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Wasser zu Hause mit Sodastream sprudeln: So nachhaltig ist er wirklich

Wasser braucht jeder Mensch täglich. Viele kaufen für eine gute Qualität Mineralwasser im Laden. Doch eigentlich sollte es so sauber aus der Leitung kommen, um bei Bedarf lediglich mit einem Trinkwass ...
Lifestyle-Produkt Wasser: Seit den 1990er Jahren gibt es in Deutschland Wassersprudler. Bild: imago images / Petra Schneider-Schmelzer
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Zu Hause Wasser mit Sodastream sprudeln: Wie nachhaltig das wirklich ist

28.03.2023, 15:13
sebastian heinrich, lukas armbrust
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Jeder Mensch trinkt Wasser, so einfach ist das eigentlich. Aber Trinkwasser, das wichtigste aller Lebensmittel, ist seit Jahrzehnten auch ein Lifestyle-Produkt geworden. Allein in Deutschland werden laut dem Branchenverband VDM hunderte unterschiedliche Mineralwasser verkauft. Und seit den 1990er-Jahren verbreitet sich eine Alternative zum kohlensäurehaltigen Wasser in Plastik- und Glasflaschen: Wassersprudler. Besitzer dieser Geräte können Leitungswasser aus dem heimischen Wasserhahn mit Kohlendioxid (CO2) versetzen – das CO2 verwandelt sich im Wasser dann in Kohlensäure, aus Leitungswasser wird Sprudelwasser.

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Marktführer bei den Wassersprudlern in Deutschland ist Sodastream. 1994 brachte das israelische Unternehmen hierzulande den ersten Sprudler unter dem Namen "Sodaclub" auf den Markt. Heute sind die Geräte von Sodastream – das seit 2018 Teil des globalen Getränkekonzerns PepsiCo ist – laut eigenen Angaben weltweit in mehr als 14 Millionen Haushalten im Einsatz. In Deutschland und Österreich seien allein im Jahr 2020 mit Sodastream-Sprudlern über 2 Milliarden Liter Trinkwasser "zu Hause aufgesprudelt" worden. Sodastream-Produkte haben zuletzt bei "Stiftung Warentest" die Bewertung "gut" erhalten und bei "Öko-Test" mit "gut" und "sehr gut" abgeschnitten.

Ein Unternehmen als Anti-Plastik-Aktivist

Das für das Sodastream-Sprudelwasser nötige CO2 befindet sich in Patronen. Die Käufer der Wassersprudler bekommen in der Regel eine davon mit dem Kauf des Sprudlers mitgeliefert – und können eine leere Patrone dann für einen Preis zwischen acht und neun Euro gegen eine volle austauschen.

Sodastream wirbt für die eigenen Produkte damit, dass zu Hause Sprudeln viel bequemer sei als Mineralwasserflaschen aus dem Supermarkt zu schleppen – und damit, dass es deutlich umweltfreundlicher sei.

Sodastream argumentiert vor allem damit, dass durch das Sprudeln der Einsatz von Einweg-Plastikflaschen verhindert werden könne. Das Unternehmen zeigt sich seit Jahren aktivistisch im Kampf gegen Plastikflaschen: Sodastream-Markenbotschafter in Deutschland ist Schauspieler und Umweltaktivist Hannes Jaenicke. 2018 war Sodastream sogar Teil der Protestaktion "Goodbye Plastic Bottles", bei der in der Berlin auf der hinter dem Reichstag vorbeifließenden Spree Plastikflaschen platziert wurden.

Die Botschaft hinter all dem: Zu Hause Sprudeln heißt, der Umwelt Gutes zu tun und dabei nachhaltig zu handeln. Auf dem eigenen Unternehmensblog fasst Sodastream es so zusammen:

"Ein Wassersprudler bietet dir die Möglichkeit, Umweltschutz und persönlichen Nutzen zu vereinen, und zwar ohne dabei auf etwas verzichten zu müssen. Sich für etwas Gutes einzusetzen war noch nie so einfach!"

Sprudelnd die Welt retten, zumindest ein bisschen, das ist die Botschaft dahinter.

Aber wie nachhaltig sind die Sodastream-Sprudler wirklich? Stimmt es, dass ihre Ökobilanz so viel besser ist als bei Mineralwasser aus der Flasche? Und gibt es etwas, das die Nachhaltigkeitsbilanz trübt?

Watson hat mit drei Umweltverbänden über die Nachhaltigkeit von Sodastream und Wassersprudlern im Allgemeinen gesprochen.

Das sagen drei Experten zu den Wassersprudlern

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) steht den Geräten positiv gegenüber. "Wir befürworten jegliche Maßnahmen, die zu einer tatsächlichen Reduktion von Verpackungsmüll führen und das tun diese Systeme unserer Meinung nach", sagt Janine Korduan, BUND-Referentin für Kreislaufwirtschaft gegenüber watson.

