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Vegan oder vegetarisch essen an Weihnachten: So klappt es ohne Familien-Streit

Weihnachten essen vegetarisch, vegan
Wenn die Familie an den Feiertagen zusammenkommt, kann es schon mal krachen – vor allem, wenn es um veganes Essen geht.Bild: Pexels / Nicole Michalou
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Vegan oder vegetarisch essen an Weihnachten: So klappt es ohne Streit mit den Verwandten

17.12.2023, 12:45
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Weihnachten ist nicht nur das Fest der Liebe, sondern leider auch der leidenschaftlichen Diskussionen mit der Familie. So schön es auch ist, seine Liebsten um sich herum zu haben, nicht selten mündet das auch in Konflikten.

Zum Beispiel, weil man seine Ernährung umgestellt hat, plötzlich auf Fleisch verzichtet oder überhaupt keine tierischen Produkte mehr essen möchte. Das kann die Stimmung am Weihnachtsabend trüben.

Wie schafft man es, auch an Weihnachten vegan oder vegetarisch zu essen, ohne die Oma zu verletzen, weil man den Festbraten nicht mehr essen möchte? Wie macht man seinen Eltern klar, dass man seine Nährstoffe sehr wohl deckt? Und wie verklickert man dem Fleischfresser-Onkel, dass es halt nicht ganz so cool für die Tiere und den Planeten ist, wenn wir ständig Fleisch und überhaupt tierische Produkte essen?

Weihnachten essen vegan vegetarisch
Das Weihnachtsessen muss nicht in Streit münden – auch nicht bei Unstimmigkeiten. Bild: Pexels / Nicole Michalou

Ein Leitfaden, wie sich ein Streit am Weihnachtsabend bestmöglich verhindern lässt:

Szenario 1: Die Großeltern sind traurig

"Was – du willst meine Hähnchenkeulen nicht mehr essen?", fragt Oma mit großen Augen. Ihre Stimme – pure Verzweiflung. "Aber die hast du doch immer so geliebt!"

Omas Hähnchen, Rouladen und Rinderbraten gehörten zu deinem Lieblingsessen. Und plötzlich bist du vegan?
Omas Hähnchen, Rouladen und Rinderbraten gehörten zu deinem Lieblingsessen. Und plötzlich bist du vegan?bild: pexels / cottonbro studios

So reagierst du am besten

Erklär deiner Oma ruhig, dass diese Entscheidung rein gar nichts mit ihren Kochkünsten zu tun hat. Im Gegenteil – dass du ihre Hühnerkeulen (austauschbar mit deinem jeweiligen Lieblingsgericht) extrem vermisst. Aber – und hier ist es jetzt wichtig, ihr keinerlei Vorwürfe zu machen, sondern alles sachlich zu erklären – dass du aus ethischen oder aus Umweltgründen auf Fleisch oder tierische Produkte generell verzichten möchtest.

Erklär ihr, unter welch katastrophalen Bedingungen die Nutztiere gehalten und gemästet werden.

Und, dass in Brasilien und andernorts Regenwald abgeholzt wird, um Mais und Soja als Futtermittel anzubauen. Hier hilft es, konkret zu werden und ein paar Zahlen zu nennen, die greifbar sind.

Dicht an dicht stehen die Schweine in ihrem Stall.
Dicht an dicht stehen die Schweine in ihrem Stall. bild: pexels / barbara barbosa

Denn die Landwirtschaft in Deutschland trägt maßgeblich zur Emission klimaschädlicher Gase bei. Dafür verantwortlich sind vor allem Methan-Emissionen aus der Tierhaltung. Laut dem Umweltbundesamt ließen sich 2021 36 Millionen Tonnen CO₂-äquivalente Treibhausgas-Emissionen allein auf die direkte Tierhaltung zurückführen. Insgesamt machen diese Emissionen 66 Prozent der in der Landwirtschaft verursachten Treibhausgase aus. Das ist ganz schön viel.

