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FC Bayern: So hat die neue Ära von Julian Nagelsmann in München begonnen

07.07.2021, Bayern, M
Bayern-Trainer Julian Nagelsmann zeigt, wo es beim Rekordmeister in den nächsten fünf Jahren langgehen soll.Bild: dpa / Sven Hoppe
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Viele Hindernisse, innovative Ideen: So lief die erste Woche von Julian Nagelsmann beim FC Bayern

15.07.2021, 16:56
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Etwas mehr als eine Woche ist Julian Nagelsmann jetzt Trainer beim FC Bayern. In Videos, die der Rekordmeister dazu veröffentlichte, ist zu sehen, wie der 33-Jährige engagiert mit den Spielern spricht, Übungseinheiten unterbricht und Spielabläufe an der Taktiktafel erklärt. Er scheint demnach voll in seiner neuen Aufgabe aufzugehen.

Nagelsmann hat einen Vertrag über fünf Jahre in München unterschrieben, bei seiner Präsentation sagte er lachend: "Für ein Jahr hätte ich auch nicht unterschrieben." Und obwohl er sich viel für die erste Vorbereitung als Bayern-Trainer vorgenommen hat, gibt es einige Hindernisse, denen sich der 33-Jährige vor dieser Saison stellen muss.

Viele Stammspieler fehlen

Seit 7. Juli lässt Nagelsmann an der Säbener Straße trainieren, die absoluten Stars fehlen allerdings noch. Nach der Europameisterschaft haben Top-Stürmer Robert Lewandowski, Kingsley Coman oder Corentin Tolisso noch bis 28. Juli frei, genauso wie Niklas Süle, Serge Gnabry, Leon Goretzka, Jamal Musiala und Leroy Sané. Thomas Müller, Manuel Neuer und Joshua Kimmich werden sogar erst am 31. Juli erwartet, wenn auch widerwillig.

"Josh brennt natürlich. Der wollte am liebsten sofort wieder einsteigen, gar nicht in den Urlaub"
Bayern-Trainer Julian Nagelsmann über den Eifer von Joshua Kimmich

Im Interview mit Sky erzählt Nagelsmann: "Josh brennt natürlich, der hat einen riesigen Ehrgeiz. Auch nach der EM haben wir kurz miteinander gesprochen. Ja, der wollte am liebsten sofort wieder einsteigen, gar nicht in den Urlaub." Den bekam Kimmich nun aber doch und Nagelsmann muss deshalb mit einem Rumpf-Kader trainieren. Das findet er allerdings nicht weiter schlimm: "Wir füllen den Kader mit Nachwuchsspielern auf. Das ist auch eine Chance." Wie beispielsweise für Chris Richards oder Tanguy Nianzou. Richards kommt von seiner Leihe aus Hoffenheim zurück, Nianzou könnte in seiner zweiten Bayern-Saison den Sprung zu mehr Einsätzen schaffen.

Zugänge müssen sofort liefern

Zusätzlich zu den EM-Urlaubern dünnen auch besonders Verletzungen in der Abwehr den Kader aus. Alphonso Davies riss sich beim kanadischen Nationalteam das Außenband im linken Sprunggelenk, Lucas Hernández erlitt einen Einriss des Innenmeniskus während der EM-Vorbereitung mit dem französischen Nationalteam. Zum Saisonstart Anfang August wird es für beide wohl knapp werden.

Das wirft das Licht auf Omar Richards. Er ist der letzte verbliebene Linksverteidiger im Bayern-Kader. Noch steht ein Fragezeichen hinter der Leistungsfähigkeit des 23-Jährigen. Beim FC Reading spielte er in der vergangenen Saison zwar 41-mal, allerdings nur in der zweiten englischen Liga. Bei der Präsentation des Linksfuß' erklärte Bayern-Sportvorstand Hasan Salihamidžić optimistisch: "Er hat die Stärken, die wir brauchen. Er kann unter Druck gut Fußball spielen und hat ein gutes Passspiel. Wenn wir einen Spieler holen oder nicht holen, dann entscheiden wir das alle gemeinsam. Wir sind uns bei ihm sicher, dass er eine gute Rolle spielen kann."

