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Vegan Zähne putzen: Warum Zahnpflege ein Öko-Upgrade braucht

Viele Veganer verzichten nicht nur auf tierische Produkte, wie Fleisch, sondern setzen auch im Alltag, wie beim Zähneputzen auf vegane Produkte.
Bambuszahnbürsten sind vielleicht gut fürs Klima – aber nicht für die Zahngesundheit. Bild: iStockphoto / Ridofranz
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"Ohne Kompromisse": Start-up-Gründer erklärt, warum Zahnpflege ein Öko-Upgrade braucht

23.02.2023, 12:09
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Obwohl das Thema Mundhygiene ein bisschen "unsexy" ist, sollten wir ihm ein bisschen mehr Aufmerksamkeit schenken. Nicht nur, weil es uns unsere Zähne danken werden, sondern auch, weil sich in der Branche gerade viel tut in Bezug auf Umwelt- und Klimaschutz. Dafür wollen Stefan Walter und sein Partner Florian Kiener mit ihrem Start-up Happybrush sorgen. Seit vielen Jahren teilen die beiden Gründer die Vision von Mundpflege, die cool, effektiv und klimafreundlich ist.

Im Interview mit watson spricht Co-Gründer Stefan über seinen TV-Auftritt in der "Höhle der Löwen". Er verrät, welche tierischen Substanzen sich in herkömmlichen Zahnpasten befinden können und erklärt, was eine Handzahnbürste mit einem Nokia Handy gemeinsam hat.

Vegane Rezepte zur veganen Ernährung gibt es viele. Doch wie Happybrush-Gründer Stefan Zähne putzen vegan machen will, erzählt er im Interview mit watson.
Happybrush-Gründer Stefan berichtet von den Anfängen des Unternehmens. bild: happybrush

watson: Wie ist die Idee für Happybrush entstanden?

Mein Mitgründer Florian und ich brennen für neue Ideen und haben eine große Leidenschaft für Mundpflege. In unserem Bekanntenkreis ist uns aufgefallen, dass nur wenige eine elektrische Zahnbürste benutzen. Das hat uns gewundert, weil elektrisches Putzen nachweislich effektiver ist. Eine Handzahnbürste zu verwenden ist so, als würde man statt des Smartphones ein altes Nokia Handy benutzen. Wir wollten also frischen Wind in diesen angestaubten Markt bringen und das auch anders aufziehen – weg von dem Mann im weißen Kittel, hin zu Zahnpflegeprodukten, die hinsichtlich der Nachhaltigkeit und Technologie echte Unterschiede machen und neue Standards setzen.

Wie verlief der Gründungsprozess?

Im Februar 2016 haben wir alles auf eine Karte gesetzt, unser eigenes Geld in die Hand genommen und eine GmbH gegründet. Innerhalb von zwei Monaten haben wir dann unsere Idee vor Investoren präsentiert und so Geld eingesammelt, damit wir die ersten Produkte entwickeln können. Denn das hätte nicht funktioniert mit den paar wenigen Euros, die wir auf dem Konto hatten. Im Oktober sind wir mit den ersten Produkten gestartet und bis heute haben wir über zwölf Millionen Produkte verkauft. Es war wirklich ein wahnsinnig krasser Prozess.

Nicht nur Ernährung geht vegan, auch die Zahnpflege. Happybrush war mit dieser Idee sogar bei "Höhle der Löwen".
2017 waren Stefan und Flo bei der "Höhle der Löwen".bild: © MG RTL D : Bernd-Michael Maurer

War für euch von Anfang an klar, dass ihr einen nachhaltigen Ansatz verfolgt?

Ja, das war wichtiger Teil unserer Philosophie. Herkömmliche elektrische Zahnbürsten oder Aufsteckbürsten sind in wahnsinnig viel Plastik verpackt – und das war der erste Schritt, den wir ändern wollten. Wir haben von Anfang an kleine Papierverpackungen verwendet statt Plastik, interessanterweise hat sich dafür aber niemand wirklich interessiert. Aus der "Höhle der Löwen"-Sendung wurde dieser Teil sogar herausgeschnitten. Erst in den letzten zwei Jahren hat sich das Nachhaltigkeits-Bewusstsein auch bei den Verbrauchern verstärkt, sicher auch durch die Fridays-for-Future Bewegung.

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Wie kam es, dass ihr bei der "Höhle der Löwen" aufgetreten seid?

Als Start-up geht es uns darum, zu wachsen, einen Impact zu haben und die eigene Bekanntheit zu steigern. Zum anderen ist es wichtig, dieses Wachstum finanziell stemmen zu können. Die "Höhle der Löwen" hat uns beides geboten und einen großen Effekt für uns gehabt. Unser Auftritt dort ist einer unserer großen Meilensteine, obwohl wir uns seitdem ziemlich verändert haben.

Ihr habt eine vegane Zahnpasta entwickelt – was kann an Zahnpasta denn nicht vegan sein?

