen lassen. Inzwischen sieht die Lage anders aus. Die erhofften Termine sind längst nicht mehr bei jedem Hausarzt zu bekommen.

Anstehmarathon statt Walk-in-Impfung

Auch in den Berliner Impfzentren, die als einige der wenigen Zentren bundesweit nicht geschlossen wurden, sind Termine im Moment nur mit Glück zu bekommen. Nämlich dann, wenn gerade im Online-Buchungssystem ein Termin wegen Absage freigeworden ist. Im Berliner Termin-Dashboard, wo nachzulesen ist, wie es um die aktuelle Auslastung der Impfzentren bestellt ist und ob eine Spontanimpfung ohne Termin möglich ist, zeigt das Ampelsystem meist gelb oder rot an. Die Walk-In-Impfung ist zum Anstehmarathon geworden. Wer sich derzeit bei spontanen Impfaktionen oder auch ohne Termin beim Impfzentrum um einen Booster bemüht, braucht viel Zeit und Geduld zum Schlange stehen.

So auch beim mobilen Impfangebot in der Fuldastraße, Berlin-Neukölln: Pünktlich zum Beginn der Impfaktion der Malteserwerke steht eine rund 200 Meter lange Schlange vor dem roten Impfbus. Aber wer lässt sich hier überhaupt impfen? Und warum? Sind es bekehrte Erstimpflinge oder hauptsächlich Booster-Kandidaten? Watson hat vor Ort, beim Impfbus und vor dem Impfzentrum nachgefragt.

Der rote Impfbus in Neukölln ist nicht zu übersehen.
Der rote Impfbus in Neukölln ist nicht zu übersehen.Bild: watson
Das Ende der Schlange: Den Impfbus am Ende der Straße kann man nur noch als roten Punkt zwischen den Bäumen erkennen.
Das Ende der Schlange: Den Impfbus am Ende der Straße kann man nur noch als roten Punkt zwischen den Bäumen erkennen.Bild: watson

Vanessa L. und Tina K. (Namen von d. Red. geändert) warten schon seit einer Stunde auf ihre Auffrischungsimpfung. Obwohl der Impfbus der Malteser erst ab 13 Uhr zur Impfung bereit steht, waren sie schon um 12 Uhr zur Stelle – um einen Booster zu ergattern. "Ich bin vor fünf Monaten vollständig geimpft worden und hole mir jetzt meinen Booster hier beim Impfbus ab. Woanders habe ich keinen Impftermin bekommen", so Tina. Nach unserem Gespräch ist die Schlange bereits bis um die nächste Straßenecke angewachsen. Die Reihe der Wartenden ist bunt gemischt: alt, jung, männlich, weiblich und sehr international. Sie alle wollen möglichst schnell eine Impfung und sind dafür bereit, lange Wartezeiten auf sich zu nehmen.

Mobiler Einsatz mit Risiken

Drei bis vier Standorte fahren die Impfbusse des Malteser Hilfsdienstes derzeit täglich in Berlin an. Die mobilen Impfteams bestehen aus einem Arzt, einem Pharmazeuten und drei Malteser-Mitarbeitenden, die für die Betreuung der zu impfenden Person und digitale Dokumentation des Impfprozesses zuständig sind. Doch für das Personal kann dieser Einsatz auch unangenehm werden – nicht nur, wenn die Ungeduld der Wartenden erschöpft ist, sondern auch, wenn Impfgegner an Ort und Stelle auftauchen. Dies zeigt der Tweet eines Impfbus-Teammitglieds .

Seit Oktober können sich Berliner und Berlinerinnen ab zwölf Jahren in einem Impfbus der Berliner Hilfsorganisationen mit Biontech impfen lassen. "Die Nachfrage nach den Impfungen an den Bussen ist zurzeit enorm und übersteigt deutlich das Angebot", sagt die Sprecherin des Malteser Hilfswerks auf Anfrage von watson. Die überwiegende Mehrheit komme zu Auffrischungsimpfungen, doch ab und zu werde auch eine Erst- oder Zweitimpfung nachgefragt. Pro Stunde könne ein Bus circa 120 Menschen impfen.