"Upamecano ist zweikampfstark, sehr, sehr robust und hat ein gutes Passspiel. Er braucht keine große Eingewöhnungsphase. Er ist von Anfang an gleich gefragt"
Bayern-Sportvorstand Hasan Hasan Salihamidžić über Neuzugang Dayot Upamecano

Anders ist die Situation bei Dayot Upamecano. Der 22-Jährige Verteidiger ist fest für die Innenverteidigung eingeplant, soll dort sofort als Anführer vorangehen. Nicht verwunderlich, da die Bayern für ihn 42,5 Mio. Euro an Leipzig überwiesen haben sollen. Ein großer Vorteil: Er kennt Trainer Nagelsmann aus der gemeinsamen Zeit in Leipzig. Salihamidžić nimmt Upamecano sofort in die Pflicht: "Er ist zweikampfstark, sehr, sehr robust und hat ein gutes Passspiel. Er hat einen Vorteil, dass er den Trainer schon kennt. Er braucht keine große Eingewöhnungsphase. Er ist von Anfang an gleich gefragt."

07.07.2021, FC Bayern Training, Sabenerstrasse Muenchen, Sport, Muenchen, im Bild: Omar Richards (FCBII) Copyright: Philippe Ruiz
Omar Richards hinterließ im Training bereits einen guten Eindruck.Bild: Philippe Ruiz / Philippe Ruiz

Ambitionierte Ziele mit den Bayern

Die Ansprüche beim Rekordmeister sind trotz holpriger Vorbereitung gewohnt anspruchsvoll. In einem Interview mit "Sport Bild" erklärt Nagelsmann, welchen "einfachen" Tipp Ex-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge hatte: "Er hat mir auch noch mal dargelegt, dass es ratsam wäre, Titel zu gewinnen." Für die Münchner quasi eine Selbstverständlichkeit. In den letzten neun Jahren wurden die Bayern immer Deutscher Meister. Nagelsmann: "Wir versuchen alle, den zehnten Meistertitel in Serie und damit natürlich auch meinen ersten Meistertitel zu ergattern. Darüber wären wir am Ende der Saison natürlich alle sehr glücklich."

Auch international wollen die Bayern angreifen. Verglichen mit der Shopping-Tour von anderen europäischen Vereinen wie Frankreichs Top-Klub Paris können die Münchner aber nicht mithalten. Während Salihamidžić mit Upamecano einen Top-Transfer präsentierte, haben die Franzosen um Trainer Mauricio Pochettino mit Europameister Gianluigi Donnarumma, Sergio Ramos, Georginio Wijnaldum und Achraf Hakimi vier Kracher verpflichtet. Auch die englischen Vereine können durch höhere TV-Prämien mehr Geld für Spieler ausgeben, dennoch geht Nagelsmann offensiv mit seinen Zielen in der Champions League um. "Trotzdem hat Bayern vor zwei Jahren die CL gewonnen. Dann ist es auch möglich, das im nächsten Jahr zu tun."

Für Nagelsmann stehen nicht ausschließlich die Top-Spieler im Fokus, sondern auch das Teamgefüge: "Du musst einfach schauen, dass es eine gute Hygiene in der Kabine gibt. Manchmal ist es nicht das Entscheidende, immer nur die Topstars zu haben."

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Ein bekanntes Bild beim FC Bayern: Robert Lewandowski bejubelt einen seiner TrefferBild: dpa / Matthias Schrader

Dabei gibt es immer wieder auch Gerüchte um einen Abgang von Lewandowski. Der Pole war mit 48 Pflichtspiel-Toren in der abgelaufenen Saison DER Erfolgsgarant der Münchner. Nun heißt es, dass sich Manchester City den Top-Stürmer schnappen möchte. Nagelsmann bleibt entspannt, im Sky-Interview erklärt er: "Die Gerüchte über Robert gibt es ja seit Ewigkeiten. Es ist ein Stück weit normal, wenn jemand so viele Tore schießt, dass nahezu jeder Klub da die Fühler mal ausstreckt."

