Eigentlich will Deutschland die Verkehrswende einläuten und den Verkehr von der Straße auf die umweltfreundlichere Schiene verlagern. Trotzdem sind im vergangenen Jahr deutlich mehr neue Autobahnen oder Bundesstraßen gebaut oder erweitert worden als Bahnstrecken. Das geht aus Antworten der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor. Der Grünen-Verkehrspolitiker Matthias Gastel sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Missverhältnis von Ankündigungen und Taten in der Verkehrspolitik werde immer größer:
Wie aus den Antworten der Bundesregierung hervorgeht, wurden im vergangenen Jahr 61 Kilometer Autobahnen neu gebaut und 38 Kilometer ausgebaut. Bei Bundesstraßen waren es beim Neubau 122 Kilometer, bei Erweiterungen 12 Kilometer. Basis sind der Regierung zufolge vorläufige Zahlen der Länderverwaltungen.
Bei der Bahn kamen im Zuge von Ausbauten lediglich sechs Kilometer dazu. Dabei handelt es sich um jeweils ein zweites Gleis im Abschnitt zwischen Babelsberg und Potsdam in Brandenburg sowie zwischen Niesky und Horka in Sachsen. Dazu kam die Verlegung von S-Bahn-Gleisen in Frankfurt, die Gastel aber nicht als Ausbau zählt. Nicht enthalten sind allerdings Maßnahmen, um Verkehrsknoten zu entlasten sowie Ausbaumaßnahmen, die nicht den Bau eines zusätzlichen Gleises beinhalteten. In der Antwort der Regierung heißt es weiter, 2019 seien keine Schienenwege oder Gleisanschlüsse der Eisenbahnen des Bundes stillgelegt worden.
"In diesen Wochen erleben wir, wie die Bundesregierung zu Recht das System Bahn und seine Beschäftigten für die hohe Systemrelevanz in der Corona-Krise lobt", so Gastel. Doch die Leistungsbilanz von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) für den Ausbau der Schiene sei mager. Vom Minister sei keine Verkehrswende mehr zu erwarten. "Darunter leiden die Mobilitätsalternativen für die Bevölkerung und die Erreichung der Klimaziele rückt in weite Ferne."
Die Deutsche Bahn spielt eine zentrale Rolle im Klimaschutzprogramm der Bundesregierung. Für den Erhalt des zum Teil maroden Schienennetzes hatte die Koalition zusätzliche Milliarden in den kommenden Jahren beschlossen. Wegen hoher Kosten und niedriger Fahrgastzahlen in der Corona-Krise braucht die Bahn aktuell aber erneut Milliardenhilfen vom Staat, um ein drohendes Finanzloch zu stopfen.
(ftk/dpa)