Mehr Geld, um in den Urlaub zu fahren, sich neue Schuhe kaufen oder einfach um zu sparen. Mehr Geld für unsere Arbeit bekommen klingt erst einmal gut. Danach fragen weniger: Kaum jemand geht wohl gerne in Gehaltsverhandlungen.
Hast du dich dann überwunden, deinen Vorgesetzten um eine Lohnerhöhung zu bitten, passiert im schlimmsten Fall: nichts. Oder du bekommst nur einen Bruchteil der Erhöhung, die du dir vorgestellt hast. Und das liegt möglicherweise nicht daran, dass dein Chef nicht mehr zahlen kann. Sondern daran, dass du dich ungeschickt angestellt hast.
Es gibt typische Fehler in Gehaltsverhandlungen, die wahrscheinlich nicht nur du, sondern wir alle machen. Welche es sind und wie du sie vermeiden kannst – darüber hat watson mit Berater und Coach Jochen Mai von der Job-Plattform "Karrierebibel" gesprochen.
Das klingt vielleicht eigenartig – aber du solltest keine großen, runden Summen als Gehaltswunsch nennen, um deine Vorstellung durchzusetzen. Stattdessen rät Mai, eine extrem konkrete Zahl zu nennen. Bis auf die Zehnerstelle heruntergebrochen. Dahinter verbirgt sich ein kleiner psychologischer Trick:
Das macht Eindruck beim Vorgesetzten. Auch wird er dich wahrscheinlich nicht mehr großzügig herunterhandeln. "Wenn Sie 4000 Euro als Gehaltsvorstellung nennen, landen Sie schnell bei 3000", sagt Mai. "Bei 3720 Euro wird das nicht so schnell passieren."
Wenn du zu viel Gehalt verlangst, kann das schnell frech wirken. Die Frage, die dich nun sicherlich quält, ist: Wie viel mehr Lohn darfst du von deinem Chef eigentlich verlangen? Mai sagt gegenüber watson:
Beim Jobwechsel kann auch schon mal mehr drin sein, fährt Mai fort. Gerade, wenn du in eine höhere Position wechselst oder das Unternehmen größer ist, kannst du deutlich mehr Geld aushandeln.
Begründen solltest du deine Gehaltsvorstellung aber immer mit deiner Qualifikation, Leistung und den Aufgaben, die du übernimmst. Als Berufseinsteiger wirst du zum Beispiel nicht mit dem Gehalt von jemandem rechnen können, der schon seit zehn Jahren im Rennen ist.
"Viele Arbeitnehmer kennen ihren eigenen Marktwert nicht", sagt Mai. Um zu wissen, wie viel dein Arbeitstalent auf dem Markt wert ist, reicht keine oberflächliche Recherche. Wenn du dein Gehalt erhöhen willst, solltest du deinem Chef beweisen: Du kennst nicht nur deine Qualität, sondern auch den Markt gut.
Mai rät, dass du im ersten Schritt Gehaltstabellen im Internet studierst. Manche Karriereportale bieten auch einen kostenlosen Gehaltscheck an und verraten dir, wie viel deine Arbeit wert ist. Weiterhin sagt Mai:
Je mehr Informationen du über deinen Beruf und die Branche sammelst, umso höher sind die Chancen, dass du in der Gehaltsverhandlung punktest.
Selbst, wenn du weißt, dass du beispielsweise in der Automobil- oder Tech-Branche viel verdienen kannst: Die Gehälter können zwischen Unternehmen einer Branche stark variieren. Das solltest du mit bedenken, bevor deinen Chef um eine Lohnerhöhung bittest.
Dass du in einem Betrieb mit fünf Mitarbeitern wahrscheinlich weniger verdienst als bei einem Großkonzern, ist logisch. Mai betont im Interview, dass du auch die Region mit einberechnen solltest, in der sich dein Arbeitgeber befindet. Selbst innerhalb von Deutschland gibt es Gehaltsgefälle: "In Westdeutschland verdienen Sie üblicherweise mehr als in Ostdeutschland."
Gerade, wenn du vom Osten in den Westen ziehst oder vom Land in die Großstadt, um dort einen neuen Job zu beginnen, kannst du etwas großzügiger verhandeln.
Mai weiß: Du solltest deinen Chef auf keinen Fall um eine Gehaltserhöhung bitten, wenn du gerade ein Projekt in den Sand gesetzt hast – egal, wie sehr du dich angestrengt hast:
Der Karriere-Experte weiß: Für eine Gehaltsverhandlung ist das Timing entscheidend. Ein schlechter Zeitpunkt ist, wenn du gerade einen großen Fehler gemacht hast oder in einem Projekt versagst.
Auch solltest du nicht nach mehr Gehalt fragen, wenn dein Chef gerade eher den Sparkurs fahren muss:
Ein guter Zeitpunkt zur Gehaltsverhandlung ist laut Mai kurz vor Abschluss eines erfolgreichen Projekts. "Der Chef weiß zu diesem Zeitpunkt, dass er Sie noch braucht, um das Projekt abzuschließen", sagt Mai. Wichtig dabei ist, dass der Erfolg des Projekts sich auch tatsächlich schon abzeichnet. Das ist die ideale Gelegenheit, um deinem Chef vor Augen zu führen, wie viel du ihm eigentlich wert sein solltest.