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LGBTQ: Warum ist James Bond nicht schwul?

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Warum landet Bond nie mit Männern im Bett? Und 3 weitere Fragen zu Hollywood und LGBTQ

04.08.2018, 12:52
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Im aktuellen Jurassic-World-Film gibt es eine lesbische Figur. Falls du den Film gesehen hast und dich nun fragst, ob du irgendwas übersehen hast: Hast du nicht, denn die Szene, die die sexuelle Orientierung der Forscherin Zia Rodriguez offenbaren würde, wurde rausgeschnitten.

Daniella Pineda, die Zia spielt, hat das vor Kurzem in einem Interview erzählt. Der Film sei zunächst 40 Minuten zu lang gewesen und weil die Szene für die Handlung komplett unwichtig gewesen wäre, sei sie rausgeflogen. Pineda beschrieb die Szene so:

"Ich schaue Chris [Pratt] an und sag' so: 'Ja, kantiger Kiefer, guter Körperbau, groß, Muskeln. Ich date keine Männer, aber würde ich es tun, wärst du es. Es würde mich anekeln, aber ich würde es tun.' Ich liebe es, dass ich Chris Pratt anschaue, den heißesten Mann der Welt, und sage 'Es würde mich anekeln, aber ich würde es tun.' Es war cool, weil es Einblick in meinen Charakter gab. Aber sie haben es rausgeschnitten."

So sieht es also aus, wenn Hollywood in einem Blockbuster ein LGBTQ-Statement machen will. Netter Versuch. Er steht symptomatisch für ein auffälliges Problem: Hollywood bekommt es nicht auf die Reihe, LGTBQ-Charaktere vernünftig in Filmen zu platzieren.

Ein Bericht der US-Organisation "Gay and Lesbian Alliance Against Defamation" zeigt, dass in 2017 nur 12,8 Prozent aller Hollywood-Filme LGBTQ-inklusiv waren. Dies ist die niedrigste Zahl seit 2012. Und wie es scheint: Je höher das Budget, desto größer die Angst vor LGBTQ-Figuren (Guardian).

Hier kommen 4 Beispiele, die zeigen, dass Hollywood und ganz besonders das Blockbuster-Segment mit Queers nicht umgehen kann – und ein paar Vorschläge, wie es besser laufen könnte:

Irgendwo am Rande wird mal kurz erwähnt, dass eine Nebenfigur queer ist.

Bleiben wir kurz beim Jurassic-World-Beispiel. Selbst wenn es die Szene in den Film geschafft hätte, wäre sie doch ziemlich erbärmlich. Inhaltlich ist es kein Wunder, dass sie rausgeflogen ist. Sie wirkt, als wollten sich die Drehbuchautoren fix mit einem lesbischen Charakter schmücken, um fortschrittlich zu wirken. Aber sie sollte auch nicht zu viel Platz in der Handlung einnehmen – schließlich ist das ja ein Action-Film über Dinos und kein Familiendrama.

Gegenvorschlag: Den obligatorischen Filmkuss einfach mal zwischen zwei männlichen Hauptdarstellern stattfinden lassen. Nicht weiter drüber reden. Weitermachen. Dankeschön.

Könnte easy mit zwei Männern oder zwei Frauen funktionieren:

Eine Rolle ist queer. Aber erst hinterher.

Ein beliebtes Mittel, um einen Charakter nachträglich aufzupeppen: Wenn alles fertig gedreht ist, noch die Bemerkung hinterherwerfen, dass XY schwul/lesbisch/bi/pansexuell ist. 

Lando Calrissian in Star Wars zum Beispiel:

Video: watson/Lia Haubner, Marius Notter

Da stellt sich doch die Frage: Warum erst anschließend darüber sprechen und es nicht schon im Film thematisieren?

So lief es auch mit der sexuellen Orientierung von Hogwarts-Schuldirektor Albus Dumbledore. In den "Fantastic Beasts"-Filmen deute sich an, dass Dumbledore in einen anderen Zauberer verliebt sei, sagte Regisseur David Yates. Den Fans sei das schon klar, aber man zeige es eben nicht explizit.