Vielleicht hilft hier ein kurzer Exkurs zur Klimakrise und ihrer Bedrohung für dein späteres Leben generell. Ganz nach dem Motto: Ich stelle meine Ernährung um, um der Welt etwas Gutes zu tun. Laut einer Berechnung des Ökologen Joseph Poore von der britischen Oxford-Universität produzieren wir Deutschen jährlich im Schnitt elf Tonnen Treibhausgase. Würden wir auf tierische Lebensmittel verzichten, könnten wir unseren ökologischen Fußabdruck um ganze zwei Tonnen reduzieren.

Szenario 2: Die Eltern sind besorgt

"Du isst keine tierischen Produkte mehr? Nicht einmal Eier, Milch und Käse?", wollen deine Eltern wissen? "Aber wie versorgst du deinen Körper denn mit Nährstoffen? Man kann nicht nur von Nudeln und Pommes leben..."

Wenn die erwachsenen Kinder etwas anders handhaben als ihre Eltern, ist das für diese oft schwierig.
Wenn die erwachsenen Kinder etwas anders handhaben als ihre Eltern, ist das für diese oft schwierig.bild: pexels / Elina Fairytale

So reagierst du am besten

Gib deinen Eltern zunächst einmal recht, denn ja: Wer nur Nudeln und Pommes isst, wird die Konsequenzen schnell spüren. Aber: Sich vegan zu ernähren, bedeutet ja nicht, einfach nur alle tierischen Produkte wegzulassen und nur Beilagen zu essen. In den meisten Fällen führt dies zu einer kompletten Ernährungsumstellung. Und wer das richtig angeht, kann gesundheitlich sogar profitieren.

Zeig deinen Eltern, dass du diese Entscheidung nicht kopflos getroffen, sondern dich mit der Materie auseinandergesetzt hast: Was musst du tun, um einem Mangel an Vitamin B12, Protein, Vitamin D, Eisen und Jod vorzubeugen? Und denk immer daran: Deine Eltern wollen nur das Beste für dich und machen sich lediglich Sorgen. Also nicht sauer werden, sondern ruhig erklären.

Vegan, winterlich und voller Nährstoffe und Vitamine. Pflanzliche Kost muss nicht fad schmecken.
Vegan, winterlich und voller Nährstoffe und Vitamine. Pflanzliche Kost muss nicht fad schmecken.bild: pexels / Alesia Kozik

Bei euch gibt es Weihnachten immer Gans mit Knödeln? Kein Problem, die lässt sich easy ersetzen. Es gibt Raclette? Auch das ist nicht schlimm: Im Pfännchen landen Kartoffeln, Gemüse, Tofu – mit einer Scheibe veganem Käse on top.

Mit dieser Liste an pflanzlichen Alternativen punktest du bei deinen Eltern garantiert:

  • Proteine: Hülsenfrüchte, Tofu, Getreide, Nüsse, Ölsamen, Kartoffeln
  • langkettige n3-Fettsäuren: mit Mikroalgenölen angereicherte Produkte
  • Vitamin D: Champignons, Pfifferlinge, mit Vitamin D angereicherte Produkte
  • Riboflavin: Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse, Brokkoli
  • Kalzium: Gemüse wie Brokkoli und Grünkohl, Nüsse, Hülsenfrüchte, Tofu, kalziumreiches Mineralwasser
  • Eisen: Hülsenfrüchte, Nüsse, Vollkorngetreide, Gemüse wie Schwarzwurzel oder Spinat
  • Jod: jodiertes und fluoridiertes Speisesalz, gelegentlich: Meeresalgen mit moderatem Jodgehalt
  • Zink: Nüsse, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte
  • Selen: Spargel, Kohl- und Zwiebelgemüse, Pilze, Paranüsse

Szenario 3: Aber Soja ist ja genmanipuliert

"Aber für den ganzen Tofu, den du isst, wird schließlich auch Regenwald gerodet", ereifert sich dein Bruder. "Und genmanipuliert ist das Soja noch dazu."

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Der Großteil des Sojas wird zu Tierfutter verarbeitet.Bild: www.imago-images.de / imago images

So reagierst du am besten

Mit einer Richtigstellung. Ja, Monokulturen wie Soja, Mais, Baumwolle und Raps werden immer häufiger gentechnisch verändert.

