Am Ende war es ein wildes, plötzlich doch noch spannendes DFB-Pokal-Achtelfinale zwischen dem FC Bayern München und der TSG 1899 Hoffenheim. Mit 4:3 siegte der Rekordpokalsieger, der bis zur 82. Spielminute noch mit 4:1 führte, am Mittwoch gegen die Kraichgauer.
Die Bredouille nach der starken ersten Halbzeit war für Trainer Hansi Flick aber kein riesengroßer Anlass für mahnende Worte. Vielmehr sah er es "positiv": "Das ist ein Weckruf für uns", sagte er nach Abpfiff. Auch auf der Pressekonferenz am Freitag machte Flick nochmal darauf aufmerksam, dass sein Team zu viele Chancen zugelassen habe – "das darf nicht sein."
Das 4:3 gegen Hoffenheim war insofern ein Weckruf zur richtigen Zeit. Denn am Sonntag, nur vier Tage nach dem Pokalspiel, steht schon das Spitzenduell der Bundesliga an. Erster gegen Zweiter. Lewandowski gegen Werner. 55 Titel gegen null Titel. Tabellenführer Bayern München trifft auf Verfolger und Herbstmeister RB Leipzig (18 Uhr/Sky). Erst zum vierten Mal überhaupt in ihrer noch jungen Geschichte treten die Sachsen in der Allianz Arena an. Bisher stehen für RB drei Niederlagen zu Buche – und null Tore.
Wenn es nach den Bayern geht, darf das sicher auch gerne so bleiben. Hoffnung macht dem Rekordmeister dass seit dieser Woche Defensivspieler Lucas Hernández nach dreieinhalbmonatiger Verletzungspause wieder im Kader steht. Im Pokal-Achtelfinale, als der FCB kleine Abwehrwackler offenbarte, saß der Weltmeister schon wieder auf der Ersatzbank.
Und jetzt will der Franzose zurück in die erste Elf. Gegenüber der "Bild"-Zeitung sagte der 23-jährige Hernández: "Aus meiner Sicht bin ich bereit." Flick hielt sich am Freitag auf der Pressekonferenz noch bedeckt, ob der wieder genesene Rekordeinkauf des FC Bayern gegen RB Leipzig spielen wird: "Da möchte ich noch keine Aussage treffen. Er ist auf einem guten Weg, wir sind zufrieden mit dem Verlauf, er ist sehr motiviert. Alles andere wird sich am Sonntag zeigen."
Das klingt danach, als sei ein Einsatz von Hernández nicht ausgeschlossen. Doch ein fitter Hernández stellt Flick auch vor ein doppeltes Problem. Das liegt daran, dass Hernández als Linksfuß entweder links in der Innenverteidigung oder als linker Verteidiger spielt.
In den vergangenen Spielen sah die Viererkette von links nach rechts wie folgt aus: Alphonso Davies (Linksfuß), David Alaba (Linksfuß), Jérôme Boateng (Rechtsfuß), Benjamin Pavard (Rechtsfuß).
Flick steht, sollte Hernández für das Leipzig-Spiel ernsthaft eine Option sein, vor einer schwierigen Entscheidung: Denn eigentlich gibt es keinen Grund, Davies oder Alaba nicht von Beginn an spielen zu lassen. Obwohl sie beide auf eher ungewohnten Positionen spielen, machen sie ihre Sache zur Zeit extrem gut.
Alaba, eigentlich Linksverteidiger glänzt als Innenverteidiger unter anderem mit guten Pässen aus der Abwehr heraus; Davies, eigentlich Flügelstürmer, spielt den Part des Außenverteidigers auf der linken Seite, als hätte er nie etwas anderes gemacht.
Das heißt, eigentlich käme nur in Frage, Hernández für Boateng spielen zu lassen. Gegen die extrem temporeiche Offensive um Timo Werner (20 Saisontore) der Roten Bullen, die nochmal eine andere Hausnummer als die der TSG Hoffenheim ist, wäre es vielleicht gar keine schlechte Idee, auf den Franzosen zu setzen. Denn gegenüber dem Ex-Nationalspieler, den Flick in den vergangenen Partien stets an der Seite von David Alaba in der Innenverteidigung aufstellte, hat der acht Jahre jüngere Hernández Geschwindigkeitsvorteile.
Dann allerdings würden mit ihm und Alaba zwei Linksfüßer in der Innenverteidigung spielen, was eher ungewöhnlich ist auf höchstem Profiniveau. Da spielen die Teams meist mit einem Linksfuß und einem Rechtsfuß.
Das sieht auch Alaba so, er sagte der "Bild", dass er auf diesem Niveau noch nicht zwei Linksfüßer in der Innenverteidigung gesehen habe. Doch er fügte hinzu: "Aber mit unserer Qualität in unserer Mannschaft ist vieles möglich."
Flick wird sich etwas einfallen lassen. Von Hernández' Abwehrqualitäten konnte er sich jedenfalls im Abschlusstraining am Donnerstag aus allernächster Nähe überzeugen, wie der Coach auf der Pressekonferenz zwei Tage vor dem Topspiel verriet: In einem Trainingsspielchen Defensive gegen Offensive spielte Flick gemeinsam mit dem 23-Jährigen in einem Team. Mit Erfolg: "Die Verteidigung hat gewonnen, die Stürmer verloren. Sie mussten Liegestütze machen. Ich bin happy, dass ich nicht musste."
(as)