Am Wochenende war der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskkyj zu Besuch in Deutschland. Zuerst im Kanzleramt in Berlin, danach in Aachen zur Verleihung des Karlspreises. Eine riskante Reise. Denn bereits einige Tage zuvor sind die Pläne dafür an die Öffentlichkeit gelangt. Entsprechend hoch war die Sicherheitslage in Berlin und Aachen an diesem Tag.
Das Berliner Regierungsviertel war weitgehend abgesperrt, Scharfschützen verteilten sich auf den umliegenden Dächern, Gullideckel wurden versiegelt – Sicherheitsstufe eins, die nur bei Besuchen von extrem hoch gefährdeten Staatsgästen gilt, wie zuletzt dem israelischen Präsidenten Benjamin Netanjahu.
Für den CDU-Politiker und DFB-Vize Hermann Winkler waren diese Vorsichtsmaßnahmen wohl zu viel des Guten. In einem despektierlichen Instagram-Post ließ er seinem Unverständnis freien Lauf – und sah sich prompt mit heftiger Kritik konfrontiert.
Doch was ist eigentlich passiert? Winkler hatte in dem Post zum Staatsbesuch von Selenskyj gegen den Präsidenten und die Sicherheitsvorkehrungen gewettert:
So zitiert die "Bild" aus dem Posting, das nun nicht mehr aufgerufen werden kann. Auf dem dazugehörigen Foto soll Winkler außerdem vor dem sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park zu sehen sein. Dass Winkler Selenskyj als "ehemaligen ukrainischen Schauspieler" bezeichnet, ist zwar nicht falsch, vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges aber mehr als fragwürdig.
Der Nachrichtenagentur dpa bestätigte Winkler die Echtheit des Posts: "Es ist mein persönlicher Account und meine Beschreibung der Beobachtung." Sein Instagram-Account ist mittlerweile offline.
Der inzwischen gelöschte Beitrag sei "in einer sehr emotionalen Situation an der Gedenkstätte im Treptower Park entstanden", schrieb der CDU-Politiker bei Facebook. Er verurteile den "Krieg und die Aggression Putins", es müsse "alles unternommen werden, diesen Krieg schnellstens zu beenden". Er ergänzte dann aber: Er sei "auch nicht mit allem, was Selenskyj macht, persönlich einverstanden".
In die "Putinversteher-Ecke"? Nein, nein, da wolle er sich nicht reinstellen lassen, betonte er. Für seine despektierliche Aussage über Selenskyj "entschuldige" er sich, er würde sie "so nicht noch einmal verfassen".
Es ist nicht das erste Mal, dass Winkler mit fragwürdigen Äußerungen auffällt. 2016 hatte sich Winkler als Europaabgeordneter der CDU für Bündnisse mit der AfD ausgesprochen. "Wenn es eine bürgerliche Mehrheit gemeinsam mit der AfD gibt, sollten wir mit ihr koalieren. Sonst steuern wir auf eine linke Republik zu", erklärte er damals mit Blick auf die Wahlen in Sachsen-Anhalt.
Der DFB hat bereits angekündigt, wegen der Aussagen zu Selenskyj, ein Gespräch mit Winkler führen zu wollen. Der Verband habe laut "Bild" aber keinen Einfluss auf die Beiträge seiner Präsidiumsmitglieder in den sozialen Netzwerken. Mittlerweile hat sich auch Verbandschef Bernd Neuendorf eingeschalten.
"Unerträglich" und "beleidigend" sei die Einlassung von DFB-Vize Hermann Winkler über den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, ließ der Verbandschef nach einem Telefonat am Montag mitteilen. Schließlich birgt das Thema besondere Brisanz – und es setzt den Deutschen Fußball-Bund gehörig unter Druck.
Denn Winklers inakzeptable Äußerung fällt in die Vorbereitung auf das symbolträchtige 1000. Länderspiel der Nationalmannschaft am 12. Juni in Bremen gegen die Ukraine. Konsequenzen blieben zunächst aus, Neuendorf hält den Vorfall aber "mit den Grundsätzen des DFB für unvereinbar" und will ihn bei der Konferenz der Regional- und Landesverbandspräsidenten am Mittwoch thematisieren. Dann wird sich zeigen, ob sich Winkler ins Aus geschossen hat.
Eine Sprecherin des für den Sport zuständigen Bundesinnenministeriums sagte auf dpa-Anfrage: "Das BMI als Sportministerium sieht keinen Anlass, diese völlig indiskutable Äußerung näher zu kommentieren."
(Mit Material der dpa und sid)