Green Washing oder Green Life? Jeden Monat prüfen wir mit Experten und Laboren die Nachhaltigkeitsbemühungen großer Firmen: Willkommen im Green Lab von watson.
Green Washing oder Green Life? Jeden Monat prüfen wir mit Experten und Laboren die Nachhaltigkeitsbemühungen großer Firmen: Willkommen im Green Lab von watson.bild: gettyimages / ipopba

BUND: Einwegflaschen als "Katastrophe"

Jegliche Einwegflaschen seien "eine Katastrophe für Klima und Umwelt", unter anderem weil bei der Plastikherstellung Methan freigesetzt werde und Plastikflaschen auch zur Umweltverschmutzung beitragen. Mehrwegflaschen seien zwar um einiges besser. "Aber auch hier haben wir Emissionen für die Herstellung, den Transport und Recycling der Flaschen", sagt Korduan.

Der BUND befürwortet, dass Leitungswasser statt gekauftem Wasser konsumiert werde – nicht nur, weil die Qualität des Leitungswassers in Deutschland sehr gut sei, sondern weil so auch das Klima wesentlich weniger belastet werde. In diesem Zusammenhang verweist Korduan auf eine Studie des Zertifizierungsinstituts "GUTcert Berlin", in der der CO2-Fußabdruck von Mineral- und Trinkwasser verglichen wurde.

Demnach sind aufgrund des Lebensweges von Mineralwasser in Flaschen die 586-fachen Emissionen anzusetzen als für Trinkwasser aus dem Hahn. Größter Anteil an den Emissionen hat die Verpackung, also die Herstellung und Entsorgung beziehungsweise das Recycling der Flaschen.

"Lieber eine Plastikflasche im Sprudler, als immer wieder Glasflaschen im Supermarkt kaufen."
Viola Wohlgemuth, Konsum-Expertin bei Greenpeace

Auch aus Sicht von Viola Wohlgemuth, Konsum-Expertin bei Greenpeace, ist grundsätzlich jede Form begrüßenswert, die Menschen dazu bewegt, das Wasser aus ihrem Hahn statt aus Flaschen zu trinken. Als Grund dafür nennt sie unter anderem die Arbeitsweise bestimmter Lebensmittel-Großkonzerne. Wolgemuth meint: "Nestlé pumpt beispielsweise Wasser in Äthiopien ab, was anschließend um den halben Globus transportiert wird und zusätzlich zur Plastikvermüllung beiträgt."

Wenn es um Nachhaltigkeit geht, sieht Wohlgemuth deshalb die Wassersprudler deutlich vor Pfandflaschen: "Lieber eine Plastikflasche im Sprudler als immer wieder Glasflaschen im Supermarkt kaufen."

Auch das Pfandsystem der CO2-Kartuschen schätzt die Greenpeace-Sprecherin positiv ein – aber mit einer Einschränkung: "Aus Nachhaltigkeitsgründen halte ich es für wichtig, dass das Wiederbefüllen der CO2-Kartuschen so einfach wie möglich ist."

Das müsse eigentlich bei jedem Supermarkt um die Ecke möglich sein – nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Land. "Damit es da nicht so eine Diskussion gibt wie jüngst mit den Benzinpreisen, müssen solche Systeme eben flächendeckend zur Verfügung stehen", sagt die Greenpeace-Sprecherin.

Laut Sodastream sind derzeit CO2-Kartuschen in 14.500 Verkaufsstellen in Deutschland erhältlich.

Problematischer wird es laut DUH, wenn auch Sirup ins Spiel kommt

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) steht den Wassersprudlern insgesamt etwas skeptischer gegenüber. "Klar ist zwar, dass durch das Aufsprudeln von Leitungswasser keine Verpackung anfällt, was positiv ist", sagt Thomas Fischer, Bereichsleiter Kreislaufwirtschaft der DUH gegenüber watson.

Problematischer wird es aus Sicht der DUH vor allem, wenn Verbraucher mit den Wassersprudlern nicht nur Sprudelwasser, sondern auch süßer Erfrischungsgetränke mit Sirups herstellen, die Sodastream ebenfalls vertreibt. Bei diesem Sirup zu Aromatisierung, der in "unbepfandeten Einweg-Plastikflaschen" verkauft werde, könnten zusätzliche Verpackungen anfallen.

Entscheidend sind laut DUH-Experte Fischer am Ende drei Punkte:

  • Wie oft werden die Gaskartuschen wiederverwendet?
  • Wie fällt die Gasdosierung durch die Verbraucherinnen und Verbraucher aus?
  • Wie lange halten die Geräte und eingesetzten Flaschen?