Tierische Inhaltsstoffe, die in Zahnpasta vorkommen können, sind zum Beispiel Schweinefett oder Bienenwachs, meistens sind es Bestandteile, welche die Feuchtigkeit und Cremigkeit verbessern sollen. Unsere Produkte sind nicht nur vegan, sondern auch frei von bedenklichen Inhaltsstoffen wie Mikroplastik, Palmöl, Triclosan oder Natriumlaurysulfat.

Wo produziert ihr?

Der Großteil der Produkte wird in Deutschland hergestellt, für die Technik haben wir einen globalen Partner, der auf der ganzen Welt Niederlassungen hat. Unser Ziel ist es aber, hundert Prozent unseres Portfolios in Deutschland zu produzieren. Hierzu wird es dieses Jahr auch weitere Neuigkeiten geben.

Ihr habt eigenen Angaben zufolge die "weltweit erste Schallzahnbürste aus recyceltem Material" kreiert – welches recycelte Material benutzt ihr denn? Und wo bekommt ihr das Material her?

Wir arbeiten dafür mit einem Partner aus den Niederlanden zusammen, der Altplastik in Granulat umwandelt und dieses wiederum verwenden wir, um das Gehäuse des Handstücks und der Ladestation herzustellen. In unseren Zahnpasten sind 30 Prozent PCR – also recycelter Kunststoff – enthalten und unsere Mundspülungen sind aus 100 Prozent recyceltem Plastik. Wenn wir nachhaltiger sein wollen, haben wir drei Möglichkeiten: 1. Material einsparen, 2. Material durch nachwachsende Rohstoffe ersetzen, 3. Material durch recycelte Stoffe ersetzen. Was wirklich am nachhaltigsten ist, kann man auf den ersten Blick oft nicht einschätzen. Beispielsweise wird eine Glasflasche als nachhaltiger empfunden als eine aus recyceltem Plastik, obwohl diese durch ihr Gewicht beim Transport wesentlich mehr CO₂-Emissionen erzeugt.

Wie könnt ihr für eure Produkte Klimaneutralität erreichen?

Wir sind mit dem Münchner Unternehmen Climate Partner jedes Produkt durchgegangen und haben den Herstellungsprozess, die Materialien und den Transport analysieren lassen. Climate Partner berechnet dann den CO₂-Fußabdruck, und wir sorgen anschließend für den finanziellen Ausgleich. Aktuell investieren wir in die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, wir haben bisher über 1.700 Tonnen CO₂ auf diese Weise ausgeglichen.

Unterscheidet euch die Klimaneutralität von euren Konkurrenten Oral B und Philips?

Wir unterscheiden uns in vielen Facetten von den beiden Unternehmen. Dabei ist die Nachhaltigkeit eine der am stärksten sichtbaren Unterscheidungen. Zudem verfolgen wir mit #brushforwater auch eine soziale Mission und legen auch Wert aufs Design, unsere Zahnbürsten sollen nicht aussehen wie ein Fieberthermometer.

Wie funktioniert euer Projekt #BrushForWater?

Wir spenden einen Teil unserer Einnahmen an Plan International und unterstützen damit derzeit ein Trinkwasserprojekt in Malawi. Über 415 Millionen Liter Wasser konnten wir bisher durch den Verkauf unserer Produkte spenden und so diese knappe Ressource Wasser für mehr Menschen zugänglich machen. In unserer Wohlstands-Bubble haben wir nicht immer auf dem Schirm, dass immerhin zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu frischem Wasser haben, aber wir als Unternehmen können einen Unterschied machen und dieser Aufgabe nehmen wir uns an.

"Wir machen es den Kund:innen leicht, eine nachhaltige Entscheidung zu treffen – ohne Kompromisse."

Sind Zahnbürsten wirklich das Problem, wo wir ansetzen müssen für mehr Klimaschutz, so klein wie sie sind?

Zähneputzen geht jeden Menschen etwas an, denn überall putzt man sich die Zähne, auf der ganzen Welt. Jeder kleine Schritt zählt: Genauso wie die Abschaffung von Strohhalmen und Plastiktüten einen großen Unterschied macht, tun es auch die Materialien in unseren Zahnbürsten. Natürlich gibt es auch große andere Stellschrauben, an denen gedreht werden muss und wir retten mit unseren Produkten nicht die Welt, aber wir machen sie Schritt für Schritt besser. Und wir machen es den Kund:innen leicht, eine nachhaltige Entscheidung zu treffen – ohne Kompromisse.

Der BUND bewertet die Umweltbilanz von elektrischen Zahnbürsten als schlecht, aufgrund der benötigten Ressourcen für die Batterie und das Ladekabel sowie des Energieverbrauchs. Wäre nicht etwa eine Handzahnbürste aus Bambus deutlich nachhaltiger?

Aus reiner Umweltbilanz liegt die Handzahnbürste aus Bambus vorne, aber nicht im Hinblick auf die Gesundheit. Denn mit einer Handzahnbürste putzt man nicht genauso effektiv wie mit einer elektrischen – das belegen wissenschaftliche Studien. Die Mundgesundheit steht für uns an allererster Stelle. Und unter all den elektrischen Zahnbürsten auf dem Markt ist happybrush die nachhaltigste.

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