Frau zieht in Tiny House und merkt, dass sie nicht acht Freunde einladen kann
Wohnen ist teuer. Diese Erkenntnis müssen die Deutschen regelmäßig machen, wenn sie sich auf dem Mietmarkt nach einer neuen Bleibe umschauen oder gar ein Eigenheim erwerben wollen. Über die Faustregel, dass die monatliche Warmmiete nicht ein Drittel des Nettoeinkommens übersteigen sollte, können viele nur müde lächeln.
Gerade in Großstädten müssen viele mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufwenden; andere verschulden sich bis an ihr Lebensende, um ihr Traumhaus zu kaufen. Kein Wunder also, dass bis vor wenigen Jahren noch Tiny Houses im Trend lagen.
Immerhin sind die Mini-Häuser deutlich günstiger in der Anschaffung und auch der Verbrauch von Energie und Ressourcen ist vergleichsweise gering. Zudem sehen es manche als befreiend an, einen minimalistischen Lebensstil zu pflegen. Denn der begrenzte Platz im Tiny House zwingt viele dazu, ihren Besitz zu hinterfragen und Marie-Kondo-mäßig auszusortieren.
Tiny House entpuppt sich als Belastung für Freundschaften
Doch wovon sich viele finanzielle Vorteile und mentale Klarheit versprechen, entwickelt sich für manche zu einer herben Enttäuschung. Das berichtet zumindest Amber McDaniel, die nach eigenen Angaben seit fünf Jahren in einem Tiny House lebt.
Ihr Umzug in das Mini-Haus habe ihre Beziehung zu ihrem Partner, zu ihrer Familie und ihren Freund:innen enorm belastet, berichtet sie bei "Business Insider".
Wenn sie ihre Freund:innen zum Essen nach Hause einlade, sei es wie "eine Dinnerparty in einem begehbaren Kleiderschrank zu veranstalten". Möglich sei es zwar, aber für die Beteiligten nur wenig komfortabel.
Ganz überraschend wirkt das für Außenstehende nicht. McDaniel lebt mit ihrem Partner auf gerade einmal 37 Quadratmetern. Sie scheint trotzdem nicht mit den Einschränkungen gerechnet zu haben, die das Leben in einem Tiny House mit sich bringt.
"Ein Esstisch für acht Personen passt einfach nicht in einen Raum, in dem gerade einmal zwei Stühle Platz finden, und an ein mehrgängiges Menü ist ohne Küchen-Tetris gar nicht zu denken", erzählt sie bei "Business Insider".
Statt einer großen Tafel mussten McDaniel und ihr Partner stattdessen auf einen ausziehbaren Esstisch für vier Personen und ein paar Klappstühle zurückgreifen. Doch damit nicht genug.
Übernachtungsgäste fühlen sich nicht wohl
Auch wenn sie ihrem Besuch eine Übernachtungsmöglichkeit bieten will, muss das Paar improvisieren. "Das, was einem Gästezimmer am nächsten kommt, ist der Wohnwagen, in dem wir früher gelebt haben. Ansonsten müssen Besucher in einem Hotel übernachten", sagt McDaniel.
Das sei für manche eine finanzielle Belastung. Und richtig komfortabel scheint es in dem Wohnwagen auch nicht zu sein. Die Tiny-House-Bewohnerin hat nämlich das Gefühl, dass einige Freund:innen und Familienangehörige aufgrund der Wohnsituation einen Besuch bei ihr eher meiden.
"Anfangs fühlte sich das Leben in einem Tiny House befreiend an", meint McDaniel. Sie habe keinen Druck mehr verspürt, Gäste zu empfangen. Doch mittlerweile sei sie zu der Erkenntnis gekommen, dass es eine Art Liebessprache sei, sein Zuhause mit anderen zu teilen.
Seitdem sie in einem Tiny House wohnt, sei sie oft darauf angewiesen, dass sie von anderen nach Hause eingeladen werde, weil sie selbst keinen Platz dafür habe. Und darüber ist sie alles andere als glücklich:
Tiny House ist auch eine Belastung für die Beziehung
Das Leben auf beengtem Raum belastet aber nicht nur Freundschaften, sondern auch die Beziehung von McDaniel. "Tiny Houses sind nicht für Me-Time konzipiert", gesteht die junge Frau. Sie und ihr Partner würden von zu Hause aus arbeiten, sodass es unweigerlich zu Reibereien käme. "Jedes Telefongespräch, jedes Seufzen und jedes Klappern eines Löffels ist für den anderen hörbar", erzählt sie.
Dennoch würden sie versuchen, sich Freiräume zu schaffen. Entweder indem eine:r von beiden spazieren geht oder indem beide Zuhause bleiben und so tun, als wäre der oder die andere nicht da. Das klingt nicht gerade romantisch, aber hilft offenbar dabei, im kleinen Haus nicht in Streitereien zu versinken.
Ob es sich am Ende für McDaniel gelohnt hat, in ein Tiny House zu investieren, scheint zweifelhaft. Sie erwähnt zwar nicht, ob sie und ihr Partner Pläne haben, in ein herkömmliches Haus zurückzuziehen. Dafür teilt sie aber eine Erkenntnis, die ihr vorher offenbar nicht bewusst war: "Der wahre Wert eines Zuhauses liegt darin, dass es einem ermöglicht, sein Leben mit anderen zu teilen".
