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Fusion in Gefahr – Festival-Veranstalter streiten sich mit der Polizei

Ferienkommunismus kaputt? Die Fusion-Veranstalter kämpfen gegen Auflagen der Behörden.
Ferienkommunismus kaputt? Die Fusion-Veranstalter kämpfen gegen Auflagen der Behörden.Bild: imago stock&people
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Fusion-Festival in Gefahr – Veranstalter streiten sich mit der Polizei

06.05.2019, 16:53
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Die Fusion ist in Gefahr. Die Veranstalter des linksalternativen Festivals streiten sich schon seit Monaten mit den Behörden um Sicherheitsauflagen.

Größter Streitpunkt: Die Polizei will eine Wache auf dem Festivalgelände einrichten und Streifen auf dem Festival einsetzen. Die Veranstalter lehnen das ab und sagen: Das sei völlig unnötig, die Fusion sei eines der sichersten und entspanntesten Festivals der Republik. Um die Fusion zu retten haben sie nun eine Petition gestartet und setzen auf Unterstützung aus der Politik.

Darum geht es bei dem Streit:

Polizei und Landkreis haben die Organisatoren aufgefordert, Mängel im Konzept zu beheben und Kontrollen auf dem Gelände zuzulassen, wie Landrat Heiko Kärger (CDU) am Montag der Deutschen Presse-Agentur sagte. "Die Sicherheitsbelange für solch eine Großveranstaltung müssen erfüllt werden", sagte Kärger. Mehrere zehntausend Menschen werden zu dem Festival erwartet. Keiner wolle Probleme, wie es sie beim Love-Parade-Unglück mit 21 Toten 2010 in Duisburg gab.

Die Veranstalter vom Verein Kulturkosmos wollen das Event ab 26. Juni zwar stattfinden lassen, werfen dem Neubrandenburger Polizeipräsidium aber vor, das Festival mit überzogenen Forderungen ganz verhindern zu wollen. "Wir werden ausreichende Fluchtwege ausweisen und auch andere Auflagen erfüllen, wie in den Vorjahren", sagte Kulturkosmos-Sprecher Jonas Hänschel am Montag in Berlin. Die Polizei wolle aber eine Polizeiwache mitten auf dem Festivalgelände und zudem eine "anlasslose und verdachtsunabhängige Bestreifung durch uniformierte und verdeckte Polizeibeamte".

Das ist die Fusion:
Die Fusion findet seit 1997 statt und will eine Alternative zu den vielen kommerziellen Festivals sein. Die Veranstalter bezeichnen das Festival auch als "Ferienkommunismus". Neben Konzerten und vielen Dancefloors gibt es auf dem Festival immer auch diverse Kulturveranstaltungen, Lesungen und politische Vorträge und Diskussionen. Viele der Aufgaben, die während des Festivals anfallen, werden von ehrenamtlichen Helfern übernommen. Der Verein Kulturkosmos veranstaltet auf dem ehemaligen Militärflugplatz in Lärz in Mecklenburg-Vorpommern nicht nur die Fusion, sondern auch das Theaterfestival "at tension".
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Darum wollen die Fusion-Veranstalter keine Polizeistreifen:

Wegen der "Freiheit der Kunst und der freien Entfaltung der Gäste" lehne man dies ab, hieß es. Polizeistreifen würden von den Gästen als Einschüchterung aufgefasst, meinte Hänschel. "Damit werden Bürgerrechte eingeschränkt", sagte er. Bei echten Anlässen sei die Polizei in der Vergangenheit auch auf das Gelände des ehemaligen Militärflugplatzes gelassen worden.

So wollen die Veranstalter gegen die Auflagen vorgehen:

Stattfinden soll die Fusion laut Veranstaltern so oder so. Gegen die "überzogenen Polizei-Forderungen" wollen sie sich jedoch juristisch wehren. Schon seit Wochen würden sie mit anwaltlicher Hilfe mit den Behörden verhandeln. Sollte das weiterhin keinen Erfolg haben, wollen die Veranstalter vor Gericht ziehen, heißt es in einem Fusion-Newsletter, der am Sonntag verschickt wurde.

Für den Fall, dass auch die Gerichte die Position der Polizei teilen, und das Festival nur mit eigener Polizeiwache und Streifen stattfinden kann, kündigen die Veranstalter an:

"Die Mehrzahl der Fusionist:innen wird daher der geplanten Polizeipräsenz vermutlich mit Ablehnung begegnen und verschiedenste kreative Formen von friedlichem Protest dagegen setzen."
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So sicher ist es auf der Fusion:

Die Fusion-Veranstalter sagen, ihr Festival sei "abgesehen vielleicht vom Kirchentag [...] vermutlich die entspannteste, friedlichste und konfliktfreieste Großveranstaltung der ganzen Republik." Die angezeigten Gewaltdelikte hätten in den Jahren 2011 bis 2016 laut Polizeistatistik im Schnitt bei 2,5 Delikten pro Festival gelegen – bei zuletzt rund 70.000 Besuchern.

Um für Sicherheit zu sorgen, beschäftige die Fusion nicht nur einen professionellen Sicherheitsdienst, sondern setze insgesamt mehr als 10.000 Mitarbeiter und ehrenamtliche Helfer ein. Damit komme ein Mitarbeiter auf sieben Festivalgäste, was keine andere Großveranstaltung in der Bundesrepublik nur annähernd erreiche.

Der ehemalige Leiter der benachbarten Polizeidienststelle in Röbel sagte über das Festival einmal: "Hier feiern 60.000 Leute, und alles bleibt friedlich. Bei jedem Dorffest haben wir mehr Stress als bei diesem Festival."

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So wagt die Fusion den Schritt in die Öffentlichkeit

Normalerweise braucht die Fusion keine Öffentlichkeit. Das Festival ist jedes Jahr schon kurz nach dem Start des Ticketverkaufs im Dezember komplett ausverkauft. Werbung gibt es keine, auf Berichterstattung ist die Fusion nicht angewiesen. Durch den Streit mit den Behörden ist das dieses Jahr anders: Die Veranstalter haben sich nun an Medien und Politik gewandt und eine Petition gestartet. Die wurde innerhalb eines Tages bereits von mehr als 50.000 Menschen unterzeichnet.

Auch aus der Politik regt sich Unterstützung. So erklärte sich zum Beispiel der Grünen-Politiker Cem Özdemir mit der Fusion solidarisch.

Und auch die Linkspartei unterstützt das Festival.

(fh/dpa)

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