"Nachdem ich über eineinhalb Stunden in der Kälte mit meiner kleinen Tochter gewartet hatte, war der Impfstoff alle."
Paula, 34, Lehrerin gegenüber watson

Wegen der explosionsartig ansteigenden Nachfrage müssten die Menschen, die sich spontan ohne Termin über die Impfbusse impfen lassen wollen, unter Umständen mit stundenlangen Wartezeiten rechnen. "Dafür haben nicht alle Wartenden Verständnis. Das ist für unsere Mitarbeiter draußen vor dem Impfzentrum, aber auch vor den Impfbussen eine belastende Situation, denn sie geben alles, um so vielen Menschen wie möglich pro Tag die Impfung zu ermöglichen", so die Malteser-Sprecherin gegenüber watson. Momentan seien es bis zu 4.000 Menschen täglich, die alleine im Impfzentrum Messe, das ebenfalls vom Hilfswerk betrieben wird, geimpft werden.

Mehr Impfaktionen an Schulen gefordert

Auch Paula (Name v. d. Red. geändert) kommt vom Impfen: Mit ihrer zweijährigen Tochter an der Hand verlässt die 34-Jährige gerade die neu eingerichtete Impfstation an der Frankfurter Allee in Berlin-Friedrichshain. Sie erzählt gegenüber watson:

"Ich habe erst versucht, beim Impfbus einen Booster zu ergattern. Aber nachdem ich über eineinhalb Stunden in der Kälte mit meiner kleinen Tochter gewartet hatte, war der Impfstoff alle. Deshalb bin ich jetzt hier zur Impfstation gekommen."

Doch als sie an der Impfstation ankam, war die Schlange bereits wieder hunderte Meter lang – sie war die Letzte, die sich noch anstellen durfte. Da ihre Tochter wieder mit dabei war, habe sie versucht, mit dem Personal zu sprechen, ob sie nicht etwas weiter nach vorne dürfe. "Die Antwort fiel pampig aus: 'Hier warten alle' ", so die Mutter. Doch sie habe nicht locker gelassen und sich bis zum Arzt durchgefragt, um ihre Situation erklären: "Ich bin alleinerziehende Mutter mit einem kleinen Kind und außerdem Lehrerin, ich habe einfach keine Kapazitäten, um stundenlang zu warten, um eine Booster-Impfung zu bekommen", sagt sie zu watson.

Dabei sei ihr eine Auffrischungsimpfung unglaublich wichtig: "Ich bin den ganzen Tag von Schülern und Schülerinnen umgeben, die ungeimpft sind und teilweise die Maske nicht richtig tragen. Ich meine, das sind halt Kinder, das passiert, aber ich möchte mich so gut wie möglich schützen", sagt Paula. Sie ist generell unzufrieden über die lasche Impfkampagne für Jugendliche. "Ich verstehe nicht, warum es nicht mehr Impfaktionen an Schulen gibt oder standardmäßig Impferlaubnis-Bögen für die Kinder an ihre Eltern verteilt werden."

Mancherorts wird spontan geimpft

Einen schnelleren Weg zur Impfung hat eine Berliner Hausarztpraxis in Friedrichshain gefunden. Hier wird ohne lange Wartezeit "To- go" spontan eine Booster-Impfung aus dem Fenster verabreicht – ganz ohne Termin. Die Bürger finden das toll: "Das sieht wirklich zügig aus, was die hier machen. Da müssen wir bestimmt nicht lange warten", dachten sich Sebastian und seine Frau Ricarda. Sie wohnen nicht weit entfernt von der Praxis und hatten vom Impfangebot von Freunden erfahren. "Das ist ein wirklich tolles Angebot. Wenn es das öfter gäbe, wären wir schon lange durchgeboostert", sagt der 44-Jährige dem Nachrichtenportal t-online.

Urlaub: Zu früh aufstehen nach Landung – Flugbegleiter droht mit hoher Strafe

Die Schuhe im Zug ausziehen oder einen Döner im Bus essen. Es gibt viele schlechte Angewohnheiten, die in öffentlichen Verkehrsmitteln verpönt und manchmal sogar verboten sind.

Zur Story