Aber: Statt mit diesen resistenten Pflanzen den Hunger in der Welt zu bekämpfen, wird der Großteil von ihnen allem voran zu Tierfutter für Billig-Fleisch verarbeitet. Laut einem Report zur europäischen Soja-Lieferkette aus 2022 verzehren Menschen der Europäischen Union und Großbritannien jährlich über 60 Kilogramm Soja. 55 Kilogramm davon verstecken sich in verzehrtem Fleisch, Eiern, Milch oder Fisch und wurden zuvor als Futtermittel verbraucht.

Schon an diesen Zahlen erkennt man: Der Großteil des Sojas, nämlich 75 bis 85 Prozent, werden zu Tierfutter verarbeitet. Der Anteil, der zu Tofu und Sojamilch verarbeitet wird, ist damit deutlich geringer. Dazu kommt noch, dass für deutsche Waren hauptsächlich Sojabohnen aus Europa, oft sogar aus Deutschland selbst genutzt werden.

Dieser Argumentation kannst du also entspannt kontern.

Szenario 4: Du allein veränderst die Welt nicht

"Ich esse auch kaum Fleisch, aber das Bisschen gönne ich mir", erklärt dein Onkel, während er sich einen großen Bissen Gans in den Mund schiebt. "Und überhaupt: Du allein machst sowieso keinen Unterschied."

Die Weihnachtsgans ist bei vielen ein traditionelles Essen am Heiligabend.
Die Weihnachtsgans ist bei vielen ein traditionelles Essen am Heiligabend.bild: pexels / Monstera

So reagierst du am besten

Das Wichtigste zuerst: Du wirst deinen Onkel an diesem Abend mit größter Wahrscheinlichkeit nicht bekehren.

Vielleicht isst er wirklich weniger Fleisch, mag sein. Vermutlich fühlt er sich aber (vielleicht auch aus schlechtem Gewissen) persönlich dadurch angegriffen, dass du plötzlich auf Fleisch oder tierische Produkte verzichtest. Im Grunde weiß er nämlich ganz genau, dass es vielleicht nicht ganz so cool für die Tiere (und auch den Planeten) ist, sie zu konsumieren.

Aus Sorge, von dir den moralischen Finger erhoben zu bekommen und sich mit seinen eigenen Rechtfertigungen auseinandersetzen zu müssen, flüchtet er sich in Relativierungen. Ganz nach dem Motto: "Wenn ich an Weihnachten einmal Gans esse, ist das nicht so schlimm. Und selbst, wenn ich es lassen würde – die Gans ist eh schon tot. Etwas ändern würde sich durch meinen Verzicht also nicht."

An Weihnachten geht es vor allem um gemütliches und fröhliches Beisammensein.
An Weihnachten geht es vor allem um gemütliches und fröhliches Beisammensein.bild: pexels / Nicole Michalou

Im Kopf klingt diese Argumentationskette schnell überzeugend. Zumal er die Gans geschmacklich ja sehr mag und der Verzicht schwerfallen würde.

Wichtig ist hier: Sprich in der Ich-Form und halte dich mit Kommentaren wie: "Du solltest aber auch vegan essen" zurück. Damit erreichst du vermutlich eher das Gegenteil. Berichte viel mehr von deinem eigenen Prozess – wie du erst das Fleisch, dann Käse und Butter und ganz zum Schluss erst deinen geliebten Quark weggelassen hast. Weil es dir auch nicht leicht gefallen ist, du den Geschmack magst. Dann kannst du erzählen, wie es mit der Zeit leichter geworden ist.

Und dann: Essen genießen und Thema wechseln.

Hinweis der Redaktion: Diesen Artikel haben wir erstmals an Weihnachten 2022 veröffentlicht. Da er besonders beliebt war, haben wir ihn wo nötig aktualisiert und jetzt erneut publiziert. Viel Spaß damit. Und natürlich: schöne Weihnachtszeit!

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