Volles Bekenntnis ohne Klausel

Im Vorlauf zur Sommer-Vorbereitung bei den Bayern sorgte die Verpflichtung von Nagelsmann für viel Aufsehen. Rund 20 Millionen Euro sollen die Münchner für den Wunsch-Trainer bezahlt haben, der sich durch den Fünfjahresvertrag voll mit den Bayern identifiziert und zeigt, dass er eine lange und erfolgreiche Ära prägen möchte.

Im Interview mit "Sport Bild" sagte Nagelsmann dazu: "Ich von meiner Seite habe keine Ausstiegsklausel und kann also nicht sagen, dass ich für irgendeine Summe X den Verein verlassen kann. Das habe ich auch ehrlich gesagt nicht vor. Keiner denkt beim Amtsantritt an den Fall, dass man vielleicht irgendwann entlassen wird, das wäre ja auch skurril."

"Ich habe immer den Ansatz, dass ich natürlich auch in den Spielen wechsel, auch zwischen Spieleröffnung und Anlaufen"
Julian Nagelsmann zu seinen Prinzipien als Trainer

In seiner Bayern-Zeit möchte Nagelsmann die Spielweise seines Vorgängers Hansi Flick nicht großartig umstellen, aber um einige taktische Kniffe erweitern. Bei seiner Präsentation sprach er über drei Grundordnungen, die er ins Spiel einbringen möchte. Dazu erklärte der 33-Jährige: "Ich habe immer den Ansatz, dass ich natürlich auch in den Spielen wechsel, auch zwischen Spieleröffnung und Anlaufen. Es ist nicht immer dieselbe Ordnung. Das hängt ein bisschen davon ab, wie der Gegner eröffnet, wo ich einfach ein bisschen mehr Personal haben will. Ich finde, dass eine gewisse Variabilität einfach wichtig ist, dass wir auch mal anpassen können."

Umgang mit Top-Stars

Was sich im Vergleich zu Leipzig für Nagelsmann noch ändert, ist die Dichte an Top-Stars. In keinem Verein in Deutschland gibt es so viele Spieler, die nach dem eigenen Selbstverständnis immer spielen sollten. Die Kommunikation mit diesen Profis gilt bei den Bayern als große Aufgabe. Hansi Flick und Jupp Heynckes haben das in ihren Amtszeiten gut hinbekommen. Vorherige Trainer wie Carlo Ancelotti und Niko Kovac scheiterten genau daran.

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In der Nationalmannschaft musste Joshua Kimmich oft auf der rechten Seite ran, er selbst spielt lieber im Mittelfeld.Bild: dpa / Christian Charisius

Ein wichtiges Thema könnte Joshua Kimmich werden. Sowohl als Rechtsverteidiger als auch im defensiven Mittelfeld spielt er überragend. Der 26-Jährige verhehlt nicht, dass er sich persönlich im Mittelfeld sieht. Um dieses Konfliktpotential im Keim zu ersticken, stellte Nagelsmann in der "Sport Bild" klar: "Ich plane Joshua Kimmich zentral ein. Er weiß auch, dass es immer mal sein kann, dass man im Spiel mal switchen muss, das gehört dazu. Er ist ein Weltklasse-Sechser und hat auch den entsprechenden Anspruch an sich."

Heikel könnte es auch bei Niklas Süle werden. Der Nationalspieler hat noch ein Jahr Vertrag bei den Bayern. In der vergangenen Saison kam der Innenverteidiger zwar auf 20 Einsätze in der Bundesliga, restlos überzeugen konnte er nicht. Immer wieder gibt es Zweifel an ihm. Mit Julian Nagelsmann ist nun der einstige Süle-Förderer in München. Nagelsmann: "Nikis Vertrag läuft im nächsten Jahr aus und er hat keine besonders glückliche letzte Saison gehabt. Er bringt aber auch alles mit, was ein Weltklasse-Innenverteidiger haben muss, das darf man nicht vergessen. Wenn er die Einsicht hat, an seinen Baustellen zu arbeiten und dazu jetzt noch einen Trainer bekommt, der ihn seit der U16 kennt, bin ich zuversichtlich, dass er seine PS wieder auf die Straße bringt."

(stu/dpa)

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