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Hygiene-Mythos: Ist der Handtrockner in öffentlichen Toiletten eine Keimschleuder?

Für viele ist der elektrische Handtrockner der Inbegriff einer Keimschleuder – zu Recht?
Für viele ist der elektrische Handtrockner der Inbegriff einer Keimschleuder – zu Recht?Bild: iStock / Getty Images Plus / vlada_maestro

Mythen aufgedeckt! Ist der Handtrockner eine Keimschleuder?

18.02.2020, 08:04
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Bei einer Frage wird das stille Örtchen schnell zum Ort lauter Diskussion: Drucklufthandtrockner, Papier oder Warmlufttrockner? Letztere blasen meist mit so wenig Kraft, dass das Händetrocknen zur Lebensaufgabe wird. Papier ist oft aus oder es meldet sich das Öko-Gewissen.

Und Drucklufthandtrockner, die sind unhygienisch und eklig. Das hast du zumindest mal irgendwo gelesen oder gehört.

Doch stimmt es wirklich, dass der Drucklufthandtrockner eine Keimschleuder ist, von dem du besser die Finger lassen solltest?

Die Antwort: Ja. Aber es gibt noch ein größeres Problem auf dem stillen Örtchen als die Art des Händetrocknens.

Schmutzige Forschung für's saubere Händetrocknen

In den letzten Jahren haben sich zahlreiche Studien mit Drucklufthandtrocknern und ihren Konkurrenten befasst, um herauszufinden, welche Form des Händetrocknens am hygienischten ist. Die Ergebnisse fallen je nach Studie unterschiedlich aus.

Das Problem ist, dass diese nicht rein wissenschaftliche, sondern vor allem auch wirtschaftliche Interessen verfolgten. An fast allen Studien waren Hersteller von Papierhandtüchern oder elektrischen Handtrocknern beteiligt.

"Im Kampf der Hygiene-Industrie um Marktanteile machen sich offenbar einige Forscher die Finger schmutzig."
Journalistin Stefanie Kara"zeit"
Überblick über einige Studien
  • 2005 wurde die erste TÜV-Studie vom Verband Deutscher Papierfabriken (Zellstoffindustrie) in Auftag gegeben. Ergebnis: Mit Papierhandtüchern verringert sich die Zahl der Bakterien auf der Haut um 24 Prozent. Warmlufttrockner erhöhen sie um 117 Prozent.
  • Das lies Dyson, Marktführer für Warmlufttrockner, nicht auf sich sitzen. Er beauftragt die Royal Society for Public Health 2008 mit einer Studie, deren wenig überraschendes Ergebnis lautete: Drucklufthandtrockner entfernen 99,9 Prozent der Bakterien auf Händen.
  • 2010 ergab eine weitere Studie, dass elektrische Handtrockner die Keimzahl in der Luft erhöhen und ein Hygienerisiko darstellen. Papierhandtücher hingegen verringern die Keimdichte. Interessant an der Studie: Sie wurde vom "Berufsverband der Produzenten für Papierhandtücher" finanziert.
  • 2011 legt Dyson erneut nach und gab beim Massachusetts Institute of Technology (MIT) eine Ökobilanzstudie in Auftrag. Sie zeigte, dass Drucklufthandtrockner im Vergleich zu Papierspendern deutlich nachhaltiger sind und damit vermeintlich gesünder für den Menschen. Um Hygiene ging es dabei nicht wirklich.

Wer auf Nummer sicher gehen will, greift zu Papier

In den folgenden Jahren erschien eine Vielzahl an weiteren Studien, deren Ergebnisse für Handlufttrockner negativ ausfielen.

Der Tenor: Durch den Luftstrom elektrischer Handtrockner werden Bakterien und Viren großflächig in die Luft geblasen und über den Raum verteilt. Somit erhöhen sie Infektionsrisiken.

"Jeder Mikrobiologe weiß, dass man Verschmutzungen verbreitet, wenn man Luft bewegt, und damit Ansteckungsrisiken erhöht."
Mikrobiologe Keith RedwayWdr

Eine Studien aus 2015, durchgeführt an der University of Westminster von Mikrobiologe Keith Redway, zeigte: Besonders viele Keime werden durch Hochgeschwindigkeitsgeräte (Jetstreams) verteilt. Sie erzeugen einen Luftstrom von über 600 Kilometern pro Stunde.

In Räumen mit diesen Jetstreams befanden sich 1300 Mal so viele Viruspartikel wie in Räumen mit Papiertüchern und über 60 Mal so viele wie in Toilettenräumen mit Warmluft-Händetrocknern. Gerade für Kinder, deren Gesicht sich häufig auf Höhe der elektrischen Trockner befindet, seien die Geräte ein Gesundheitsrisiko.

Warum ist es wichtig, sich die Hände abzutrocknen?

Auf öffentlichen Toiletten begegnen einem auch immer wieder Menschen, für die sich die Frage "Papier oder Handtrockner?" gar nicht erst stellt. Sie wischen ihre Hände kurz an der Hose ab oder verzichten aufs Abtrocknen.

"In einer feuchten Umgebung können sich Mikroorganismen besser halten und vermehren."

Dabei ist das gründliche Abtrocknen nach dem Händewaschen wichtig, um sich restlos von feuchtigkeitsliebenden Keimen zu befreien. Außerdem sorgt die Reibung für zusätzliche Sauberkeit. Deshalb ist das sorgfältige Trocknen laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) "fester Bestandteil zum wirksamen Händewaschen". Sie empfiehlt auf ihrer Website, dabei Papiertücher zu nutzen.

Abtrocknen? Lasst uns lieber mal über's Händewaschen sprechen

Während die Diskussionen um Drucklufthandtrocknern nicht abreißen und wahrscheinlich weiter Geld in Studien fließen wird, stellt sich eine Frage: Warum reden wir nicht über's Händewaschen? Denn hier liegt das eigentliche Problem.

Laut Untersuchungen der SRH Hochschule Heidelberg waschen sich nur acht Prozent der Menschen die Hände richtig. Richtig heißt: So, wie es die BZgA empfiehlt, um Krankheitserreger loszuwerden. Wären hier alle etwas gründlicher, wäre die Keimbelastung auf öffentlichen Toiletten deutlich geringer – Drucklufthandtrocknern hin oder her.

Richtig Hände waschen – so geht's
Die BZgA empfiehlt: Hände unter fließendes Wasser halten und rundum mit genug Reibung einseifen, das heißt Handinnenflächen, Handrücken, Daumen, Fingerzwischenräume, Fingerspitzen und Fingernägel. Insgesamt dauert gründliches Händewaschen 20 bis 30 Sekunden. Tipp: In 20 Sekunden schafft man es knapp zweimal, den Happy-Birthday-Song zu summen. Anschließen den Wasserhahn, vor allem auf öffentlichen Toiletten, mit dem Ellenbogen oder einem Tuch schließen. Zum Schluss sorgfältig Abtrocknen, um letzte Keime zu entfernen.
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