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FC Bayern: Wie Kovac-Ersatzmann Thomas Müller unter Flick spielt, ist symptomatisch

Fussball 1. Bundesliga Saison 2019/2020 11. Spieltag FC Bayern Muenchen - Borussia Dortmund 09.11.2019 SCHLUSSJUBEL FC Bayern Muenchen Thomas Mueller li und Robert Lewandowski *** Soccer 1 Bundesliga  ...
Matchwinner des FC Bayern: Thomas Müller (l.) und Robert Lewandowski.Bild: ULMER via www.imago-images.de
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In 5 Tagen erstarkt: Warum ein Kovac-Reservist das Symbol des Flick-Effekts ist

11.11.2019, 06:5011.11.2019, 15:51
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4:0! Der FC Bayern München ist zurück – und das ausgerechnet im Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund. Nach dem 1:5-Debakel gegen Eintracht Frankfurt und der Trennung von Trainer Niko Kovac zeigte das Team unter Interimscoach Hansi Flick ein bärenstarkes Comeback und dominierte völlig chancenlose Dortmunder über 90 Minuten. Robert Lewandowski, der zwei Tore schoss, war der Spieler des Spiels. Doch ein anderer Akteur des FC Bayern München ist das Symbol des Flick-Effekts.

Robert Lewandowski schwebte mitten in der Partie wie ein Kampfkünstler mit einem ausgestreckten Bein in der Luft und pflückte den Ball aus zwei Metern herunter. Er ähnelte dabei dem Männchen im Bundesliga-Logo. Es würde passen: Lewandowski, das Aushängeschild und der derzeit größte Star der Liga. Seine Saisontore 15 und 16 stürzten den BVB ins Verderben. Doch hinter dem glänzenden Stürmerstar rackerte ein anderer Spieler – und der offenbarte, warum sich der FC Bayern in nur fünf Tagen vom Krisenklub zum Euphorie-Ensemble mauserte: Thomas Müller.

Müller durchbricht historische Marke

Der 30-Jährige lief und lief und lief. Er ackerte und presste. Wenn er dann den Ball hatte, war das zumeist gefährlich: Einen Treffer von Lewandowski legte er auf, auch für das Tor von Serge Gnabry gab er die Vorlage. Es war nicht irgendeine: Es war Müllers 100. Torvorlage in der Bundesliga. Seit dem Beginn der exakten Datenerfassung zur Saison 2004/2005 ist der Oberbayer damit der erste Spieler, der diese Marke knackt.

Auch sonst lebte Müller das vor, was zuletzt beim FC Bayern gefehlt hatte: Aggressives Pressing, pure Gier und die Bereitschaft, für jeden der eigenen Mitspieler den Extra-Meter zu gehen. Das Kollektiv beim FC Bayern funktionierte wieder und das Zahnrad Müller offenbarte defensiv und offensiv, warum das so ist.

Unter Kovac war Müller nur Reservist

Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet Müller so ein starkes Spiel machte und sich zu einem der Matchwinner mauserte. Denn Ex-Trainer Niko Kovac stand unter anderem wegen seinem Umgang mit Müller schon vor dem Schicksalsspiel gegen Frankfurt in der Kritik. Kovac hatte den Publikumsliebling unter anderem als Notnagel bezeichnet und ihn wochenlang auf der Bank schmoren lassen.

Zwar setzte Kovac in seinen letzten Spielen wieder vermehrt auf Müller, doch meist auf der ungeliebten rechten Außenbahn. So wirklich kam Müller unter Kovac nicht mehr in Tritt. Flick, der erst am Dienstag sein erstes Training gab, stellte Müller wiederum auf seiner Paradeposition hinter Stürmer Robert Lewandowski auf, wo sich der Weltmeister von 2014 am wohlsten fühlt. Der Knoten platzte gegen den BVB endgültig.

Müller ist Leader und Motivator

Müller zeigte schon beim Pokalerfolg gegen Bochum (noch unter Kovac), wie wichtig er für das Team ist. Er kam beim Stand von 0:1 aufs Feld, motivierte seine Nebenmänner, rüttelte auf, spielte beherzt und machte dann in der 89. Spielminute den 2:1-Siegtreffer. Müller bewies, wie wichtig er als Charakter, Motivator und Führungsspieler für das zuletzt so verunsicherte Team ist. Das hatte Flick wohl auch im Kopf.

Thomas Müller motiviert seine Mitspieler unter den Augen von Hansi Flick.
Thomas Müller motiviert seine Mitspieler unter den Augen von Hansi Flick.Bild: FrankHoermann/SVEN SIMON via www.imago-images.de

Flick, ehemaliger Assistent von Jogi Löw, kennt Müller schon seit dessen Nationalmannschaftsdebüt im Jahr 2010 und weiß um den Wert des heute 30-Jährigen. Schon vor der Begegnung gegen den BVB hatte Flick von Müller geschwärmt: "Er ist auf dem Platz einer, der eine Mannschaft führen kann, der ein taktisches Verständnis hat, der schlitzohrig ist. Er ist einfach ein Spieler, den man nicht so greifen kann."

Robert Lewandowski, der sich noch beschwert hatte, dass eine Achse aus Neuer und ihm zu wenig sei und es mehr Anführer geben müsse, hatte nun einen Leader hinter sich.

Flick fördert Kommunikation mit dem Team

Sky-Experte Lothar Matthäus adelte Flick nach dem BVB-Spiel vor laufender Kamera: "Größten Respekt an Hansi Flick. Unfassbar, was er in fünf Tagen aus dieser Mannschaft gemacht hat." Flick selbst erklärte sich beim Pay-TV-Sender den plötzlichen Wandel des Teams durch die vielen Gespräche mit den Spielern: "Es war am Montag nicht so einfach. Wir konnten gar nicht so viele Inhalte reinbringen", sagte Flick. "Wir haben viel gesprochen und haben versucht alle mitzunehmen."

Thomas Müller half dabei als verlängerter Flick-Arm. "Wir haben nach zehn Minuten klargemacht, dass wir hier gewinnen wollen", sagte Müller nach dem Spiel. "Man hat gesehen, dass wir da waren." Zugleich konnte er sich einen kleinen Seitenhieb auf Borussia Dortmund und die Ankündigung von "Männerfußball" nicht verkneifen: "Das hat uns schon ein bisschen angespornt." Und er erklärte, dass die Mannschaft in der Pflicht stand und verstanden hatte: "Die Alibis waren weg."

Müller, der seit 19 Jahren beim FC Bayern München spielt und zum Inventar des Klubs gehört, wurde vor dem Spiel gegen den BVB für seine 500 Pflichtspiele (!) im Bayern-Trikot geehrt Müller untermauerte, warum er auch weiterhin in der Startelf stehen sollte und Teil des Flick-Effekts ist. Für Flick hat sich der Müller-Einsatz auch ausgezahlt. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge sagte nach dem Spiel: "Wir machen bis auf Weiteres mit Hansi weiter, er hat das jetzt gut gemacht und er hat unser Vertrauen."

(bn)

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