Die Nationalmannschaft hat am Dienstagabend in der Nations League 3:3 gegen die Schweiz gespielt. Zweimal kam die Elf von Bundestrainer Jogi Löw im Kölner Stadion zurück, glich einen 0:2- und einen 2:3-Rückstand wieder aus. Viel Offensivlicht, aber auch viel Schatten in der Defensive. ARD-Experte Bastian Schweinsteiger meinte zur Partie: "Das Hin und Her hat mich teilweise an ein Eishockeyspiel erinnert."
Löw ordnete den Abend der offenen Abwehrreihen in das große Ganze seines EM-Plans für 2021 ein. "Wir haben bewusst viel riskiert", sagte der 60-Jährige nach dem Abpfiff: "Wir haben überall auf dem Platz Mann gegen Mann gespielt." Fehler waren sozusagen einkalkuliert.
"Wir hätten gern gewonnen. Wir haben eindeutig zu viele Gegentore kassiert, haben uns aber im Laufe des Spiels gefangen und hatten dann die Spielkontrolle", fasste Kapitän Manuel Neuer das dritte Unentschieden im vierten Nations-League-Spiel der Saison zusammen.
Die Offensivreihe aus Timo Werner, Serge Gnabry und Kai Havertz harmonierte und glänzte, alle drei trafen: Werner schoss den 1:2-Anschlusstreffer und legte das 3:3 von Gnabry auf, Havertz wiederum lieferte die Vorlage zum Werner-Tor, markierte dann das 2:2, beim 3:3 spielte er den Key-Pass vor der Vorlage.
Die Viererkette mit Antonio Rüdiger (der bei allen drei Gegentoren nicht gut aussah) und Matthias Ginter in der Zentrale sowie Robin Gosens (links) und Lukas Klkostermann (rechts) hingegen wirkte alles andere als harmonisch. "Nach hinten haben wir schon Fehler gemacht, zeitweise war es da schon offen", das gab auch Löw zu.
Ex-Nationalspieler Schweinsteiger, der Löw und viele Spieler im aktuellen DFB-Kader noch aus seiner aktiven Zeit kennt, hatte am ARD-Mikrofon eine Erklärung parat. Der Weltmeister von 2014 brachte es auf den Punkt, woran es liegt, dass die Nationalmannschaftsabwehr in den vergangenen Spielen so oft so unsortiert war:
Der 36-jährige ehemalige Bayern-Star vermisst offenbar einen Abwehrchef, einen Fixpunkt, an dem sich die anderen Spieler orientieren, auf den sie sich verlassen können. Einen erfahrenen Innenverteidiger, der die Kommandos gibt.
Außerdem erklärte Schweini ein weiteres Abwehrmanko: "Die Umschaltbewegung in die Defensive ist das große Problem. Man muss in der Abwehr zuerst ans Verteidigen denken und nicht ans Umschalten nach vorne. Wir haben in den vergangenen drei Länderspielen sieben Gegentore bekommen, davon sechs in diesem Stadion. Daran muss man arbeiten, um eine Chance bei der Europameisterschaft zu haben. Die Zeit ist nicht gegeben."
Bei dem Turnier, das Stand jetzt im Sommer 2021 stattfinden soll, will der Bundestrainer immerhin unter die letzten vier kommen: "Natürlich ist das EM-Halbfinale das Minimalziel", formulierte Löw am Dienstagabend in Köln. Diese Mannschaft habe "wirklich Potenzial. Wenn wir ein paar Dinge korrigieren, können wir uns darauf freuen." Was Hoffnung macht: Bis auf die WM 2018 erreichte Löw mit der deutschen Nationalmannschaft diese Vorgabe bei allen anderen Turnieren in seiner Zeit als Bundestrainer.
(as/mit Material von dpa)