Bezüglich dieser Fragen herrsche noch große Unklarheit, so Fischer. "Trotz baugleicher Gaszylinder produzieren manche Geräte nur 44 Liter, andere dagegen bis zu 86 Liter Sprudelwasser. Wie lange die Kartuschen halten wird maßgeblich vom Verbraucherverhalten beeinflusst." An dieser Stelle sei mehr Transparenz hilfreich, betont der DUH-Sprecher.

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Neues Modell: Der Wassersprudler Duo von Sodastream. Bild: dpa / SodaStream

DUH: Leitungs- und Mineralwasser nicht gegeneinander ausspielen

Generell sollte man aus Fischers Sicht nicht Leitungs- und Mineralwasser gegeneinander ausspielen. Er meint: „Beides hat seine Berechtigung.“ Wasser aus der Leitung habe auf der einen Seite großes Potential, Verpackungsmaterialen zu vermeiden. Mineralwasser auf der anderen Seite werde "genauestens kontrolliert" und habe eine ausgesprochen hohe Qualität. Das sei bei Leitungswasser nicht immer der Fall. "Die Beschaffenheit von Wasserleitungen, insbesondere die letzten Leitungsmeter in alten und nicht sanierten Häusern, können die Qualität von Leitungswasser beeinträchtigen", sagt Fischer.

Letztlich spiele für die Verbraucherinnen und Verbraucher auch der Geschmack eine wichtige Rolle. Wenn es nach DUH-Sprecher Fischer geht, müssen Freunde des Sprudelwassers aus der Flasche kein schlechtes Gewissen haben: "Vor allem, wenn Mineralwasser in Mehrwegflaschen abgefüllt und in der Region angeboten wird, hat es auch eine sehr gute Ökobilanz" sagt Fischer. Jeder müsse selbst entscheiden, ob er lieber Leitungs- oder Mineralwasser trinke. "Beides kann man mit einem guten ökologischen Gewissen tun."

"Ich glaube nicht, dass man eine Fangemeinde hat, die sagt 'Wir wollen unsere Plastikflaschen vom Discounter'."
Viola Wohlgemuth, Konsum-Expertin bei Greenpeace

Haben die Wassersprudler dann überhaupt das Potenzial, die Einweg-Plastikflasche langfristig abzulösen? "Das ist alles eine Frage des politischen Willens", meint die Greenpeace-Sprecherin Wohlgemuth. "Ich glaube nicht, dass man eine Fangemeinde hat, die sagt, 'Wir wollen unsere Plastikflaschen vom Discounter'. Das ist einfach nur Bequemlichkeit und ein finanzieller Faktor. Mehrweg muss günstiger sein als der Einmalgebrauch."

Das könne man erreichen, indem man entweder die Wassersprudler-Systeme steuerlich begünstige oder die Verpackungsalternativen besteuere. "Zum Beispiel die Plastikflaschen von Discountern, die nach einmaligem Gebrauch verschrottet werden und sich trotzdem Pfandflasche rühmen", sagt Wohlgemuth. "Es muss sich lohnen, auf solche Alternativen wie die Wassersprudler umzusteigen."

Fazit

Insgesamt lässt sich wohl ein recht offensichtlicher, aber entscheidender Vorteil der Wassersprudler festhalten: Wer seinen täglichen Wasserbedarf komplett aus der Leitung abdeckt, trägt auch nicht zur Umweltbelastung bei, die bei der Produktion und dem Transport von Trinkflaschen entsteht – egal ob Ein- oder Mehrweg, egal ob Plastik oder Glas.

Aus diesem Grund ist Wasser aus dem Hahn auch umweltfreundlicher als abgefülltes H2O. In einer Studie aus dem Jahr 2014, in der die Ökobilanz von Trinkwasser in der Schweiz untersucht wurde, bezeichnen die Wissenschaftler Wassersprudler als "ökologisch vertretbar".

Aber dann müsse das Gerät regelmäßig und über längere Zeit benutzt werden, damit es sich finanziell und ökologisch rechne: mehr als einen Liter pro Tag über fünf Jahre hinweg. Watson fragte bei einem der Autoren der Studie sieben Jahre später nach. Die Auskunft: An den Erkenntnissen habe sich nichts Wesentliches geändert. Wer seinen Sprudler regelmäßig nutze, handle auf ökologisch vertretbare Weise.

Entscheidender Nachteil:

Insgesamt, geben die Wissenschaftler zu bedenken, trage der Konsum von Leitungs- und Mineralwasser aber nur wenig zur Gesamtumweltbelastung bei.

Mit der Anschaffung eines Wassersprudlers wird man also nicht die Welt retten – aber für manche Menschen ist es vielleicht der Anfangspunkt eines nachhaltigeren Konsums.

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