Wieso nicht? Darauf gibt es keine Antwort. Aber es sollen ja weitere Filme folgen. Vielleicht trauen sich die Macher dann.

Der "Vito Russo Test" zeigt dir, ob ein LGBTQ-Charakter in einem Film angemessen repräsentiert ist:
- Der Film beinhaltet einen Charakter, der als lesbisch, schwul, bisexuell und/oder transgender identifizierbar ist.
- Der Charakter darf nicht einzig und allein oder überwiegend durch seine sexuelle Orientierung definiert sein
- Der LGBTQ-Charakter muss so in die Handlung eingebunden sein, dass sein Wegfall einen spürbaren Effekt hätte. Heißt: Der Charakter soll nicht nur da sein, um bunte Kommentare abzulassen, den Film also zu schmücken. Der Charakter sollte bedeutsam sein.

Queer sind die Kaputten.

Homo-, bi- oder transsexuelle Figuren tauchen häufig als Kuriosum in großen Produktionen auf. In James Bond – Skyfall spielt Javier Bardem einen ausgedienten britischen Geheimagenten, der in Gefangenschaft zurückgelassen wird. Er will sich mit Blausäure umbringen, geht aber schief und sein Gesicht wird entstellt. Getrieben von wahnsinniger Wut und Rachegelüsten lanciert er einen massiven Angriff auf den britischen Geheimdienst.

Im Film deutet sich an, dass der Agent bisexuell ist. Die Szene dazu ist relativ schmierig: Daniel Craig als James Bond sitzt gefesselt und unbeweglich auf einem Stuhl, während Bardem ihm langsam das Hemd aufknöpft und über die vernarbte Brust streicht. Der Bösewicht witzelt dann, dass er es in Bonds Kopf rattern sehen kann, was wohl das Protokoll für eine Situation ist, in der Bond zum ersten Mal von einem Mann angebaggert wird.

Das ist die Szene:

Bond kontert: "Warum glaubst du, es sei mein erstes Mal?" Haha, lustig, alle lachen! 

Warum sehen wir Bond dann nie im Bett mit einem Mann? Warum ist stattdessen der psychisch verkorkste und offensichtlich wahnsinnige Bösewicht des Films der bisexuelle Charakter? Was soll uns das sagen? "Ach. Der ist sowieso schon komplett durch, da bauen wir auch noch Bisexualität ein, passt!"

Cooler wäre, wenn die beiden in der Kiste gelandet wären und Bond hätte erst anschließend gemerkt, dass er gerade mit seinem Gegenspieler geschlafen hat. Wie oft hat James Bond schließlich schon was mit einer Frau gehabt, die sich später als Gegnerin herausstellte?

Queere Charaktere werden eigentlich immer von Heteros gespielt. Aber nicht umgekehrt.

Erst neulich hat sich Scarlett Johansson einen Shitstorm eingefangen, weil sie eine Trans-Rolle in einem Film übernehmen sollte und uneinsichtig reagierte, als es Vorwürfe hagelte.

Der Punkt ist nicht, dass heterosexuelle Schauspieler keine Trans-Charaktere spielen sollen. Wenn sie das gut machen – wieso nicht? Im Gegenzug sollten Trans-Schauspieler aber auch eine Chance haben, heterosexuelle Rollen zu spielen. In der Realität passiert das aber nur allzu selten.

Liebes Hollywood, es ist 2018.

Manch einer mag nun argumentieren, dass es doch toll ist, dass überhaupt queere Figuren in den Filmen stattfinden. Ja, schon. Doch solange ihre Orientierung nicht genauso offen behandelt wird, wie heterosexuelle Beziehungen, solange LGBTQ-Figuren nicht mehr als Accessoires oder Skurrilitäten sind, wird die Queer-Community weiter diskriminiert.

Und dass es Hollywood ist und all das eher subtil, macht es nicht besser. Dieses heimliche Herumhuschen um das Thema wird noch einigen Generationen von bi-, homo- und transsexuellen Menschen vermitteln: Okay, du darfst mitspielen, aber gleichberechtigt bist du nicht.

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