Inmitten der Startphase der 60. Bundesligasaison trafen sich am vergangenen Mittwoch die Bosse der 36 Proficlubs der ersten und zweiten Liga mit dem Führungspersonal der Deutschen Fußballliga zu einer Generalversammlung in Dortmund. Es wurden Eckpfeiler besprochen und abgesteckt, die die Zukunft des Profifußballs in Deutschland betreffen.
Meinungsaustausch und Gremienarbeit fanden teilweise auch im Geheimen statt. Die Debatten hinter verschlossenen Türen sind legitim.
Sie deuten aber unmissverständlich darauf hin, dass es in der Zukunftsfrage um viel geht. Vor allem um sehr viel Geld. Wie könnte es im Fußball unserer Zeit auch anders sein?
Deshalb dringen aus der Konferenz des deutschen Profifußballs auch fast ausnahmslos Vokabeln des Kommerz nach außen: Die Sportmanager interessieren sich zuallererst für "strategische Wachstumsfelder" und haben dabei vor allem die "Auslandsvermarktung" der Bundesliga im Blick. Vieles dreht sich derzeit um die Frage, ob und wie Investoren für die Bundesliga gewonnen werden können.
Der zu erwartende Geldregen bringt aber auch Konsequenzen und Fragen mit sich: Welche Rechte müssen dafür hergegeben werden und wie soll diese neue Geldschmiede des Profifußballs den Amateuren im DFB und den Fans vermittelt werden? Wird etwa im Zuge des demnächst neu auszuhandelnden Grundlagenvertrags zwischen der DFL und den Amateurvertretern mehr Geld für die 25.000 Fußballvereine in Deutschland bereitgestellt?
Auch wenn vieles im Verborgenen stattfand, so kursieren in der Berichterstattung bereits handfeste Zahlen: Bis zu vier Milliarden Euro sollen durch den Verkauf von Anteilen aus dem Feld der Auslandsvermarktung eingenommen und in großen Teilen in den Zukunftsmarkt "Digitalisierung" reinvestiert werden.
Damit steht ein weiterer reizvoller Zukunftsbegriff des deutschen Profifußballs im Raum. Auch hier wird nahezu grenzenloses Wachstum erwartet. Zumindest dann, wenn es denn stimmt, dass sich auch der Medienkonsum im Fußball drastisch verändern wird.
In diesem Sinne prognostiziert beispielsweise der frisch ins neue DFL-Präsidium gewählte Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt) im Interview mit dem Kicker, dass Live-Übertragungen über 90 Minuten "nicht mehr das Format der Zukunft" sein werden. Die Berichterstattung werde "kleinteiliger" und "über vielfältige Plattformen abgespielt".
Mit Blick auf die sich rasant entwickelnde Medienlandschaft und vor allem in Hinblick auf die Gewohnheiten und Trends, die die nachwachsende Generation in ihrem Medienverhalten zeigt, klingt diese Prognose tatsächlich plausibel.
Allerdings darf die Rechnung nicht zu einseitig gemacht werden. Bislang dauert ein Spiel tatsächlich noch 90 Minuten und kostet Zeit. Und der Unterhaltungswert des Fußballs resultiert ganz maßgeblich aus der Bereitschaft und Lust der Fans und Zuschauer, diese Zeit zu investieren.
Ähnlich wie bei einem guten Kinofilm oder Theaterstück. Der besondere Reiz des Dramas lässt sich auch dort nicht ausschließlich in Stücken oder einzelnen Szenen vermitteln. Mit anderen Worten: Auch in Zukunft wird der Wert des Fußballs zuallererst an dem bemessen, was wir in unserer Kultur unter Sport begreifen.
Die Stichworte, die hier Qualität, Dramaturgie und Spannung garantieren, lauten deshalb: "90 Minuten", "Meisterschaft", "Wettkampfprinzip", "Fairplay", "Solidarität", "ausgeglichene Liga", "Konkurrenzfähigkeit". Es gibt noch viele weitere wertebasierte Begriffe, die unsere Fußballkultur ausmachen.
Auch wenn die Öffentlichkeit noch nicht weiß, wie die Debatten in der DFL-Spitze zur Zukunft des Profifußballs verlaufen: Es bleibt zu hoffen, dass die verantwortlichen Top-Manager und Fußball-Bosse nicht nur ihre Vokabeln aus Wirtschafts- und Digitalisierungskontexten gebrauchen, sondern auch ihr sportliches Know-how einbringen.